Ein Urteil des OLG Nürnberg vom 15.11.2023 (Az. 3 U 1722/23) behandelt die Irreführung durch Werbung, die eine besondere Umweltverträglichkeit eines biologisch hergestellten Weins behauptet.
Sachverhalt
Die Beklagte, ein großer Lebensmittel-Discounter, verkaufte Weine unter der Marke „BioBio“, die mit Etiketten versehen waren, auf denen unter anderem „FOOT PRINT REDUZIERT DEINEN CO2 FUSSABDRUCK“ stand. Die Werbung suggerierte, dass der Wein besonders umweltfreundlich sei, obwohl sich die Umweltfreundlichkeit lediglich auf die Flaschenherstellung bezog.
Rechtliche Analyse
- Irreführung durch Werbung: Die Werbeaussage wurde als irreführend angesehen, da sie bei Verbrauchern den Eindruck erweckte, der Wein selbst trage zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks bei. Das Gericht sah dies als wesentliche Fehlinformation an, die zu einer Kaufentscheidung führen könnte, die der Verbraucher sonst nicht getroffen hätte.
- Greenwashing: Dieser Fall kann als Beispiel für Greenwashing betrachtet werden – eine Praxis, bei der Unternehmen fälschlicherweise behaupten oder den Eindruck erwecken, ihre Produkte seien umweltfreundlicher oder nachhaltiger als sie tatsächlich sind. Im vorliegenden Fall bezog sich die umweltfreundliche Herstellung nur auf die Flasche, nicht auf den Wein selbst.
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Schlussfolgerungen für Betroffene
Die Entscheidung sendet ein klares Signal an Unternehmen, dass Greenwashing und irreführende Umweltwerbung rechtliche Konsequenzen haben können. Verbraucher sollten sich bewusst sein, dass nicht alle Umwelt- oder Nachhaltigkeitsbehauptungen wahr sind und diese kritisch hinterfragen.
Zur umweltbezogenen Werbung bei uns:
- Landgericht Karlsruhe entscheidet über die Bewerbung von Produkten als „klimaneutral“ oder „umweltneutral“
- OLG Düsseldorf: Werbung mit Klimaneutralität
- OLG FFM: Werbung mit dem Logo „Klimaneutral“ ohne Aufklärung irreführend
- LG MG: Werbung mit Klimaneutralität bei Kompensationsmaßnahmen
- OLG SH: Irreführung bei Werbung für Müllbeutel mit der Angabe „klimaneutral“
- Green Claims: EU-Kommission nimmt Greenwashing ins Visier
- Empowering Consumers Directive
- European Critical Raw Materials Act
- Recht auf Reparatur geplant
Empfehlungen für den Alltag
- Unternehmen sollten ihre Werbeaussagen klar und transparent gestalten, um Missverständnisse zu vermeiden.
- Verbraucher sollten sich über Produkte und deren tatsächliche Umweltverträglichkeit informieren, bevor sie Kaufentscheidungen aufgrund von Umweltbehauptungen treffen.
- Bei Unsicherheit über die Wahrhaftigkeit von Umweltaussagen können Verbraucher auf unabhängige Zertifizierungen und Labels achten, die eine echte Nachhaltigkeit bestätigen.
Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung von Ehrlichkeit und Transparenz in der Werbung, besonders wenn es um Umweltaspekte geht. Sie trägt dazu bei, das Vertrauen der Verbraucher in umweltbezogene Werbeaussagen zu stärken.
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