Russland Sanktionen: Keine Ausnahme vom Bargeld-Ausfuhrverbot nach Russland für geplante medizinische Behandlungen

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass Bargeld auch dann dem Ausfuhrverbot nach der Russland-Sanktionen-Verordnung unterliegt, wenn damit die Bezahlung einer medizinischen Behandlung beabsichtigt ist (Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 31.01.2023, Aktenzeichen 943 Ds 7140 Js 235012/22).

Nach den Feststellungen des Gerichts beabsichtigte der Angeklagte, von Frankfurt am Main über Istanbul und Moskau nach Kaliningrad zu reisen, um dort eine umfangreiche Zahnbehandlung vornehmen zu lassen. Hierzu führte der Angeklagte 11.000 Euro Bargeld bei sich, ohne diese vorher beim angemeldet zu haben. Im Rahmen der Zollkontrolle am Frankfurter Flughafen wurden 10.500 Euro sichergestellt, 500 Euro wurden dem Angeklagten als Reisebedarf belassen. Der Angeklagte trat seinen Flug an und ließ die geplante Zahnbehandlung vornehmen. Die Behandlungskosten in Höhe von tatsächlich 6.000 Euro beglich er teilweise mit von einer Bekannten vor Ort geliehenem Geld, teilweise wurden sie ihm von seinem behandelnden Zahnarzt gestundet.

Das Amtsgericht Frankfurt am Main verurteilte den Angeklagten wegen versuchter unerlaubter Ausfuhr von Banknoten zu einer von 90 Tagessätzen zu je 50 Euro und ordnete die des sichergestellten Bargeldbetrages an. Nach Auffassung des Gerichts läge über den dem Angeklagten als Reisebedarf belassenen Betrag von 500 Euro hinaus keine von der Russland-Sanktionen-Verordnung zugelassene Ausnahme von dem Ausfuhrverbot vor. Ziel des Ausfuhrverbots sei es, der russischen Regierung, der Zentralbank und allen sonstigen natürlichen oder juristischen Personen keinen Zugang zu Unionswährungen zu ermöglichen. Der Ausnahmetatbestand für den persönlichen Gebrauch erforderliches Bargeld sei daher eng auszulegen und erfasse ausschließlich Geldmittel für den Transportweg und eine etwaige Verköstigung bis zum Erreichen des Reiseziels. Gelder für beabsichtigte medizinische Behandlungen seien demgegenüber nicht erfasst, was selbst bei Vorliegen einer medizinischen Indikation gelte:

Der Angeklagte hat sich der versuchten unerlaubten Ausfuhr von Banknoten – Vergehen, strafbar nach §§ 18 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 6 AWG, Art. 5i Abs. 1 VO (EU) Nr. 833/2014 (nachfolgend: Russland-Sanktionen-VO), 22, 23 StGB – schuldig gemacht.

Der Ausnahmetatbestand des Art. 5i Abs. 2 lit. a Russland-Sanktionen-VO findet vorliegend nur auf einen Betrag von 500 € Anwendung. Nach vorgenannter Vorschrift sind von dem Ausfuhrverbot Banknoten ausgenommen, die für den persönlichen Gebrauch einer natürlichen Person, die nach Russland reist, erforderlich sind. Entsprechend der Vorbemerkungen ist es das generelle Ziel der Verordnung die Kosten für Handlungen Russlands zu erhöhen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben, und eine friedliche Beilegung der Krise zu unterstützen. Dabei soll nach den Auslegungshilfen der EU zu dem Begriff des persönlichen Reisebedarfs der nicht-kommerzielle Charakter ausschlaggebend sein. Ziel des Ausfuhrverbots ist es konkret, der russischen Regierung, der Zentralbank und allen sonstigen natürlichen oder juristischen Personen keinen Zugang zu Unionswährungen zu ermöglichen. Der Ausnahmetatbestand des Abs. 2 soll daher eng ausgelegt werden (s. https://finance.ec.europa.eu/system/files/2022-08/faqs-sanctions-russia-euro-banknotes_en.pdf). Hieraus wird deutlich, dass der Gesetzgeber unter dem Begriff ausschließlich Geldmittel für den Transportweg und eine etwaige Verköstigung bis zum Erreichen des Reiseziels subsumieren wollte (Beschl. d. LG Frankfurt a.M. v. 10.01.2023, Az.: 5-28 Qs 14/22), wobei auch hier ein allenfalls durchschnittlicher Standard und kein Luxus zugrunde zu legen ist. Damit sind auch Gelder für beabsichtigte medizinische Behandlungen nicht vom Ausnahmetatbestand umfasst. Auf eine medizinische Indikation kommt es damit ebenfalls nicht an. Dem Angeklagten wäre es im vorliegenden Fall im Übrigen auch grundsätzlich möglich gewesen, die zahnärztliche Behandlung in Deutschland durchführen zu lassen. Ein Reisebedarf von 500 €, wie vom Zoll festgesetzt, schien unter Berücksichtigung des Vorhabens des Angeklagten damit ausreichend. Der restliche Barmittelbetrag unterlag damit dem Ausfuhrverbot.

Die Entscheidung ist rechtskräftig. Quelle: Pressemitteilung des Gerichts.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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