Was ist ein Geschäftsgeheimnis: Der Verrat von Geschäftsgeheimnissen gefährdet die wirtschaftliche Kraft eines Unternehmens. Es stellt sich dabei oft die Frage, ob ein Betriebsgeheimnis vorliegt und die streitgegenständliche Daten überhaupt durch §17 UWG geschützt sind. Tatsächlich bietet sich für Unternehmer ein guter Geheimnisschutz.
Hinweis, 02.01.2019: Dieser Artikel gibt die (noch) aktuelle rechtliche Situation wieder – die sich mit dem Erlass des Geschäftsgeheimnisgesetzes 2019 ändern wird. Sobald das Gesetz in Kraft getreten ist wird dieser Artikel aktualisiert oder auf den neuen Artikel verwiesen.
Was ist ein Betriebsgeheimnis (§17 UWG)
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung das Unternehmen ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen, Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Zu derartigen Geheimnissen werden etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte gezählt, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können (dazu Oberverwaltungsgericht NRW, 9 B 966/20).
Mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Geschäftsgeheimnis oder Betriebsgeheimnis jede im Zusammenhang mit einem Betrieb stehende Tatsache, die nicht offenkundig, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist und nach dem bekundeten, auf wirtschaftlichen Interessen beruhenden Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden soll (BGH, I ZR 126/03). Hierbei muss ein Geschäftsgeheimnis keinen bestimmten Vermögenswert inne haben: Es reicht aus, dass es sich nachteilig auswirken kann, wenn Dritte, insbesondere Wettbewerber, Kenntnis von diesen Daten erlangen. Der Begriff des Betriebsgeheimnisses ist damit weit auszulegen und erfasst nahe sämtliche wirtschaftlich relevanten Daten des Unternehmens mit ideellem Wert:
Ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis in diesem Sinne ist jede im Zusammenhang mit einem Betrieb stehende Tatsache, die nicht offenkundig, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist und nach dem bekundeten, auf wirtschaftlichen Interessen beruhenden Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden soll (BGH, Urteil vom 26. Februar 2009 – I ZR 28/06, juris Rn. 13). Der Geheimhaltungswille ergibt sich aus der Bedeutung der Informationen für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens und bezieht sich (gerade) auch auf solche Informationen, die bei Bekanntwerden dazu führen, dass sich das Unternehmen Schadensersatzforderungen ausgesetzt sieht. Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung, der ein mit diesem Fall befasstes Gericht folgen könnte, wäre es unerheblich, ob diese Forderungen berechtigt wären, da auch ein „berechtigtes“ Interesse an der Geheimhaltung nicht erforderlich sein soll (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, Kommentar zum UWG, 36. Aufl. 2018, § 17 UWG Rn. 9; Brammsen in: Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 2. Aufl. 2014, § 17 UWG Rn. 24; zum Streitstand Engländer/Zimmermann NZWiSt, 2012, 328 [331f.] und Mayer GRUR 2011, 884 [887]). Dies entspräche der vertretenen Auslegung von Artikel 2 Nr. 1 der Richtlinie 2016/943/EU über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (Schubert in Franzen/Gallner/Oetker, Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2018, Art. 2 RL 2016/943/EU Rn. 8).
OLG Stuttgart, 2 U 30/18
Wann liegt Offenkundigkeit vor?
Eine den Geheimnischarakter einer Tatsache ausschließende Offenkundigkeit liegt vor, wenn die Tatsache allgemein bekannt ist. Dass die Tatsache einem begrenzten – wenn auch unter Umständen größeren – Personenkreis zugänglich war, steht der Annahme eines Betriebsgeheimnisses nicht entgegen. Insbesondere wird der Geheimnischarakter im Allgemeinen nicht dadurch aufgehoben, dass Vorgänge in einem Produktionsbetrieb den dort Beschäftigten bekannt werden. Eine Zuordnung einer Tatsache zum Stand der Technik ist für die Frage einer den Geheimnischarakter ausschließenden allgemeinen Bekanntheit dabei ohne Bedeutung. Auch wenn der allgemeine Stand der Technik regelmäßig durch Veröffentlichung bekannt ist, kann eine Offenkundigkeit von den zugrunde liegenden Fertigungsmethoden nicht ohne weiteres angenommen werden. Für den Schutz als Betriebsgeheimnis kommt es vielmehr darauf an, ob die maßgebliche Tatsache, mag sie auch zum Stand der Technik gehören, nur mit einem großen Zeit- oder Kostenaufwand ausfindig, zugänglich und dem Unternehmer damit nutzbar gemacht werden kann.
