Die Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wird entsprechend §30 BtmG mit einer Strafe nicht unter zwei Jahren bedroht. Da es eine Bewährung allerdings bis zu einer maximalen Strafe von 2 Jahren gibt, wird es eng, wenn jemand bereits zwei Mal in nicht geringer Menge Betäubungsmittel einführte.
Der einzige Ausweg ist dann häufig die Annahme eines minder schweren Falles, mit dem die Mindeststrafe von 2 Jahren auf 3 Monate sinkt (§30 II BtmG). Allerdings gibt es diesen minder schweren Fall nicht gerade geschenkt, in einem aktuellen Fall habe ich es nur durch die Berufung geschafft, dass der Mandant die JVA nicht von innen sehen musste.
Der Sachverhalt und die 1. Instanz
Vorgeworfen war die Einfuhr von Betäubungsmitteln – hier Haschisch – in nicht geringer Menge in zwei Fällen: Einmal war es fast 1 Kilogramm brutto mit ca. 180 Gramm Wirkstoffgehalt, das andere Mal ca. 1,5 Kilogramm mit immerhin knapp unter 300 Gramm Wirkstoffgehalt. Die Staatsanwaltschaft sprach in der späteren Hauptverhandlung leider zu Recht von „feinster Güte“. Durch viel Arbeit konnte einmal verhindert werden, dass mein Mandant in Untersuchungshaft musste. Zum anderen konnte aber auch erreicht werden, dass nicht nur ich, sondern auch die Staatsanwaltschaft vor dem Schöffengericht Punktgenau 2 Jahre beantragten, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Dank Unterstützung der Staatsanwaltschaft war die Frage, was da noch schief gehen sollte – bis nach langer Beratung die Entscheidung kam und auf 2 Jahre und 3 Monate erkannte. Der Grund: Mein Mandant war zwar geständig, aber er sagte nichts zu den Hintermännern – das reichte dem Gericht nicht. Die Bewährung war futsch, die Berufung vorgebucht.
Die Berufung
In der Berufungsverhandlung war der Sachverhalt schnell geklärt, da mein Mandant ohnehin geständig war. Zu den Hintermännern sagte er weiterhin nichts. Nach 5 Minuten Sachverhaltsaufklärung wägten Staatsanwaltschaft und ich selbst fast 40 Minuten lang die Gründe ab, die für einen minder schweren Fall sprechen würden. Diesmal war ein anderer Staatsanwalt vor Ort, der am Ende in seinem Plädoyer eine Freiheitsstrafe ohne Aussetzung zur Bewährung beantragte. Am Ende erkannte das Landgericht auf 2 Jahre – ausgesetzt zur Bewährung.
Fazit
Die Lehre ist, dass man keinesfalls dem Irrtum unterliegen sollte, am – wenn auch moderaten – Gericht in Aachen mit einem „blauen Auge“ davon zu kommen. Der Vergleich mit der bundesweiten Rechtsprechung zeigt zwar, dass man in Aachen mit durchaus angemessenen Urteilen rechnen darf, insbesondere im Vergleich zu Süddeutschland wo manche Strafe gar vollkommen ausser Verhältnis erscheint – aber geschenkt gibt es auch hier nichts. Darüber hinaus muss nochmals eindringlich bei der Einfuhr von BTM gewarnt werden: Die Strafandrohungen sind hier im Gesetz erschreckend hoch. Auch wenn die Grenzen längst geöffnet sind, das Gesetz nimmt deswegen keine Differenzierung vor!
Hinweis: Im vereinten Europa erscheint beim innereuropäischen Grenzverkehr die hohe Strafandrohung bei der Einfuhr von Betäubungsmitteln durchaus nicht mehr zeitgemäß. Das Amtsgericht Düren hatte erst kürzlich eine Vorlage an das BVerfG gereicht, mit der die Verfassungsmäßigkeit dieser Strafandrohung geprüft werden sollte, inhaltlich erschien die Vorlage durchaus berechtigt und überzeugend. Das BVerfG hat sie allerdings aus formellen Gründen nicht angenommen.
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