Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2023 (6 StR 227/23) wichtige Fragen zur Strafzumessung und deren verfahrensrechtliche Begründungspflicht in den Fokus gestellt. Das vorausgegangene Urteil des Landgerichts Lüneburg wurde teilweise aufgehoben, was die strafrechtliche Relevanz und die sorgfältige juristische Bewertung im Bereich der Strafzumessung unterstreicht.
Hintergrund
Der Angeklagte wurde ursprünglich wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Zudem wurde seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Der BGH hat das Urteil des Landgerichts teilweise aufgehoben, insbesondere im Hinblick auf den Straf- und Maßregelausspruch, und hat eine Neubeurteilung durch eine andere Kammer angeordnet.
Strafzumessung und ihre Begründungspflicht
Der BGH legt großen Wert auf die verfahrensrechtliche Begründungspflicht, insbesondere in Bezug auf die Strafzumessung – aber nicht mit Blick auf eine Maßregel:
Zwar kann die Begründung der verhängten Strafe sachlich-rechtlichen Bedenken begegnen, wenn die Urteilsgründe dem Revisionsgericht die ihm obliegende Nachprüfung nicht ermöglichen, die Erwägungen des Tatgerichts einseitig, widersprüchlich, unvollständig oder sonst in sich fehlerhaft sind (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2013 – 4 StR 467/12) oder sich die Strafe von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, nach oben oder unten löst (vgl. BGH, Urteil vom 2. August 2012 – 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336, 337). Dies ist bei einer unterbliebenen Erörterung der zugleich angeordneten
Sicherungsverwahrung bereits aus den vorgenannten Gründen aber nicht zu besorgen.
Die Entscheidung betont, dass das Tatgericht die Strafe nicht nur festsetzen, sondern auch umfassend begründen muss, warum eine bestimmte Strafe als angemessen erachtet wird. Hierbei müssen alle für die Strafzumessung relevanten Umstände im Urteil angeführt und gewürdigt werden.
Der 1. Senat hat deutlich gemacht, dass bei der Strafzumessung auch die Wechselwirkungen zwischen einer verhängten Strafe und einer gleichzeitig angeordneten Maßregel zu berücksichtigen sind. Dies umfasst eine sorgfältige Erwägung, wie sich die Sicherungsverwahrung auf die Gesamtstrafe auswirkt, auch wenn eine direkte strafmildernde Berücksichtigung nicht gefordert wird. Dem folgt der 6. Senat aber nicht:
Der Senat vermag der Rechtsprechung des 1. und 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs nicht zu folgen, wonach zu den nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB zu berücksichtigenden Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Angeklagten in der Gesellschaft zu erwarten sind, auch die „Wechselwirkung“
zwischen der verhängten Strafe und einer angeordneten Maßregel der Besserung und Sicherung gehören kann (…)
Revision und ihre Folgen
Die Revision des Angeklagten, die sich sowohl gegen formelle als auch sachliche Rechtsverletzungen richtete, führte zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der BGH kritisierte, dass die Strafkammer die Auswirkungen der Sicherungsverwahrung auf die Strafzumessung nicht hinreichend erörtert hatte. Zudem waren die Urteilsgründe bezüglich der Strafzumessung nicht ausreichend, um eine revisionsgerichtliche Überprüfung zu ermöglichen, speziell wegen einer fehlerhaft berücksichtigten Gesamtstrafe.
Der Beschluss verdeutlicht die Notwendigkeit einer klaren und vollständigen Begründung der Strafzumessung, die über die bloße Festsetzung der Strafdauer hinausgeht. Es unterstreicht auch die Bedeutung der verfahrensrechtlichen Korrektheit und die Auswirkungen der Strafzumessung auf das spätere Leben des Verurteilten in der Gesellschaft.
Fazit
Mal wieder ein wichtiger Beitrag zur rechtlichen Diskussion um Strafzumessung und deren Begründungspflicht, diesmal im Kontext einer Maßregel. Er zeigt auf, dass eine sorgfältige und umfassende Auseinandersetzung mit allen relevanten Faktoren unerlässlich ist, um eine gerechte und nachvollziehbare Strafzumessung zu gewährleisten. Dies dient der Rechtssicherheit und der Fairness im strafrechtlichen Verfahren.
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