Für die Prüfung des Vorliegens eines Betriebsgeheimnisses ist es ohne Belang, ob ein Mitarbeiter die entsprechenden Umstände kennt. Der Geheimnischarakter einer Tatsache wird regelmäßig nicht dadurch aufgehoben, dass Vorgänge in einem Produktionsbetrieb den dort Beschäftigten bekannt werden. Ob ein (ehemaliger) Mitarbeiter fachliches Erfahrungswissen hat, das ihn auch ohne Benutzung von während seines Beschäftigungsverhältnisses erhaltenen oder selbst gefertigten Unterlagen in die Lage versetzt, das als Verletzung eines Betriebsgeheimnisses beanstandete Verhalten vorzunehmen, ist allenfalls für die Frage erheblich, welche Verwertungshandlungen rechtlich zulässig sind (zu alledem siehe BGH, I ZR 118/16).
Kundendaten als Betriebsgeheimnis
Ein besonderer Streitpunkt sind verständlicher Weise jedenfalls Kundendaten, die mit dem BGH als Betriebsgeheimnis geschützt sind. Dies jedenfalls dann, wenn Kundenlisten die Daten von Kunden enthalten, zu denen bereits eine Geschäftsbeziehung besteht und die daher auch in Zukunft als Abnehmer der angebotenen Produkte in Frage kommen. Dies gilt aber dann nicht, wenn es sich lediglich um eine Adressenliste handelt, die jederzeit ohne großen Aufwand aus allgemein zugänglichen Quellen erstellt werden kann. Schon inhaltliche Aufbereitungen genügen für einen Schutz, etwa wenn es sich um eine nach Regionen gegliederte Zusammenstellung potentieller Kunden handelt, zu denen wenigstens einen erster Kontakt hergestellt wurde (berlandesgericht Köln, 6 U 136/09).
Beachten Sie:Die Frage des Schutzes von Kundendaten habe ich in einem eigenen Artikel vertieft
Schutzrechte im Überblick
Wir beraten rund um Schutzrechte, speziell bei Geschäftsgeheimnissen, im Urheberrecht, Wettbewerbsrecht und Markenrecht – dabei unterstützen wir Unternehmen bei der Rechtsdurchsetzung und Verteidigung ihrer Schutzrechte, speziell beim Schutz von Technologien wie Software.
