Betrug im Zusammenhang mit der Corona-Gesetzgebung und Corona-Soforthilfe

Inzwischen gibt es Formulare, mit denen Soforthilfe für wegen der Corona-Pandemie Leidtragende Unternehmen beantragt werden kann – aber auch die Möglichkeit, Zahlungen auszusetzen und verstärkt Grundsicherung zu erhalten.

Doch die sinnvollen Wege des Gesetzgebers beinhalten auch ein erhebliches Risiko: Nämlich die Verlockung, durch kleine Handgriffe schnell Liquidität zu schaffen, die am Ende aber schlichtweg strafrechtlich relevanter ist. Daher: Seien Sie Vorsichtig, denken Sie nach und vor allem – versuchen Sie nicht, durch verfälschte Umstände Gelder zu beschaffen.

Soforthilfe für Selbstständige führt zum Subventionsbetrug

Ich beginne mit der Soforthilfe für Selbstständige und orientiere mich dabei an dem Verfahren in NRW: Hier muss man nur ein Online-Formular ausfüllen und erhält Geld. Allerdings gibt es eine grundsätzliche Voraussetzung, so zusagen die Grund-Prämisse der gesamten Zuwendung, die auch – natürlich – ausdrücklich dort steht: „Erhebliche Finanzierungsengpässe und wirtschaftliche Schwierigkeiten in Folge von Corona“. Vor diesem Hintergrund muss dann auch ausdrücklich eine Vielzahl von Zusicherungen vorgenommen werden im Antrag, so insbesondere:

  • dass die wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Krise wesentlich beeinträchtigt ist;
  • dass ein Liquiditätsengpass nicht bereits vor dem 1. März bestanden hat;

Wer nun versucht zu mogeln, etwa in dem gerade eigentlich fällige eigene Rechnungen um ein paar Monate verschoben werden, um nun eine auf dem Papier künstliche mangelnde Liquidität zu erzeugen, der begibt sich damit umgehend in den Bereich einer Täuschung – womit der strafrechtliche Bereich des Subventionsbetruges eröffnet ist. Denn wenn man selber künstlich (auf dem Papier) mangelnde Liquidität schafft liegt zwar vielleicht wirklich eine temporäre mangelnde Liquidität vor; die aber beruht eben nicht auf den Umständen der Corona-Pandemie, sondern auf eigener autonomer Entscheidung. Und damit ist man aus der Soforthilfe raus.

Kontrollen finden statt

Es findet eine Kontrolle statt! Man muss schon ziemlich auf den Kopf gefallen sein, um zu glauben, dass das nicht kontrolliert wird. Natürlich wird jetzt schnell und unkompliziert ausgezahlt; gleichwohl gibt man genug Informationen ab, um eine spätere Kontrolle zu ermöglichen, zumal man später eine Jahressteuererklärung abgibt (in die der erhaltene Betrag einfliessen muss) und dann genau zu sehen ist, wie das Jahr insgesamt verlaufen ist. Wer am Ende ein durchschnittliches oder gar überdurchschnittliches Jahr versteuert, der sollte schonmal eine Kontrolle eben dieser drei Monate jetzt einplanen. Und wenn man in Ziffer 6.6 des NRW-Formulars blickt, sieht man, dass hier ausdrücklich die Kontrolle angekündigt wird.

Rückforderungen sind vorgesehen

Der nächste böse „Aufwacher“: Ist Ihnen Ziffer 6.11 aufgefallen? Lesen Sie lieber genau:

Mir ist bekannt, dass ich den Zuschuss als Billigkeitsleistung erhalte und im Falle einer Überkompensation (Entschädigungs-, Versicherungsleistungen, andere Fördermaßnahmen) die erhaltene Soforthilfe zurückzahlen muss.

NRW-Antragsformular, Ziffer 6.11

Und das ist nichts neues, das finden Sie auch seit Tagen in der FAQ des Wirtschaftsministeriums, leider erst unter „Was muss ich noch wissen“:

Betrug im Zusammenhang mit der Corona-Gesetzgebung und Corona-Soforthilfe - Rechtsanwalt Ferner

Ja, besser ist, man geht von einer Kontrolle aus. Und nicht nur die Liquiditätslage, das Entstehen des Ausfalls und eventuelle Trinksereien werden geprüft – es wird auch geprüft werden, ob es sonstige Ausfallmaßnahmen gab, etwa Versicherungen oder sonstige Zuschüsse. Und dann wird zurückgefordert. Ein Aspekt, der leider gerade viel zu kurz kommt.

Was besonders ins Auge sticht ist die „Überkompensation“. Ausdrücklich will man Geld zurückfordern können, wenn die Soforthilfe den (potentiellen!) Schaden überstiegen hat. Das bedeutet nach meiner Lesart: Wer monatlich 2000 Euro Brutto Umsatz als Soloselbstständiger hatte und nun an Stelle der üblichen 6.000 Euro Bruttoumsatz in drei Monaten die staatlichen 9.000 Euro erhalten hat, der sollte 3.000 Euro „Überkompensation“ als Rückforderung schon mal einplanen. Wenn dann noch tatsächliche Umsätze im gleichen Zeitraum dazukommen, erhöhen die die theoretische Überkompensation – und damit die Rückforderungssumme. Es ist also Rechnen angesagt.

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Jens Ferner

Strafverteidiger

Betrug im Zivilrecht

Auch im Zivilrecht bieten sich schnelle Betrugstaten an – etwa wenn Mieter jetzt „einfach so“ die Miete aussetzen, obwohl das Gesetz ausdrücklich eine auf Corona basierende Notlage verlangt (offen bleibt hier gerade, ob man im Gewerberaummietrecht nicht die Miete mindern kann, was hoch umstritten ist).

Ebenso, wenn man sonst Zahlungen im Hinblick auf das neu geschaffene Leistungsverweigerungsrecht aussetzt, ohne hierzu auf Grund einer Corona-Notlage gezwungen zu sein. In alle diesen Fällen wird aktiv getäuscht (nämlich über die eigene Corona-Notlage) und auf Grund des bei dem Vertragspartner erzeugten Irrtums ein Vermögensschaden geschaffen, da hier der kurzfristige Zahlungsausfall bereits genügen kann. Kritisch.


Sozialbetrug

Am Ende nun das Schlimmste: Auf Grund der Reform des Sozialrechts sollen Bescheide des Jobcenters, die jetzt gerade auslaufen, automatisch um 1 Jahr verlängert werden unter Zugrundelegung der bisherigen Angaben. Das ändert aber weder etwas an den ohnehin bestehenden Mitteilungspflichten, noch daran, dass durch Täuschung – die auch durch Unterlassen begangen werden kann – ein klassischer Betrug vorliegt, den die Staatsanwaltschaften mit aller Härte verfolgen. Ähnlich kritisch sehe ich die derzeit quasi auf Zuruf eingerichtete Grundsicherung. Der mahnende Rat muss lauten: Wenn sich bei Ihnen etwas ändert, weisen Sie das Jobcenter nachprüfbar darauf hin!


Insolvenzerverschleppung

Vorsicht ist auch hinsichtlich der ausgesetzten Insolvenzantragspflicht angezeigt – diese sollte keineswegs als „Selbstläufer“ durchgehen, sondern vielmehr im Einzelfall geprüft werden, da es Ausnahmen gibt. Mehr dazu hier bei uns.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

Erreichbarkeit: Per Mail, Rückruf, Threema oder Whatsapp.

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