Urheberrecht: Fotoklau auf Webseite ist Urheberrechtsverletzung

Die Entscheidung des Oberlandesgericht Düsseldorf (I-20 U 203/14) bietet inhaltlich nichts neues, wenn sie feststellt, dass die Verwendung eines Bildes ohne Nutzungsrecht eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Aber: Das OLG äussert sich nochmals umfassend zu allen klassischen Streitfragen in diesem Zusammnehang. Darüber hinaus wird sich klar zur Framing-Rechtsprechung des EUGH geäußert.

Urheberrechtlicher Schutz von Fotografien

Dem im Tatbestand wiedergegebenen des Fotografen P.C. kommt urheberrechtlicher Schutz zu. Fotografien werden als Lichtbildwerke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG urheberrechtlich geschützt, wenn sie eine eigenschöpferische Prägung und Gestaltung aufwiesen. Nach Art. 6 der 93/ 98/EWG des Rates zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte vom 29. Oktober 1993 Richtlinie sollen Fotografien geschützt werden, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, dass sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind; eines besonderen Maßes an schöpferischer Gestaltung bedarf es danach für den Schutz als Lichtbildwerk nicht, geschützt ist auch die kleine Münze (BGH, GRUR 2000, 318, 319 – Werbefotos; Senat, GRUR-RR 2009, 45, 46 – Schaufensterdekoration; Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 2 Rn. 182; Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 2 Rn. 195). Maßgeblich ist die Prägung durch die Individualität ihres Urhebers, etwa durch die Auswahl des Motivs, der Perspektive oder des richtigen Moments bei Bewegungsvorgängen (Senat, a. a. O.; Schricker/Loewenheim, a. a. O. § 2 Rn. 184). Dabei zeichnen sich Lichtbildwerke im Allgemeinen dadurch aus, dass sie über die bloße Abbildung hinaus eine Stimmung besonders gut einfangen oder den Betrachter zum Nachdenken anregen (Senat, a. a. O.; OLG Hamburg, GRUR 1999, 717 – Wagner-Familienfotos; Schricker/Loewenheim, a. a. O. § 2 Rdnr. 184).

Diesen Anforderungen wird die Fotografie von P.C. gerecht. Sie erfasst die Bewegung des Stierkämpfers und des Stieres aufgrund der gewählten seitlichen Perspektive optimal und gerade in dem Augenblick, in dem der Stier das rote Tuch attackiert und den – vom Betrachter aus im Vordergrund befindlichen – Stierkämpfer passiert; also im Moment höchster Dramatik. Durch die Abbildung dieses charakteristischen Moments werden die Dynamik des Stierkampfs, die Eleganz der Bewegung des Toreros und die spannungsgeladene Atmosphäre in besonderem Maße eingefangen und dem Betrachter eindringlich vermittelt.

Im Übrigen wäre die Fotografie selbst bei einer Verneinung der Werkqualität jedenfalls als Lichtbild im Sinne des § 72 UrhG geschützt. Für den Lichtbildschutz ist kein eigenschöpferisches Schaffen im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG erforderlich; es genügt vielmehr ein Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung, wie es in der Regel schon bei einfachen Fotografien gegeben ist (BGH, GRUR 2000, 318, 319 – Werbefotos).

Öffentliche Zugänglichmachung und Vervielfältigung

Durch das Aufspielen der in seinen eigenen Internetauftritt integrierten Fotografie auf einem Server hat der Beklagte das Werk vervielfältigt und durch deren Freischaltung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Das Aufspielen auf einen Server oder ein anderes Speichermedium ist eine dem Urheber vorbehaltene Vervielfältigung (BGH, GRUR 2010, 616 Rn. 36 – marions-kochbuch.de). Die Freischalten des aufgespielten Internetauftritts ist eine öffentliche Zugänglichmachung; die Integration eines Lichtbildes in den eigenen Internetauftritt stellt – anders als das Setzen eines Links, der lediglich auf ein bereits zuvor öffentlich zugänglich gemachtes Vervielfältigungsstück des Werkes verweist – einen Eingriff in das Verwertungsrecht des § 19a UrhG dar (vgl. BGH, GRUR 2010, 616 Rn. 21 – marions-kochbuch.de).