Urheberrecht
Durch das UrhG werden eigene Schöpfungen geschützt (keine Ideen)
- Schutz von Werken
- persönliche geistige Schöpfung
- Schutz von konkreter Ausdrucksform, aber kein Schutz gegen parallele Schöpfungen
Markenrecht
Schutz von Kennzeichen zur Abgrenzung von Waren oder Leistungen
- Schutz der Unterscheidungsfunktion von Kennzeichen
- Unterscheidungskraft ist nötig
- Schutz gegen unbefugte Nutzung der Marke
Design
Schutz äußerlicher Erscheinung, primär nach Designrecht, aber auch nach Wettbewerbsrecht
- Es wird die 2D/3D Form eines Objekts oder eines Teils davon bzw. seiner Dekoration geschützt
- Eigenart und Neuheit des Designs sind nötig
- Schutz des ausschließlichen Rechts der Benutzung inkl. Herstellen und Inverkehrbringen
- Im UWG nach §4 Nr.3 UWG
Geheimnisschutz
Schutz wertvoller Informationen eines Betriebes
- Schutz von Information mit Wert, die nicht allgemein bekannt ist
- Nötig sind wirtschaftlicher Wert, Schutzmaßnahmen und berechtigtes Interesse
- Schutz gegen unbefugte Verbreitung oder Erlangung der Information
Patent
- Schutz einer Erfindung
- Es muss sowohl eine „Erfindung“ im juristischen Sinne aber auch als Neuheit vorliegen
- Umfassender Schutz gegen jegliche Nutzung
Konstruktionszeichnung als Betriebsgeheimnis
Bei Landgericht Essen (56 Kls 39/07) ging es um den Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen entsprechend §17 UWG. Dabei ging es um Konstruktionszeichnungen und zwei typische Verteidigungsaspekte: Handelt es sich überhaupt um Betriebsgeheimnisse und waren diese nicht bereits allgemein zugänglich? Die Arbeit für Strafverteidiger ist im Bereich des §17 UWG äusserst „speziell“, zumal man regelmässig mit Strafgerichten über Gepflogenheiten des Handels diskutieren muss; entsprechend nervenaufreibend sind die Verhandlungen. Im hier vorliegenden Fall ist beim Landgericht Essen folgendes zur Feststellung eines Betriebsgeheimnisses zu lesen:
Bei den Konstruktionszeichnungen handelte es sich um Betriebsgeheimnisse der E GmbH: Die Konstruktionszeichnungen waren für die Fertigung von Produkten erforderlich. Sie standen damit im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb der E GmbH.
Das ist der klassische zweizeiler, gleichwohl darf hier kein falscher Eindruck entstehen: Mit dem BGH ist seit Jahrzehnten kein Zweifel daran, dass Konstruktionszeichnungen ein Betriebsgeheimnis darstellen können; und im hier angesprochenen Urteil findet man im „Tatbestand“ ausreichend Ausführungen, die diese Punkte klären. Letztlich war problemlos von einem Betriebsgeheimnis auszugehen.
Interessanter ist ein anderer Aspekt: Die Zeichnungen wurden vor Jahren mal umfangreich verteilt, später aber (aufwändig) digitalisiert. Darüber hinaus wurden die Konstruktionspläne sukzessive weiter Entwickelt und mit immer wieder neuem Wissen „verbessert“. Dass somit früher einmal eine Verbreitung stattgefunden hatte war für die Strafbarkeit somit unschädlich:
Eine Offenkundigkeit der Konstruktionszeichnungen bestand auch nicht dadurch, dass in den 1980er Jahren die S AG Konstruktionszeichnungen breit verteilte. Denn inzwischen hatte die E GmbH umfassend neues Know-how entwickelt und in die Zeichnungen einfließen lassen.
Dies ist ein wichtiger Aspekt, der schnell übersehen wird: Das jeweilige Geheimnis auf das abgestellt wird muss aus Verteidigersicht im Zeitpunkt des unberechtigten Zugriffs betrachtet werden. Die Kammer ging hier zu Recht davon aus, dass es keine Rolle spielen kann, ob ein früherer – heute nicht mehr vergleichbarer – Zustand allgemein verteilt wurde. Es ist also nicht abstrakt danach zu Fragen, ob es irgendwann einmal eine Verbreitung gab, sondern wie es mit dem aktuellen Tatobjekt aussah.
Die weiteren Ausführungen der Kammer werden hier der Vollständigkeit halber aufgenommen, um die üblichen Diskussionspunkte darzustellen:
Die Konstruktionszeichnungen waren ferner nicht allgemein zugänglich in dem Sinne, dass jeder Interessierte sich unschwer mit lauteren Mitteln von ihrem Inhalt Kenntnis verschaffen konnte. Vielmehr waren die Lohnfertigungsunternehmen, die außerhalb der Sphäre der E GmbH als einzige Zugang zu den Zeichnungen hatten, keineswegs bereit, die Zeichnungen herauszugeben. Dies konnte allenfalls durch Anstiftung von deren Mitarbeitern zu einem strafbaren Verrat geschehen.
