Untersuchungshaft: Wenn Sie oder ein Angehöriger von einer Untersuchungshaft („U-Haft“) betroffen sind, gilt – wie übrigens im Ermittlungsverfahren generell – für Sie zuvorderst ein Rat: Halten Sie den Mund! Es ist immer wieder erschreckend, wie schnell gegenüber anderen Inhaftierten oder auch Ermittlungspersonen (die offen auftreten) losgeplappert wird. Hier erläutern wir Ihnen, wie mit einer Untersuchungshaft umzugehen ist.
Versuchen Sie in Ihrem eigenen Interesse, hinsichtlich allem was den Tatvorwurf betrifft, kurzerhand den Mund zu halten. Wenig zu tun hat damit die Frage, ob Sie sich unschuldig fühlen, vielmehr geht es darum, dass unbedacht gemachte Äußerungen später zu großen Problemen werden können. Fragen Sie einen Rechtsanwalt für Untersuchungshaft!
Zur Untersuchungshaft auch bei uns:
- Ehemann verhaftet?
- Hausdurchsuchung, was ist zu tun?
- Informationen zur Pflichtverteidigung
- Die Haftvorführung
Unsere auf die Strafverteidigung spezialisierten Fachanwälte für Strafrecht im Raum Aachen sind bei einem echten strafrechtlichen Notfall kurzfristig für eine Beauftragung verfügbar. Unser Strafverteidiger-Notruf: 01751075646 (keine SMS, keine garantierte Erreichbarkeit!)
Infos bei uns: Haft oder Haftbefehl | Hausdurchsuchung | Bewährungswiderruf | Pflichtverteidiger gesucht | Beschuldigtenvernehmung | Vermögensarrest | Internationaler Haftbefehl | Anklageschrift erhalten | Strafbefehl
Was ist die Untersuchungshaft
Die Untersuchungshaft soll keine Strafe sein – gleichwohl wird Sie als solche empfunden: Es geht vor allem darum, dass sichergestellt sein soll, dass ein Angeklagter zum Verfahren auch anwesend ist. Die so genannte Fluchtgefahr – also die Sorge um ein Absetzen des späteren Angeklagten – ist in Deutschland dabei auch der Hauptgrund für eine Untersuchungshaft: Von 29660 U-Häftlingen saßen 28058 Personen auf Grund von Fluchtgefahr ein (Im Jahr 2019, Quelle DeStatis Fachserie 10 Reihe 3 „Strafverfolgung“ Seite 340).
In Deutschland wird die Fluchtgefahr dabei nicht konkret geprüft sondern abstrakt, was bedeutet, dass alleine die subjektive Besorgnis des Ermittlungsrichters ausreichend ist. Hierbei genügt bereits eine theoretisch hohe Straferwartung, damit die „U-Haft“ im Raum steht.
Welche Delikte führen zu einer Untersuchungshaft
Je schwerwiegender ein Delikt, um so früher droht die Untersuchungshaft – im Sexualstrafrecht, BTM-Strafrecht und bei Kapitaldelikten ist eine Untersuchungshaft sehr schnell realistisch – eine Statistik für das Land Baden-Württemberg verdeutlicht dies:
Untersuchungshaft: Der Haftbefehl
Als Laie sollten Sie die Prüfung des Haftbefehls dem Profi überlassen – jedenfalls sollten Sie dem Haftbefehl, der schriftlich gefasst sein muss, entnehmen was Ihnen vorgeworfen wird und zu welcher Tatzeit an welchem Tatort Sie etwas getan haben sollen.
Die Beauftragung des Anwalts bei (drohender) Untersuchungshaft
Über andere Optionen nach zu denken ist undenkbar (bei Untersuchungshaft steht ohnehin die Beiordnung eines Pflichtverteidigers an): Wenn Sie bereits in U-Haft sitzen bzw. dies ansteht, ist der Zeitpunkt erreicht, an dem Sie in eigenem Interesse einen Strafverteidiger suchen, der Sie vertritt. Spätestens ab jetzt „brennt es“.
