Es gibt nur wenig, was mit so großer Scham der Opfer verbunden ist – und was zudem auch noch ein derartiges Tabu-Thema in unserer Gesellschaft ist: Nacktfotos von Ex-Partnern. Nicht zuletzt auf Grund der alltäglichkeit von Smartphones sind Nacktaufnahmen innerhalb von Beziehungen durchaus fester Alltag bei Paaren geworden, insoweit sollte man sich von dem beharrlichen gesellschaftlichen Schweigen zu dem Thema nicht in die Irre leiten lassen.
Gleichsam aber zeigen sich manche Paare, aber auch manche Ex-Partner, mit dem Umgang mit solchen Aufnahmen nach einer Trennung vollkommen überfordert. Dabei konnte sich die Rechtsprechung hierzu bereits äussern; und wer hier mit Bloßstellungen konfrontiert ist, kann sich durchaus wehren.
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Ex-Freund hat Fotos von mir – was kann ich tun?
Wenn ein anderer Nacktaufnahmen von einem selbst hat gibt diesem das ganz erhebliche Macht – die Angst der Veröffentlichung, Erpressungsansätze, schon der bloße Gedanke daran bei einem Wiedersehen kann demütigend sein. Der Bundesgerichtshof hat diese Machtstellung vollumfänglich anerkannt und läßt die Betroffenen nicht alleine:
Wer nämlich – wie hier – Bildaufnahmen oder Fotographien, die einen anderen darstellen, besitzt, erlangt allein durch diesen Besitz eine gewisse Herrschafts- und Manipulationsmacht über den Abgebildeten (vgl. Götting in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 22 KUG Rn. 1), selbst wenn eine Verbreitung oder Weitergabe an Dritte nicht beabsichtigt oder untersagt ist. Diese Macht ist umso größer, als Aufnahmen eine vollständige Entblößung des gänzlich Privaten, der grundsätzlich absolut geschützten Intimsphäre des Einzelnen, insbesondere im Zusammenhang mit gelebter Sexualität, zeigen. Diese Entblößung wird von dem Abgebildeten regelmäßig als peinlich und beschämend empfunden, wenn sich der Situationszusammenhang wie hier durch die Beendigung der Beziehung geändert hat. Die zur Anregung des gemeinsamen Sexuallebens erbrachte Entblößung wird als demütigend wahrgenommen, wenn das gemeinsame Erleben entfällt, sie aber dauerhaft sichtbar bleibt, wenn das aktive Subjekt gegen seinen Willen zum reinen Objekt des Bildbetrachters wird.
BGH, VI ZR 271/14
Das Ergebnis ist mit dem BGH (BGH, VI ZR 271/14) eine einfache Schlussfolgerung, die Der Bundesgerichtshof zieht: Wenn im Rahmen einer intimen Beziehung ein Partner vom dem anderen intime Bild- oder Filmaufnahmen anfertigt, kann dem Abgebildeten gegen den anderen nach dem Ende der Beziehung ein Löschanspruch wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts zustehen. Dies jedenfalls dann, wenn er seine Einwilligung in die Anfertigung und Verwendung der Aufnahmen auf die Dauer der Beziehung beschränkt hat, was auch konkludent möglich ist, also durch Verhalten und nicht unbedingt nur ausdrücklich. Davon wird man regelmäßig ausgehen können, wenn
- die Bilder im privaten Bereich und nur im Rahmen der Liebesbeziehung angefertigt wurden,
- ohne vertragliche Vereinbarungen und unentgeltlich,
- nur zu persönlichen bzw. privaten Zwecken,
- und diese von vornherein nicht zur Veröffentlichung und Verbreitung bestimmt waren.
Ich verstehe die Rechtsprechung des BGH dabei so, dass die Bilder bereits mit Beziehungsende zu löschen sind – auch ohne Aufforderung (was ohnehin eine Frage des Anstands sein sollte). Dies gilt jedenfalls hinsichtlich Aufnahmen, anders wird es wohl mit Briefen sein.