Die E GmbH hatte ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung der Konstruktionszeichnungen, da sie ihr in einem scharfen Wettbewerb einen Vorsprung an technischem Know-how sicherten.
Der Wille der Geschäftsführung der E GmbH zur Geheimhaltung der Konstruktionszeichnungen war anhand des Aufdrucks „Alle Rechte vorbehalten“ erkennbar. Er ergab sich aber auch aus den Umständen, nämlich der großen Bedeutung dieser Zeichnungen für den Betrieb der E GmbH, die sich auch darin ausdrückte, dass die DWG-Dateien auf einem besonders gesicherten Server abgespeichert waren.
Auskunftsanspruch bei Verrat von Betriebsgeheimnis
Wer sich mit dem Verrat eines Betriebsgeheimnisses konfrontiert sieht, hat erst einmal das Problem, gar nicht konkret zu wissen, welche Rechtsverletzung insgesamt im Raum steht – hier hilft dann ein zustehender Auskunftsanspruch.
Umfang des Auskunftsanspruchs
Ein Anspruch auf Auskunft besteht grundsätzlich in jedem Rechtsverhältnis, in dem der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechtes im Ungewissen und der Verpflichtete unschwer in der Lage ist, die Auskunft zu erteilen. Ein solcher Auskunftsanspruch dient dem Zweck, dem Verletzten die für die Durchsetzung des Hauptanspruchs gegen den Inanspruchgenommenen erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen. Ein als Grundlage für den Auskunftsanspruch dienender Hauptanspruch können sein:
- Schadensersatzanspruch,
- Bereicherungsanspruch,
- Geschäftsführungsanspruch,
- Unterlassungsanspruch,
- Beseitigungsanspruch oder
- Gewinnabschöpfungsanspruch.
Ein solcher Anspruch auf Auskunft ist auch dann gegeben, wenn nicht der Inanspruchgenommene, sondern ein Dritter Schuldner des Hauptanspruchs ist, dessen Durchsetzung der Hilfsanspruch auf Auskunft ermöglichen soll. Darum kann dann beispielsweise im Wege der Drittauskunft die Benennung der Lieferanten verlangt werden mit dem Ziel, gegen diese Unterlassungsansprüche und möglicherweise Ansprüche auf Auskunft sowie Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
Wann liegt keine Verwertung von Geschäftsgeheimnissen vor?
Nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist es untersagt, ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis unbefugt zu verwerten oder jemandem mitzuteilen, das durch eine Mitteilung nach § 17 Abs. 1 UWG erlangt wurde oder durch eine eigene oder fremde Handlung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UWG sich unbefugt verschafft oder gesichert worden ist, wenn zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht gehandelt wird, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen.
Nach der Rechtsprechung des BGH (dazu nur BGH, I ZR 161/16) darf eine unter Verstoß gegen § 17 UWG erlangte Kenntnis von Betriebsgeheimnissen vom Verletzer in keiner Weise verwendet werden. Ergebnisse, die der Verletzer durch solche Kenntnisse erzielt, sind von Anfang und – jedenfalls in der Regel – dauernd mit dem Makel der Wettbewerbswidrigkeit behaftet (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1984 – I ZR 133/82, GRUR 1985, 294, 296 – Füllanlage; Beschluss vom 19. März 2008 – I ZR 225/06, WRP 2008, 938 Rn. 9).
Verwendungsverbot ist eng zu verstehen
Das nach diesen Grundsätzen bestehende Verwendungsverbot bezieht sich allerdings nicht auf jegliche, nur mittelbar mit der Verletzung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen zusammenhängende wettbewerbliche Vorteile, sondern nur auf den unter Verletzung des Betriebsgeheimnisses hergestellten Gegenstand und dessen Verwertung. So darf der Verletzer eine technische Anlage, die durch Benutzung von unter Verstoß gegen § 17 UWG wettbewerbswidrig erworbener Kenntnisse erstellt wurde, nicht verwenden (vgl. BGH, GRUR 1985, 294, 296 – Füllanlage). Gleiches gilt für Werkzeuge, die an Hand von unbefugt verwerteten Zeichnungen hergestellt worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 7. Januar 1958 – I ZR 73/57, GRUR 1958, 297, 299 – Petromax). Ferner hat der Verletzer den Gewinn herauszugeben, der durch den Einsatz von unter Verwendung von geheimen Know-how hergestellten Werkzeugen erzielt wurde (BGH, WRP 2008, 938 Rn. 9, 11).
