Verfassungsbeschwerde und Wiedereinsetzung: §33a StPO beachten

Das (2 BvR 2697/18) hat hervorgehoben, dass im Fall einer gescheiterten oder Streit über hinreichende Berücksichtigung von rechtlichem erheblichem Vortrag im Strafprozess eine Verfassungsbeschwerde unzulässig sein wird, wenn sie mangels erhobener Anhörungsrüge gemäß § 33a StPO dem Grundsatz der Subsidiarität nicht gerecht wird. Es wird damit faktisch zwingend, immer die Anhörungsrüge zu erheben, wobei das BVerfG auf die allgemeinen Ausführungen verweist:

Der in § 90 Abs. 2 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde verlangt, dass Beschwerdeführer alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 107, 395 ; 112, 50 ).

Das kann auch bedeuten, dass Beschwerdeführer zur Wahrung des Subsidiaritätsgebots gehalten sind, im fachgerichtlichen Verfahren eine Gehörsverletzung mit den gegebenen Rechtsbehelfen, insbesondere mit einer Anhörungsrüge, anzugreifen. Dies gilt selbst dann, wenn sie im Rahmen der ihnen insoweit zustehenden Dispositionsfreiheit mit der Verfassungsbeschwerde zwar keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügen wollen (vgl. BVerfGE 126, 1 ), durch den fachgerichtlichen Rechtsbehelf aber die Möglichkeit wahren, dass bei Erfolg der Anhörungsrüge in den vor den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen, durch die sie sich beschwert fühlen, beseitigt werden (vgl. BVerfGE 134, 106 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 – 1 BvR 644/05 -, Rn. 10).

Die Verweisung auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde steht allerdings unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit einer anderweitigen prozessualen Möglichkeit zur Abhilfe (vgl. BVerfGE 132, 99 ). Zur Vermeidung der Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, in der sich der Beschwerdeführer nicht auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG beruft, muss er eine Anhörungsrüge oder den sonst gegen eine Gehörsverletzung gegebenen Rechtsbehelf nur dann ergreifen, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die Fachgerichte nahe liegt und zu erwarten ist, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden (vgl. BVerfGE 134, 106 ).

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 2697/18

Das ist schon so schwer genug zu beachten, zumal nur wenige Kollegen (und noch weniger Laien) die Regelung des §33a StPO praktisch vor Augen haben werden. Wobei in dem Zusammenhang an §356a StPO zu erinnern ist, für den dann entsprechendes gelten sollte. Schlimmer wird es aber bei konsequentem Weiterdenken:

Es gilt, dass die Verfassungsbeschwerde binnen eines Monats zu erheben und zu begründen ist (§93 Abs.1 S.1 BVerfGG). Die hier getätigten Ausführungen des BVerfG lassen sich auf sämtliche Beschwerde-Konstellationen übertragen, also auf den Kampf um Bewährungen ebenso wie um Haftbefehle. Eine §33a -Rüge dauert in der gerichtlichen Praxis mehrere Wochen – der Verteidiger läuft also nun jedes Mal Gefahr, entweder die Frist auf dem Schirm zu haben und zu früh eine Verfassungsbeschwerde wegen einer Gehörsverletzung zu erheben; oder man zieht erst das Nachverfahren nach §33a StPO durch, um sich dann anzuhören, dass dies hier gar nicht angezeigt war.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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