Der Bundesgerichtshof (BGH) traf am 20. Februar 2024 eine wiedermals instruktive Entscheidung (Az. 2 StR 283/23) in einer Strafsache wegen besonders schwerer Vergewaltigung und weiteren Delikten. Im Fokus steht die Beurteilung der Beweiswürdigung durch das Landgericht Aachen.
Sachverhalt
Der Angeklagte und das spätere Opfer T. lernten sich im Mai 2022 kennen und hatten einvernehmlichen Geschlechtsverkehr. Die Beziehung änderte sich jedoch bald. Der Angeklagte, durch psychische Probleme beeinträchtigt, wollte eine nicht erwünschte Nähe erzwingen und drohte T. Gewalt an. In einer Nacht im Juli 2022 eskalierte die Situation: Nach Bedrohungen mit einem Messer und psychischem Druck kam es zu sexuellen Handlungen, die von T. aus Angst zugelassen wurden. Der Angeklagte erzwang schließlich vaginalen Geschlechtsverkehr, wobei er ein Messer als Druckmittel einsetzte.
Rechtliche Analyse
Das Landgericht Aachen verurteilte den Angeklagten wegen besonders schwerer Vergewaltigung und Körperverletzung. Der BGH hob jedoch das Urteil aufgrund von Mängeln in der Beweiswürdigung auf. Die Gründe:
- Konstanz der Zeugenaussage: Das Gericht bewertete die Aussage von T. als konstant, obwohl es Inkonsistenzen gab. Der BGH sah hier eine lückenhafte Würdigung, da das Landgericht nicht alle relevanten, sich widersprechenden Punkte ausreichend erörterte.
- Missinterpretation durch Polizei und Ärzte: Das Landgericht schrieb Abweichungen in der Aussage von T. Missinterpretationen oder falschen Erinnerungen von Polizeibeamten und Ärzten zu. Der BGH hielt diese Annahme ohne konkrete Anhaltspunkte für spekulativ.
- Unerklärliche Erinnerungslücken: T. konnte sich bereits sechs Tage nach der Tat nicht mehr erinnern. Das Landgericht interpretierte dies nicht als möglichen Hinweis darauf, dass die Ereignisse anders abliefen, als von T. geschildert.
- Fehlende Gesamtwürdigung: Das Landgericht führte keine umfassende Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände durch, was zur Aufhebung des Urteils führte.
Fazit
Die Entscheidung des BGH betont die Wichtigkeit einer sorgfältigen und umfassenden Beweiswürdigung. Das Landgericht Aachen muss nun in einer neuen Verhandlung unter Berücksichtigung der vom BGH aufgezeigten Mängel eine neue Entscheidung treffen.
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