Kein Verweis auf geringere Mangelbeseitigungskosten bei unsicherer Mangelbeseitigung

Der (V ZR 134/22) hat klargestellt, dass der Käufer, der vom Verkäufer im Rahmen des kleinen Schadensersatzes nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 Abs. 1 BGB Ersatz des mangelbedingten Minderwerts der Kaufsache verlangt, jedenfalls dann nicht auf wesentlich geringere Mängelbeseitigungskosten verwiesen werden kann, wenn der Mangel damit nicht zweifelsfrei beseitigt werden kann.

Der BGH wandte sich damit ausdrücklich gegen die Auffassung, der kaufvertragliche Anspruch des Klägers auf Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gemäß §§ 437 Nr. 3, 280, 281 Abs. 1 BGB könne nur nach den voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten und nicht nach dem Minderwert der Kaufsache bemessen werden, weil die Mängelbeseitigungskosten weniger als die Hälfte des Minderwerts der Kaufsache ausmachten.

Grundsätzliches zum Schadenersatz bei Sachmängeln

Nach § 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1 BGB hat der Käufer bei Vorliegen eines Mangels Anspruch auf Nacherfüllung, die nach seiner Wahl durch Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache erfolgen kann. Bei Fehlschlagen der Nacherfüllung kann der Käufer nach erfolglosem Ablauf einer dem Verkäufer gesetzten Frist zur Nacherfüllung Schadensersatz verlangen. Die Primärleistung kann aufgrund der Ausübung des Wahlrechts nach § 281 Abs. 4 BGB nicht mehr verlangt werden. Aus dieser Norm ergibt sich, dass nunmehr Schadensersatz in Geld geschuldet wird.

Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung kann der Käufer im Rahmen des vom Kläger begehrten kleinen Schadensersatzes nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 Abs. 1 BGB entweder den Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts der Kaufsache oder den Ersatz der voraussichtlich erforderlichen Mangelbeseitigungskosten verlangen.

Der Schadensersatz statt der Leistung dient dem Ausgleich des Äquivalenzinteresses; geschützt wird im Bereich der kaufrechtlichen Sachmängelhaftung die Erwartung des Käufers, Wert und Nutzungsmöglichkeit einer vertragsgemäßen Sache zu erhalten. Da der Schadensersatz nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 Abs. 1 BGB „statt der Leistung“ gewährt wird, kann der Gläubiger verlangen, wirtschaftlich so gestellt zu werden, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrages durch den Schuldner stünde.

Entscheidet sich der Käufer für den Ersatz des mangelbedingten Minderwerts, ist der Schadensersatzanspruch auf den Ausgleich des Wertunterschieds zwischen der mangelfreien und der mangelhaften Sache gerichtet. Der Käufer berechnet seinen Schaden daher nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen in der Weise, dass er im Wege einer Vermögensbilanz die Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der Kaufsache in mangelfreiem Zustand und dem tatsächlichen Wert der Sache mit dem Mangel ermittelt.

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Begrenzung des Schadenersatzes bei Mangelbeseitigung

Der BGH hat Zweifel, ob ein Käufer im Rahmen des kleinen Schadensersatzes nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 Abs. 1 BGB den Ersatz des mangelbedingten Minderwerts der Kaufsache nicht verlangen kann, wenn die Mängelbeseitigungskosten weniger als die Hälfte des Minderwerts der Kaufsache betragen.

Zwar könne – so der BGH – bei einzelnen Kaufverträgen, wie hier bei Grundstückskaufverträgen, als erster Anhaltspunkt davon ausgegangen werden, dass die Mängelbeseitigungskosten unverhältnismäßig sind, wenn sie den Verkehrswert übersteigen. Hier: des Grundstücks in mangelfreiem Zustand oder 200 % des mangelbedingten Minderwerts übersteigen.

Dieser Rechtsprechung liegt die Erwägung zugrunde, dass sowohl der Nacherfüllungsanspruch als auch der auf Ersatz der fiktiven Mangelbeseitigung gerichtete Schadensersatzanspruch Grenzen unterliegt. Der BGH hat den Nacherfüllungsanspruch begrenzt, indem er in entsprechender Anwendung des § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB aus § 439 Abs. 4 Satz 2 BGB Anforderungen an die Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung abgeleitet hat. Diese Begrenzung wirkt sich unmittelbar auf die Höhe des Nacherfüllungsanspruchs aus und verhindert eine Überkompensation des Käufers. Kann nämlich der Verkäufer die Nacherfüllung wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigern, beschränkt sich der Schadensersatzanspruch des Käufers auf den Ersatz des mangelbedingten Minderwerts. Denn der Verkäufer, der die Mängelbeseitigung wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigern darf, kann nicht im Wege des Schadensersatzes verpflichtet werden, diese Kosten zu tragen.

Diese Rechtsprechung lässt sich jedoch nicht ohne weiteres auf den hier zu beurteilenden Fall übertragen. Das Gesetz sieht – anders als bei der Nacherfüllung durch Mangelbeseitigung – keinen Ausschluss des Ersatzes des mangelbedingten Minderwerts der Kaufsache wegen Unverhältnismäßigkeit vor. Maßstab für die Schadensbemessung ist die durch den Mangel der Kaufsache verursachte Störung des Äquivalenzverhältnisses. Eine Beschränkung auf die Mängelbeseitigungskosten könnte zu einer vertraglich nicht geschuldeten und nicht gerechtfertigten Einschränkung des Wahlrechts des Käufers bei der Bemessung seines Vermögensschadens führen. Gegen eine Beschränkung des Käufers auf die geringeren Mängelbeseitigungskosten spricht auch ein Vergleich mit dem ihm wahlweise zustehenden Minderungsrecht nach § 437 Nr. 2 BGB. Eine Begrenzung des Minderungsbetrages auf die Mängelbeseitigungskosten sieht das Gesetz – anders als das Berufungsgericht für den Schadensersatz statt der Leistung annimmt – auch dann nicht vor, wenn die Mängelbeseitigungskosten erheblich geringer sind als der mangelbedingte Minderwert.

Zum anderen muss die Schadensbemessung das vertragliche Leistungsdefizit zutreffend abbilden. Sie darf nicht zu einer Überkompensation und damit zu einer nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen ungerechtfertigten Bereicherung des Gläubigers führen. Im Kaufrecht ist der richtige Bezugspunkt für die Schadensbemessung die Nacherfüllung, zu der der Verkäufer vorrangig verpflichtet ist und deren Unterbleiben der Schadensersatzanspruch ausgleichen soll. Dies könnte dafür sprechen, dass zur Vermeidung einer Überkompensation eine Schadensberechnung nach dem mangelbedingten Minderwert der Kaufsache nicht verlangt werden kann, wenn dieser den Nacherfüllungsaufwand deutlich übersteigt.

Der BGH weist darauf hin, dass der Schadensersatzanspruch den Ausfall der Nacherfüllung ausgleichen soll. Der Käufer, der vom Verkäufer im Rahmen des kleinen Schadensersatzes nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 Abs. 1 BGB Ersatz des mangelbedingten Minderwerts der Kaufsache verlangt, kann daher jedenfalls dann nicht auf wesentlich geringere Mängelbeseitigungskosten verwiesen werden, wenn der Mangel damit nicht zweifelsfrei beseitigt werden kann. Die Möglichkeit der Mängelbeseitigung hat der Schuldner darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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