Unternehmen kann Warentest nicht unterbinden

Warentest ist hinzunehmen: Der Fall, der vor dem OLG Hamburg verhandelt wurde, dreht sich um die Veröffentlichung von Testergebnissen eines Warentests, den der Anspruchsteller als fehlerhaft ansah (OLG Hamburg, Urteil vom 19.12.2023, Az. 7 U 13/19).

Die Kernfrage war, ob ein Unternehmen verlangen kann, dass seine Produkte nicht in einem als mangelhaft betrachteten Warentest erscheinen, insbesondere wenn der Test nicht den rechtlichen Anforderungen an einen zulässigen Warentest entspricht.

Sachverhalt

Ein Unternehmen wandte sich gegen die Veröffentlichung von Warentestergebnissen, in denen es behauptete, die Tests seien fehlerhaft durchgeführt worden. Insbesondere wurde kritisiert, dass die Produkte im Test nicht den gesetzlichen Kennzeichnungsvorschriften entsprachen und eines der Produkte bei der empfohlenen Erwärmung für Kinder zu heiß werde.

Rechtliche Analyse

Das Gericht stellte fest, dass es einem Unternehmen außerhalb des Lauterkeitsrechts keinen allgemeinen Anspruch darauf gibt, dass seine Produkte nicht Gegenstand eines Warentests gemacht werden, der den Anforderungen an einen zulässigen Warentest nicht genügt. Vielmehr setzt ein wegen einer Testveröffentlichung stets eine individuelle Betroffenheit des Anspruchstellers voraus:

Eine Verletzung des Rechts am Unternehmen ist dann nicht anzunehmen, wenn ein Konkurrenzprodukt besser bewertet wird als das eigene; dies stellt lediglich eine Reflexwirkung für das betroffene Unternehmen dar, die nicht vom Schutzzweck des durch § 823 I BGB geschützten Rechts am Unternehmen umfasst ist (Vendt in HH-Ko/MedienR, 4. Aufl., 36. Abschn. Rz.13; vgl. auch BGH, U. v. 10.3.1987 – VI ZR 144/86NJW 1987, 2222, 2225 – Komposthäcksler). Auch die zu positive Bewertung der Produkte anderer Hersteller – wie hier etwa die Bewertung des Kissens eines anderen Herstellers als „gut“, obwohl es nach dem im vorliegenden Verfahren nicht bestrittenen Vorbringen der Beklagten zu heiß wird – stellt keinen betriebsbezogenen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (vgl. BGH, U. v. 9.12.1975 – VI ZR 157/73GRUR 1976, 268, 273 – Warentest II). Vielmehr ist das Kriterium der „individuellen Betroffenheit“ bei Äußerungen über bestimmte Waren oder Produkte restriktiv zu handhaben; nur so kann gewährleistet werden, dass in der öffentlichen Diskussion kritische Auseinandersetzungen über die Vor- und Nachteile bestimmter Stoffe oder Produkte geführt werden können, ohne sich jeweils dem unkalkulierbaren Risiko der Inanspruchnahme durch die Betreiber einzelner Produktionsbetriebe bzw. des in der Branche tätigen Verbandes auszusetzen (…)

Entgegen der Ansicht der Beklagten steht dem individuellen Unternehmen ein allgemeiner Anspruch darauf, dass die eigenen Produkte nicht zum Gegenstand eines Warentests gemacht werden, der den Anforderungen der Rechtsprechung an einen zulässigen Warentest nicht genügt, nicht zu, solange sich ein solcher Anspruch nicht aus dem Lauterkeitsrecht ergibt; letzteres ist hier – wie ausgeführt – nicht der Fall. Vielmehr setzt ein Unterlassungsanspruch wegen einer Test-Veröffentlichung in solchen Fällen stets eine individuelle Betroffenheit des Anspruchstellers voraus; es wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Daher kann hier dahinstehen, ob der streitgegenständliche Test den Anforderungen der Rechtsprechung an einen zulässigen Warentest genügt und ob zu diesen Anforderungen insbesondere die allgemeinen Vorgaben der DIN 66054 an die Durchführung von Warentests gehören.

Das Gericht betonte weiterhin, dass die Meinungs- und hier Vorrang haben, solange nicht nachgewiesen wird, dass der Test tatsächlich falsche Informationen enthält oder in einer Art und Weise durchgeführt wurde, die objektiv als irreführend angesehen werden kann.


Fazit

Die Entscheidung des OLG Hamburg verdeutlicht, dass die Hürden für einen Unterlassungsanspruch gegen die Veröffentlichung eines Warentests hoch sind, besonders wenn die Geltendmachung auf einer behaupteten Unzulänglichkeit des Tests basiert. Während das Gericht die Bedeutung von genauen und fairen Warentests anerkennt, betont es auch die Bedeutung der Meinungs- und Pressefreiheit im öffentlichen Diskurs über Konsumgüter.

Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie zwar gegen offensichtlich falsche oder irreführende Testverfahren vorgehen können, die reine Unzufriedenheit mit der Methodik eines Tests jedoch nicht ausreicht, um rechtliche Schritte erfolgreich durchzusetzen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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