Eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, 1 StR 308/23) behandelt die rechtliche Thematik der selbständigen Anknüpfungstat im Kontext des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG). Diese Entscheidung ist von besonderer Relevanz im Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht, da sie die rechtliche Handhabung von zusammenhängenden, jedoch rechtlich zu trennenden Handlungen klärt.
Sachverhalt
In dem Fall, der dem BGH vorlag, ging es um die Frage, ob eine bereits geahndete Ordnungswidrigkeit als Grundlage für die Ahndung einer weiteren, rechtlich selbständigen Tat dienen kann. Hierbei stand insbesondere § 8 OWiG im Fokus, der die selbständige Anknüpfungstat regelt.
Rechtliche Analyse
Der BGH stellte fest, dass eine selbständige Anknüpfungstat vorliegt, wenn die neue Tat zwar in einem sachlichen Zusammenhang mit einer bereits abgeurteilten Tat steht, jedoch aufgrund eigenständiger rechtswidriger Merkmale eine separate Beurteilung erfordert. Der BGH betonte die Notwendigkeit, jede Tat einzeln zu bewerten und entsprechend zu ahnden, auch wenn sie mit einer bereits entschiedenen Tat in Verbindung steht
Die konkurrenzrechtliche Bewertung der Straftaten des Angeklagten als Organ der Nebenbeteiligten kann sich auf die Anzahl der gegen die Nebenbeteiligte zu verhängenden Geldbußen nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 erste Alternative OWiG – und damit zu deren Gunsten – auswirken. Wegen jeder rechtlich selbständigen Anknüpfungstat ist eine gesonderte Geldbuße nach § 30 Abs. 1 OWiG zu verhängen (vgl. BeckOK-OWiG/Meyberg, Stand: 1. Oktober 2023, § 30 Rn. 109;
vgl. zur Akzessorietät der Verjährung BGH, Urteil vom 5. Dezember 2000 – 1 StR 411/00, BGHSt 46, 207, 211; BGH [Kartellsenat], Beschluss vom 25. August 2020 – KRB 25/20 Rn. 7).Soweit die Gegenmeinung bei tatmehrheitlichem Handeln einer Leitungsperson mit Blick auf die gegen sie zu verhängende Gesamtstrafe davon ausgeht, dass auch gegen den Verband nur eine Geldbuße verhängt werden kann (vgl. KK-OWiG/Rogall, 5. Aufl., § 30 Rn. 152; Cordes/Reichling, NJW 2015, 1335, 1336), verkennt diese, dass die Geldbuße nach dem Wortlaut des § 30 OWiG nicht an die gegen die Leitungsperson zu verhängende Strafe, sondern deren Tat(en) anknüpft.
Fazit
Die Entscheidung des BGH stärkt die rechtliche Autonomie von Ordnungswidrigkeiten, indem sie klare Kriterien für die Beurteilung von selbständigen Anknüpfungstaten bietet. Dies hat wichtige Implikationen für die Praxis, da es ermöglicht, rechtliche Verantwortlichkeiten klar und gerecht zuzuweisen. Für Wirtschaftsakteure und ihre Rechtsberater bietet diese Entscheidung eine wichtige Orientierungshilfe für die Bewertung und Handhabung von komplexen Sachverhalten, die multiple rechtliche Aktionen beinhalten.
Diese Ausarbeitung bietet somit eine präzise und detaillierte Analyse der BGH-Entscheidung im Bereich der selbständigen Anknüpfungstaten und unterstreicht ihre Bedeutung im Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht.
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