Beim OLG Karlsruhe (1 (4) Ss 560/14) ging es um die Strafbarkeit eines Geschäftsführers einer GmbH, die an einem „Umsatzsteuerkarussell“ beteiligt war. Das Amtsgericht hatte den Geschäftsführer noch freigesprochen, weil ihm der notwendige Vorsatz nicht nachgewiesen werden konnte.
Er hatte sich damit verteidigt, dass die Steuererklärung über den Steuerberater erfolgte und dass er selber nicht gemerkt habe, für das Umsatzsteuerkarussel instrumentalisiert worden zu sein. Das OLG führt hierzu aus
Wird die Umsatzsteuervoranmeldung durch einen Steuerberater beim Finanzamt eingereicht, bedarf es näherer Feststellungen zur Rollenverteilung zwischen Auftraggeber und Steuerberater und zu dessen Kenntnisstand, ohne die eine rechtliche Beurteilung der Beteiligung des Steuerpflichtigen bzw. der für ihn handelnden Organe (hier: Vorstand einer GmbH) nicht möglich ist.
und hob den Freispruch auf.
Rechtliche Voraussetzungen
Das Recht auf Vorsteuerabzug und eine Steuerschuld für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) infolge der Versagung von Ansprüchen wegen der Kenntnis von Steuerhinterziehungen in der Leistungskette (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2011 – StR 270/21 Rn. 8 mwN) entstehen nur, wenn ein Unternehmer Lieferungen für sein Unternehmen bezieht (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2021 – 1 StR 270/21 Rn. 8 mwN) entstehen nur, wenn ein Unternehmer Lieferungen für sein Unternehmen bezieht (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) oder im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 5 UStG).
Dies ist nicht der Fall, wenn er zwar Rechnungen über Lieferungen erhält und ausstellt, aber keine Lieferungen bezieht oder ausführt, weil er die Verfügungsmacht an den Gegenständen weder erlangt noch einem anderen verschafft (§ 3 Abs. 1 UStG; vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juli 2022 – 1 StR 134/22 Rn. 8 mwN).
Voraussetzungen des § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO
Die Umsatzsteuervoranmeldungen einerseits und die Umsatzsteuerjahreserklärung andererseits sind steuerrechtlich selbständige Festsetzungsverfahren. Erkennt ein Steuerpflichtiger, anders als der bei Abgabe der Voranmeldungen – jedenfalls nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe – mit direktem Vorsatz handelnde Angeklagte, erst nachträglich die Unrichtigkeit seiner Umsatzsteuervoranmeldungen, so hat er diese zwar unverzüglich (§ 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO), aber gerade nicht erst mit der Umsatzsteuerjahreserklärung zu berichtigen.
Genau hinsehen bei Steuererklärung
Das OLG erkannte eklatante Lücken in der Entscheidungsbegründung des Amtsgerichts, sodass erneut verhandelt werden muss. Dabei wird insbesondere zum Verhältnis zum Steuerberater darauf hingewiesen:
Vor dem Hintergrund, dass § 18 Abs. 3 Satz 3 UStG die eigenhändige Unterzeichnung durch den Unternehmer nur für die Umsatzsteuerjahreserklärung vorschreibt, bleibt danach offen, ob es sich bei der eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung um eine eigene Erklärung des Angeklagten oder eine vom Steuerberater als bevollmächtigter Vertreter nach § 80 Abs. Satz 1 AO abgegebene Erklärung handelte.
Schon deshalb hätte es eines näheren Eingehens auf das Verhältnis zwischen dem Angeklagten und dem Steuerberater und dessen Vorstellungsbild bedurft, weil erst danach eine Beurteilung möglich ist, ob ein Tatbeitrag des Angeklagten unter dem Gesichtspunkt täterschaftlichen Handelns – ggf. in Form der mittelbaren Täterschaft (vgl. dazu BGH wistra 1994, 268; 2015, 29) – oder unter dem der Teilnahme (Anstiftung oder Beihilfe) zu einer Haupttat des Steuerberaters zu würdigen wäre.
Die Entscheidung zeigt exemplarisch die Probleme im Bereich des Steuerstrafrechts und zugehöriger strafgerichtlicher Entscheidungen.
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