Deswegen ist auch vorgesehen, dass Ihnen im Fall der Anordnung einer Untersuchungshaft ein Pflichtverteidiger beigeordnet wird. Wenn Sie keinen benennen, sucht Ihnen das Gericht einen – allerdings haben Sie üblicherweise noch Zeit nach der Beiordnung, um einen anderen Verteidiger zu benennen. Nutzen Sie diese Zeit, um mit Ihrem Rechtsanwalt zu sprechen und zu überlegen, ob dieser ihr gewünschter Verteidiger ist.
Ein Rechtsanwalt für Untersuchungshaft steht umgehend zur Verfügung und bietet einen Notruf. Warten Sie nicht sondern informieren Sie sich sofort!
Weiter: Jeder noch so kleine Fehler kann nicht nur, sondern wird wahrscheinlich erhebliche Auswirkungen haben. So ist zu bedenken, dass jede Äußerung vor dem Haftrichter – auch wenn man später schweigt – verwertet werden kann. Ein unüberlegtes Wort ist also Fatal. Und solange man die Ermittlungsakte nicht kennt, ist grundsätzliches jedes gewählte Wort unüberlegt.
Dabei ist die Untersuchungshaft in ihrer Wirkung für das zu erwartende weitere Verfahren nicht zu unterschätzen: Leider ist statistisch davon auszugehen, dass jemand, der sich einmal in U-Haft befindet, am Ende wohl eher mit einer Haftstrafe (ohne Bewährung) zu rechnen hat, als jemand bei dem die U-Haft bei gleichem Tatvorwurf abgewendet werden konnte.
Strafverteidigung braucht Profis und keine Anwälte, die glauben alles zu können. Im Gerichtssaal braucht es klare Linien & Grenzen – darum bieten wir Ihnen 100 % Strafverteidiger, alle unsere Anwälte sind Fachanwälte für Strafrecht.
Die Situationen vor der Untersuchungshaft
Sie als Betroffener werden regelmäßig in einer von zwei Standard-Situationen „stecken“:
- Sie wurden vorläufig von der Polizei festgenommen, befinden sich bei der Polizei und es droht vielleicht eine Untersuchungshaft. Auch hier haben Sie das Recht, auf einen Verteidiger zu bestehen (dazu nur §137 StPO), Ihnen muss auf Nachfrage die Möglichkeit geboten werden, sich telefonisch um einen Rechtsanwalt zu bemühen. Im Weiteren agieren Sie bitte mit Bedacht und denken an die goldene Regel: Mund halten! Auch wenn es gerne bei Vernehmungen gesagt wird, ist es nicht zwingend immer das beste, die vermeintliche Wahrheit zu sagen, wobei solche Aussagen ohnehin von der Vernehmungsmethode geprägt sind und letztlich das zur Unterschrift vorgelegte Protokoll keinesfalls stenographisch gefasst ist. Lassen Sie sich auch auf keinen Fall von Drohungen mit der Untersuchungshaft einschüchtern („Wenn Du jetzt nicht redest, geht es in den Bau…“), darüber entscheidet immer noch der Richter.
- Sie befinden sich in Untersuchungshaft und brauchen einen Rechtsanwalt: Sofern Sie im Vorfeld bereits eine Auswahl getroffen und hier eine Vollmacht erteilt haben, ist dies kein Problem – Sie rufen Ihren Rechtsanwalt an und er wird zu Ihnen kommen.
