Autorennen: Kein „Alleinrennen“ wenn keine grobe Verkehrswidrigkeit

Alleinrennen: Mit dem Tatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, „wer im Straßenverkehr sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“. Dass irgendeine andere Person daran beteiligt ist, ist nicht vorausgesetzt, weswegen dies auch „Alleinrennen“ genannt wird. Übrigens kann auch beim Alleinrennen der PKW eingezogen werden.

Alleinrennen als Autorennen

Aber: Es muss genau geprüft werden, ob ein Angeklagter, der mit nicht angepasster Geschwindigkeit gefahren ist, auch die weiteren Tatbestandsvorausaussetzungen des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB erfüllt hat. Insbesondere wenn bereits das Merkmales der groben Verkehrswidrigkeit fehlt, kann auch das Vorliegen der Rücksichtslosigkeit dahinstehen.

Eine grobe Verkehrswidrigkeit setzt einen objektiv als besonders schwerwiegend erscheinenden Verkehrsverstoß voraus, also eine besonders schwerwiegende Verletzung von Verkehrsvorschriften und der Verkehrssicherheit. Dies erfordert eine objektive Würdigung des Verhaltens unter Berücksichtigung der konkreten Verkehrslage:

Bei generalisierender Betrachtung muss die Verkehrssicherheit in besonders schwerem Maße beeinträchtigt sein (Pegel, in: Münchener Kommentar zum StGB, 3. Auflage 2019, § 315c, Rn. 78 m. w. N.). Dies ist hier nicht der Fall. Selbst wenn man annimmt, der Angeklagte habe die geltenden Geschwindigkeitsbegrenzungen weit überschritten, so kann der Umstand der überhöhten Geschwindigkeit nicht herangezogen werden, um die grobe Verkehrswidrigkeit zu begründen. Denn die drei objektiven Tatbestandsmerkmale des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB müssen kumulativ vorliegen. Was bedeutet, dass die grobe Verkehrswidrigkeit nicht allein in der erhöhten Geschwindigkeit liegen darf. Es müssen weitere Anhaltspunkte, die eine grobe Verkehrswidrigkeit begründen, hinzukommen. Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der selbst ausführt, bloße Geschwindigkeitsüberschreitungen sollen hingegen nicht von der Strafbarkeit umfasst werden, auch wenn sie erheblich sind (Bundestag Drucksache 18/12964, S 5f (6)). Weitere Anhaltspunkte, die eine grobe Verkehrswidrigkeit begründen könnten, sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere hat sich nicht bestätigt, dass der Angeklagte durch seine Fahrweise Fußgänger gefährdet hat. Dass diese erschrocken gucken, weil jemand besonders laut und schnell anfährt, stellt noch keine grobe Verkehrswidrigkeit dar. Ob es einen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO darstellt, kann dahingestellt bleiben, weil ein solcher alleine nicht das Tatbestandsmerkmal der groben Verkehrswidrigkeit erfüllt. Auch waren keine weiteren Verkehrsteilnehmer zugegen, die der Angeklagte behindert oder gefährdet hat. Er hat durch sein in dieser Verkehrssituation zwar ungewöhnlich schnelles Anfahren vielmehr keinen weiteren Einfluss auf das Verkehrsgeschehen genommen.

Amtsgericht Düsseldorf, 127 Cs – 30 Js 592/18 – 812/18

Gerade weil die des PKW bei droht, sollte hier frühzeitig Hilfe gesucht und die Akte angefordert werden!

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Jens Ferner

Strafverteidiger

Liegt ein Alleinrennen vor?

Die genaue Prüfung ist im Einzelfall erst möglich, wenn die vollständige Akte angefordert wurde und von einem fachkundigen Strafverteidiger geprüft wurde. Immer wieder ist daran zu erinnern, dass der – recht offenkundig vor allem als „Auffangtatbestand“ bei Beweisproblemene geschaffene – Teil des §315d StGB des „Alleinrennens“ erheblichen Diskussionen ausgesetzt ist.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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