Ex-Freund stellt Fotos von mir ins Internet oder zeigt diese Freunden
Wenn der Ex-Partner nicht nur die Fotos besitzt, sondern sogar veröffentlicht, stehen sofort Unterlassungsansprüche und Schmerzensgeld im Raum.
So hat das Oberlandesgericht Hamm (3 U 138/15) insoweit klargestellt, dass dann wenn ein intimes Foto ohne Zustimmung der abgebildeten Person im Internet veröffentlicht wird und die abgebildete Person dadurch einen gesundheitlichen Schaden erleidet, ihr wegen der Verletzung der Gesundheit ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu stehen kann. Inzwischen dürfte dies durch die Anspruchsgrundlagen in der Datenschutzgrundverordnung flankiert werden. Ein klassisches Beispiel für einen solchen Streitfall fand sich weiterhin beim LG Frankfurt (2-03 O 189/13), wo eine Mitschülerin zufällig Nacktfotos der betroffenen Schülerin erhielt, die sie verbreitete (die Fotos wurden von der betroffenen selber beim Geschlechtsverkehr mit ihrem Freund erstellt, allerdings sah man auf einem besonders einschlägigen Foto weder ihren Kopf noch Oberkörper). Dies geschah tatsächlich zufällig, als nämlich das Handy zum Aufladen an das Notebook angeschlossen wurde und hierbei Fotos kopiert wurden. Hier erkannte das Gericht auf nur 1000 Euro Schmerzensgeld.
Jedenfalls kann das Tatopfer in Fällen der Verbreitung intimer Aufnahmen den Schädigen mit einer anwaltlichen Abmahnung zur Unterlassung auffordern und ein Schmerzensgeld einfordern. Die anwaltliche Kostennote dürfte dabei eine spürbare Wirkung bei dem Betreffenden haben, neben dem Schmerzensgeld.
Kampf gegen die Verbreitung – Kampf gegen Windmühlen
Der Kampf gegen die Verbreitung von Bildern ist oft eine Mischung aus Kampf gegen Windmühlen und Sisyphusarbeit. Gleichwohl kann und soll man diesen Kampf aufnehmen: Gerade bei den großen Plattformen sind die Rechtsabteilungen erreichbar, bei Suchmaschinen können Verweise gesperrt werden, bei Providern Webseiten abgeschaltet werden und insbesondere in Schulen kann man die Verwaltung als zusätzliche Instanz mit ins Boot holen. Das verständliche Ziel der Betroffenen, möglichst sofort eine Löschung zu erreichen ist dabei eher unrealistisch, Zeit wird benötigt – aber man kann Ergebnisse erzielen.
Strafbares Verhalten
Spätestens beim ungewollten Verbreiten der Aufnahmen steht immer eine Strafbarkeit des Schädigend im Raum, schon hier kann man regelmäßig ansetzen. Doch auch schon das anfertigen und besitzen der Bilder kann, je nach den Umständen, eine eigene Strafbarkeit darstellen; insbesondere wenn jemand ohne sein Wissen, etwa im Schlaf oder Betrunken, nackt fotografiert wurde steht schnell der §201a StGB im Raum!
Schutz von Betroffenen vor Verbreitung von intimen Fotos
Das größte Problem ist die Scham – wir leben in einer Gesellschaft, in der man über derartiges nicht offen spricht. Dabei gilt gerade hier: Je früher man tätig wird, umso effektiver kann man sein. Eltern sollten sich nicht darauf zurückziehen, ihren Kindern alleine den Ratschlag zu geben, dass man sich halt nicht fotografieren lassen soll – Eltern müssen Ansprechpartner sein und bleiben, ansonsten besteht das Risiko, dass Kinder sich erst melden, wenn alle Züge abgefahren sind.
Betroffene sollten Hilfe suchen, sie können sich zivilrechtlich gegen den Besitz und spätestens gegen eine Verbreitung sowohl zivil- wie strafrechtlich wehren. Als Kompensation steht zumindest auch ein Schmerzensgeld im Raum, das aber der Höhe nach stark von den Umständen abhängig ist. Ich bin in diesem Bereich übrigens gar nicht tätig.
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