Schwieriger (und häufiger) ist der Fall, dass Sie sich in Untersuchungshaft befinden und noch keinen selbst ausgesuchten Rechtsanwalt beauftragt haben. Dabei ist es im Regelfall so, dass ein naher Verwandter (vor allem: Lebensgefährtin/Ehefrau) sich um einen Verteidiger bemüht. Das Problem: Der Verteidiger wird eine schriftliche Beauftragung benötigen (Vollmacht, dazu nur §36 II UVollzO). Sofern Sie nicht aufgefordert werden, ihm ein entsprechendes Schreiben aufzusetzen und zuzusenden (was eine Verzögerung mit sich bringen wird), wird er sich daher um ein Mandatsanbahnungsgespräch bemühen, in dessen Rahmen er Sie besucht und alles weitere Veranlassen wird. Auch hier gilt: Mund halten, nicht los plappern und zu hören, was der Verteidiger sagt. Antworten Sie auf die Fragen, die er Ihnen stellt – aber reden Sie dann, wenn er fragt und antworten Sie auf das, was er fragt. Was hier selbstverständlich wirkt, ist – gerade unter der Anspannung der Situation – häufig eine große Herausforderung.
U-Haft schafft Rechtskraft
Eine schlimme Erkenntnis ist, dass Untersuchungshaft regelmässig zu einer späteren Freiheitsstrafe führt. Aus dem grund muss genau geprüft werden und hart gekämpft werden um die Frage, ob Untersuchungshaft wirklich angezeigt ist. Es gibt wenig verlässliche Zahlen hierzu, im Jahr 2015 etwa wurde in 88,5% der Verfahren gegen U-Häftlinge in NRW mit einer Freiheitsstrafe beendet:
Die Vorführung vor den Haftrichter vor der Untersuchungshaft
Nach der Festnahme sind Sie bis Mitternacht des darauf folgenden Tages dem zuständigen Haftrichter vorzuführen. Dieser entscheidet, ob u.a. ein dringender Tatverdacht auf Grund der bisherigen Ermittlungen gegeben ist. Sie haben die Möglichkeit, sich zu äußern und entlastende Momente vorzubringen – erfahrungsgemäß neigen hier bereits viele zum „plappern“. Daher: Vorsicht!
Rechtsmittel nach angeordneter Untersuchungshaft
Gibt es Rechtsmittel bei einer Untersuchungshaft? Ja, es gibt bei laufender Untersuchungshaft die Haftprüfung und die Haftbeschwerde. Aber bitte, auch wenn Sie verzweifelt sind: Es ist nicht ihr Job, den eines Strafverteidigers zu machen. Und bevor Sie nun ins Blaue hinein eine Haftprüfung verlangen und die im Einzelfall vielleicht besser angezeigte Haftbeschwerde verbauen (dazu §117 II StPO), sollten Sie Ihren Strafverteidiger den Job machen lassen, für den er da ist. Auch wenn man in der Untersuchungshaft von Mitinhaftierten verrückt gemacht wird – Verzweiflung und Panik sind jetzt keine guten Ratgeber.
Angehöriger verhaftet – was tun?
Ein Schock: Man erlebt mit wie ein Angehöriger (speziell der Ehemann) vor den eigenen Augen verhaftet wurde. Oder bekommt einen Anruf vom Angehörigen, der einen darüber informiert. Im Regelfall werden Sie dann schnell gebeten, sich „um die Sache zu kümmern“ – und stehen dann alleine mit der Situation da. Mehr zur Situation wenn Ehemann oder Angehöriger verhaftet wurden.
Ablauf nach der Festnahme eines Angehörigen
Üblicherweise verläuft es so, dass nach der Festnahme der angehörige im Gewahrsam der Polizei verbleibt, hier wird zumindest versucht ob eine Vernehmung möglich ist.
Bis Mitternacht des Folgetages darf der Angehörige im Gewahrsam gehalten werden, in dieser Zeitspanne wird dann entweder die Vorführung vor den Haftrichter oder eine Entlassung erfolgen. Sie selber werden normalerweise weder wissen wo genau sich Ihr Angehöriger befindet noch was gerade geschieht.
