Umsatzsteuerbetrug in italienischen Restaurants aufgedeckt

Europol berichtet, dass mehr als 300 italienische Restaurants in Deutschland mit manipulierten Registrierkassen Steuern hinterzogen haben sollen. Laut Bericht haben
das deutsche Finanzamt für und Strafsachen und die italienische Finanzpolizei (Guardia di Finanza) mit Unterstützung von Europol eine organisierte Verbrecherbande ermittelt haben, die mit manipulierten Registrierkassen Umsatzsteuerbetrug betrieben haben soll.

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Registrierkassen getunt: Die Operation richtete sich gegen ein kriminelles Netzwerk, das Softwarelösungen für Registrierkassen verkaufte, mit denen Unternehmen ihre täglichen Verkaufsdaten manipulieren konnten. Bargeldintensive Unternehmen wie Restaurants konnten diese „getunten“ Registrierkassen nutzen, um ihre Einnahmen zu manipulieren und ihre Mehrwertsteuer- und Körperschaftssteuerschuld zu verringern.

Die Kunden, hauptsächlich in Deutschland ansässige Italiener, erwarben sowohl die Hardware (Registrierkassen und Back-Offices) als auch die Software von einem italienischen Anbieter, der dieses Produkt entwickelt hatte. Diese IT-Lösung ermöglichte es den Unternehmen, sicher auf die Datenbank der Registrierkasse zuzugreifen und zu entscheiden, wie viel von ihren täglichen Einnahmen sie verbergen und wie viel sie den Steuerbehörden melden wollten.

Mehr als 300 Inhaber italienischer Restaurants in ganz Deutschland sollen diese Lösung gekauft haben, die deutlich teurer ist als eine gewöhnliche Registrierkasse, die keine Finanzdaten manipulieren kann.

Europol unterstützt technisch

Europol unterstützte nach eigenen Angaben die operativen Aktivitäten, erleichterte den Informationsaustausch und leistete analytische Unterstützung. Während des Aktionstages entsandte Europol zwei Experten nach Italien, um in Echtzeit operative Informationen mit den Europol-Datenbanken abzugleichen und den Ermittlern vor Ort Hinweise zu geben. Außerdem entsandte Europol einen Forensik-Experten nach Italien, der technische Unterstützung bei der Abschaltung des Servers leistete.

Europol hat vor kurzem das Europäische Zentrum für Finanz- und Wirtschaftskriminalität (EFECC) gegründet, um die Synergien zwischen Wirtschafts- und Finanzermittlungen zu erhöhen und seine Fähigkeit zur Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden bei der wirksamen Bekämpfung dieser großen kriminellen zu verbessern.

Cybercrime as a Service: Konsequenzen für Restaurant-Inhaber

Auf die Inhaber der Restaurants kommen erhebliche Konsequenzen zu, zum einen natürlich die steuerstrafrechtlichen Ermittlungen – aber eben auch finanzielle Konsequenzen in Form der Nachveranlagung. Hier gilt es, mit durchdachter Verteidigung gerade nicht die Einschläge zu verschlimmern.

Das gesamte Vorgehen hinterlässt den Eindruck einer gut organisierten Version von „Cybercrime as a Service„, auch wenn es letztlich keine unmittelbare Tatbegehung über das Internet war. Letztlich wurde hier eine technische Dienstleistung vermarktet, die zu unmittelbarer Umgehung von rechtlichen Vorgaben führte. Das gut strukturierte Vermarktungssystem erleichterte nur den Absatz an technisch weniger versierte Nutzer. Allerdings zeigt sich hier zugleich die größte Schwachstelle für Nutzer solcher Dienstleistungen: Wenn der Dienstleister zentral von Ermittlern aufgedeckt wird, ploppen bei sämtlichen Nutzern dann in der Folge ebenfalls auf.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht, Arbeitsrecht und IT-Recht / Technologierecht.