Annahme von Verwendung bei Ausführung in gerichtlichen Schriftsätzen
Man kann auch durch den eigenen Prozessbevollmächtigten Geschäftsgeheimnisse in verwertbarer Weise verwerten lassen:
Eine Verwertung liegt in jeder Handlung, durch die der Täter sich oder anderen den im Unternehmensgeheimnis verkörperten Wert ganz oder teilweise zu Nutze macht (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Kommentar zum UWG, 4. Aufl. 2016, § 17 UWG Rn. 35). Dies ist bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen der Fall, selbst wenn diese Ansprüche berechtigt sein sollten (Janssen/Maluga in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl. 2015, § 17 UWG Rn. 106). Jedenfalls könnte ein Gericht die Begehungsform des Mitteilens annehmen. Mitteilen ist das entäußernde Bekannt- bzw. Weitergeben einer Information an andere Personen (Brammsen in Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, a.a.O., § 17 UWG Rn. 129), wie dies bei der Aufbereitung in Schriftsätzen an ein Gericht anzunehmen wäre. Dabei hätte die Klägerin auch aus Eigennutz gehandelt. Ein Handeln aus Eigennutz liegt vor, wenn es dem Täter – sei es auch neben sonstigen Erwägungen – darum geht, irgendeinen persönlichen Vorteil zu erlangen, sei es direkt oder indirekt, sei es in materieller oder immaterieller Hinsicht (Harte-Bavendamm, a.a.O., § 17 UWG Rn. 15). Auch dies wäre der Fall, denn die Klägerin wollte ihre prozessuale Lage verbessern. Dass sie lediglich den Ausgleich eines Schadens erstrebt haben will, könnte ein mit dem Fall befasstes Gericht in vertretbarer Weise als unerheblich ansehen.
OLG Stuttgart, Urteil vom 15.11.2018, 2 U 30/18
Bezichtigung eigener Straftaten
Auch wenn man sich eigener Straftaten bezichtigen muss ist dies kein Grund, von einem Auskunftsanspruch abzusehen, wie das OLG Stuttgart mit Urteil vom 8.10.2015 (2 U 25/15) entschieden hat:
Muss ein Auskunftspflichtiger durch eine Auskunft zugleich die Begehung einer eigenen Straftat nach § 17 UWG (Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen) einräumen, so ist dadurch sein allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beeinträchtigt, als dessen Teil das Bundesverfassungsgericht den Schutz vor einem Zwang zur Selbstbezichtigung anerkannt hat (vgl. BVerfGE 56, 37, 41 ff.; 95, 220. 241; 96, 171. 181). Allerdings ist ein solcher Zwang selbst in einem staatlichen Verfahren nicht generell unzumutbar, insbesondere dann nicht, wenn – wie im vorliegenden Fall bei der Klägerin – schutzwürdige Belange Dritter betroffen sind (BVerfG, Beschluss vom 28. Oktober 2010 – 2 BvR 535/10, BVerfGK 18, 144, bei juris Rz. 18). Außerdem ist zu unterscheiden, ob die Offenbarung gegenüber dem Staat gefordert wird oder aufgrund zivilrechtlicher Ansprüche gegenüber einem Privaten, der seinerseits wiederum dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG und der staatlichen Rechtsdurchsetzungsgarantie untersteht. Das Schweigerecht ist in verschiedenen Verfahrensarten unterschiedlich ausgeprägt und differiert auch nach der Rolle des Betroffenen in dem jeweiligen Verfahren.
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