Wir kennen die Ansprechpartner vor Ort in Aachen und können als erstes klären, ob und wann eine Vorführung vor den Haftrichter stattfindet. Wir werden dann dafür Sorge tragen, dass einer unserer Rechtsanwälte bei der Haftvorführung zugegen ist und dafür kämpfen, dass keine Inhaftierung stattfindet.
Was können Sie tun wenn ein Angehöriger verhaftet wurde?
Tatsächlich können Sie helfen und etwas tun:
- Denken Sie daran: Mund halten – das gilt sowohl für Sie als auch für ihren Angehörigen. Sie lassen sich nicht zur Sache ein, egal was versprochen oder womit gedroht wird!
- Suchen Sie einen Strafverteidiger, der umgehend reagieren kann, es ist Eile geboten.
- Strukturieren Sie vorhandene Informationen, die Sie Ihrem Strafverteidiger in konzentrierter Form mitteilen können: Was ist geschehen, welcher Tatvorwurf steht im Raum? Wissen Sie wo Ihr Angehöriger sich befindet?
- Rufen Sie den Strafverteidiger umgehend an. Verschwenden Sie keine Zeit mit langer Informationsbeschaffung! Denken Sie daran, dass jede Minute, die Ihr Angehöriger im Gewahrsam der Ermittlungsbehörden ist, das Risiko erhöht, dass er anfängt „zu plappern“ und sich um Kopf und Kragen redet!
- Wenn Sie nicht wissen, wo ihr Angehöriger gerade ist, wird der Strafverteidiger in der Lage sein, ihn aufzufinden. Gerade bei einer Festnahme die miterlebt wurde, ist diese Situation normal – beschreiben Sie, wo die Festnahme ggfs. durch wen (Bundespolizei oder Polizei?) stattfand, ihr Strafverteidiger weiss dann was zu tun ist.
- Geben Sie dem Strafverteidiger eine Vollmacht und halten Sie ihn nicht auf – er wird sich bemühen, schnell zu handeln. Sagen Sie ihm, was sie wissen und lassen Sie ihn dann seine Arbeit machen. Nennen Sie ihm eine Kontaktadresse und Telefonnummer.
- So schwer es auch ist: Lassen Sie den Verteidiger seine Arbeit machen und warten Sie bis er sich bei Ihnen meldet.
Wie kann ein Strafverteidiger bei Untersuchungshaft helfen?
In der Untersuchungshaft gilt nur eines: Betreuung, Betreuung, Betreuung. Regelmässige Besprechungen und Beratungen in der JVA müssen auf den Plan. Realistische Einschätzungen gehören genauso dazu: Eine von Show-Effekten getragene Haftbeschwerde kann mehr kaputt machen als sie nützt, auch wenn dies mitunter Mandanten schwer zu vermitteln ist.
Auf der anderen Seite muss klar sein, dass Geiz hier nicht gerade Geil ist – ein Pflichtverteidiger erhält etwa für Besprechungstermine keine Bezahlung (nur minimalste Aufwandsentschädigung). Eine Rundum-Betreuung in der Haft sollte insoweit auch ehrlich thematisiert sein vor dem Hintergrund der durch die Staatskasse nicht vorhandenen Bezahlung für echte Dienstleistung.
Fazit zur Untersuchungshaft
Für Sie ergeben sich drei goldene Regen:
- Halten Sie den Mund.
- Suchen Sie sich sofort einen Strafverteidiger.
- Gleich was Sie für einen Rededrang und für tolle Ideen haben: Vertrauen Sie Ihrem Strafverteidiger. Tun Sie, was er Ihnen sagt, unterlassen Sie, was er Ihnen vorgibt und reden Sie dann, wenn Sie gefragt werden.
- Captagon im deutschen Strafrecht: Ein Überblick - 8. Oktober 2024
- Perfctl: Neue, heimtückische Malware, die Millionen von Linux-Servern bedroht - 7. Oktober 2024
- Datenschutzverstöße durch E-Mail-Weiterleitung: Haftungsrisiken für Geschäftsführer - 6. Oktober 2024