Framing Rechtsprechung des EUGH

Zur Framing Rechtsprechung des BGH (hier bei uns):

Anderes ergibt sich auch aus den zum Framing ergangenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs „Best Water“ und „Nils Sevensson“ nicht. Der Europäische Gerichtshof hat gerade darauf abgestellt, dass infolge der Verlinkung die Wiedergabe nach demselben technischen Verfahren erfolgt und sich dann nicht an ein neues Publikum richtet, wenn dabei keine Beschränkungen umgangen werden (vgl. EuGH, GRUR 2014, 360 Rnrn. 24, 31 – Nils Svensson u. a./Retriever Sverige; GRUR 2014, 1196 Rn. 15 – BestWater International/Mebes u. a.). Entscheidend ist, dass bei dieser Technik das Werk der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, ohne es kopieren zu müssen und damit dem Anwendungsbereich der Vorschriften über das Vervielfältigungsrecht zu unterfallen (EuGH, GRUR 2014, 1196 Rn. 18 – BestWater International/Mebes u.a). Der Berechtigte behält hier die Herrschaft über die öffentliche Zugänglichmachung des Werks, durch eine Entfernung des digitalen Vervielfältigungsstücks von seiner Seite oder die Einrichtung zugangsbeschränkender Maßnahmen kann er diese unmittelbar beenden. Demgegenüber hat der Beklagte jedoch das Lichtbild durch die Integration in seine auf einem Server abgelegte Internetseite vervielfältigt und damit zugleich dessen öffentliche Zugänglichkeit von der der Fotografie in die Datenbank der Klägerin entkoppelt.

Kein Urheberrechtshinweis notwendig

Für die Frage der Rechtsverletzung spielt es keine Rolle, ob das vom Beklagten verwandte Vervielfältigungsstück als urheberrechtlich geschützt gekennzeichnet gewesen ist. Ebenso wenig wie ein Sacheigentümer die ihm gehörenden Sachen muss der Urheber oder Leistungsschutzberechtigte sein Werk als seine Schöpfung kennzeichnen. Ein fehlender Hinweis ist kein Indiz dafür, dass ein Werk oder eine Leistung gemeinfrei ist. Vielmehr obliegt es jedem Nutzer in eigener Verantwortung, sich Kenntnis davon zu verschaffen, ob und gegebenenfalls zu welchen Bedingungen ihm der Urheber eine Nutzung seines Werkes gestatten will (BGH, GRUR 2010, 616 Rn. 43 – marions-kochbuch.de).

Schaffung eines neuen Werkes durch Bearbeitung

Der Beklagte hat durch die von ihm vorgenommene Bearbeitung der Fotografie kein selbständiges Werk geschaffen, die Benutzung der Fotografie ist nicht als freie im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG zu qualifizieren.

Für die Frage, ob die Übernahme gestalterischer Elemente eine abhängige Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG darstellt oder ob es sich um eine freie Benutzung im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG handelt, kommt es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entscheidend auf den Abstand an, den das neue Werk zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des benutzten Werkes hält. Eine freie Benutzung setzt voraus, dass angesichts der Eigenart des neuen Werkes die entlehnten eigenpersönlichen Züge des geschützten älteren Werkes verblassen. In der Regel ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn die dem geschützten älteren Werk entlehnten eigenpersönlichen Züge im neuen Werk zurücktreten, so dass die Benutzung des älteren Werkes durch das neuere nur noch als Anregung zu einem neuen, selbstständigen Werkschaffen erscheint (BGH, GRUR 2014, 258 Rn. 38 – Pippi Langstrumpf Kostüm). Durch Vergleich der sich gegenüberstehenden Werke ist zu ermitteln, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eigenschöpferische Züge des älteren Werkes übernommen worden sind. Maßgebend dabei ist ein Vergleich des jeweiligen Gesamteindrucks der Gestaltungen, in dessen Rahmen sämtliche übernommenen schöpferischen Züge in einer Gesamtschau zu berücksichtigen sind (BGH, GRUR 2014, 258 Rn. 40 – Pippi Langstrumpf Kostüm).

Diesen Anforderungen genügt das vom Beklagten bearbeitete Bild nicht. Der Beklagte hat lediglich den Bildausschnitt auf das zentrale Motiv des Stierkämpfers mit dem Stier fokussiert und eine schon aufgrund seiner blassen Farben zurücktretende Abbildung eines Tanzpaares danebengestellt. Eine Wechselwirkung zwischen den Motiven besteht nicht, die Abbildung erweckt den Eindruck einer willkürlichen Aneinanderreihung zweier für Spanien typischer Motive. Dynamik und Eleganz vermittelt zudem allein die ausdrucksstarke Stierkampfszene, während es sich bei der Abbildung des Tanzpaares eine übliche Darstellung ohne jeden persönlichen Ausdruck handelt.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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