OLG Köln: Kameras aus rechtswidriger Videoüberwachung sind zu entfernen

Das (15 U 33/16) hat – wenig überraschend – bestätigt, dass rechtswidrig aufgestellte Videokameras zu entfernen sind und hier Unterlassungsansprüche bestehen. Dabei stellt das OLG Köln klar, dass es keine Relevanz entfaltet, ob Kameras beweglich sind oder fixiert werden können – denn schon auf Grund der Möglichkeit, wieder Überwacht zu werden, entsteht ein Überwachungsdruck der nicht hinzunehmen ist.

Aus der Entscheidung:

Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf Beseitigung aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 1 (analog) BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG.

a. Die Beklagte hat dadurch, dass sie – zumindest in der Vergangenheit – die vom Kläger benutzten öffentlichen Zugangs- und Durchgangswege bzw. sein Grundstück gefilmt hat, in sein allgemeines eingegriffen.

Dieser Eingriff war auch rechtswidrig, weil im Rahmen einer Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen die persönlichkeitsrechtlichen Belange des Klägers überwiegen. Dabei kommt es letztlich nicht darauf an, ob es tatsächlich Angriffe des Klägers oder eines Dritten auf das Eigentum der Beklagten in Form von -Verschmutzungen oder Überklettern der Grundstücksmauer gab. Denn selbst wenn – in Unterstellung der betreffenden Ereignisse – die Beklagte ein berechtigtes Interesse daran haben sollte, ihr Grundstück zu überwachen, rechtfertigt dies unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der Mittel keine Überwachung fremder Grundstücke oder des öffentlichen Straßenraums vor bzw. hinter diesem Grundstück (vgl. BGH, Urt. v. 21.10.2011 – V ZR 265/10, juris Rn. 13). Ebenso ist für den unbeachtlich, ob die Kameras derzeit in einer Position betrieben werden, die den öffentlichen Raum bzw. das Grundstück des Klägers erfasst. Denn schon allein die aufgrund der früheren (unstreitigen) Filmaufnahmen dieser Bereiche besteht aus Sicht eines objektiven Dritten in der Position des Klägers die naheliegende Befürchtung, wiederum zum Gegenstand einer Überwachung der Beklagten zu werden, zumal die Kameras ausweislich der nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffenen Feststellungen des Landgerichts (vgl. Seite 3 UA) ohne manuelle Einwirkung, d.h. ohne sichtbare Einwirkung von außen, in ihrem Aufnahmebereich durch Betätigung der Zoomfunktion sowie durch Änderung der Winkeleinstellung verändert werden können.

Der damit bestehende Unterlassungsanspruch rechtfertigt auch die vom Kläger begehrte Rechtsfolge, nämlich die Entfernung der vier Kameras. Ein Störer kann im Rahmen eines Anspruchs aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB dann zu einer konkreten Maßnahme verurteilt werden, wenn allein diese Maßnahme den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet bzw. weitere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünftigerweise aber nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können (vgl. BGH, Urt. v. 12.12.2003 – V ZR 98/03, juris Rn. 15; BGH, Urt. v. 10.6.2005 – V ZR 251/04, juris Rn. 10). Vorliegend ist unter Zugrundelegung des unstreitigen Sachverhalts feststellbar, dass es neben der Entfernung der Kameras keine alternativen, für die Beklagten milderen Maßnahmen gibt, die die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers beseitigen.

Dabei kann dahinstehen, ob es – wie der Kläger geltend macht – aufgrund der technischen Besonderheiten der Kameras, nämlich der Verstellbarkeit ihrer Objektive bzw. der konkreten Position ihrer Montage, gar keine Möglichkeit gibt, eine und sodann dauerhafte Fixierung der Kameras so vorzunehmen, dass das klägerische Grundstück bzw. der öffentliche Raum nicht erfasst werden und diese Veränderung von außen kontrollierbar ist.

Denn maßgeblich ist vorliegend ein anderer Gedanke: Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers beruht auf dem Umstand, dass er sich einem sog. Überwachungsdruck ausgesetzt sieht. Dieser Überwachungsdruck resultiert zum einen daraus, dass die Beklagte in der Vergangenheit unstreitig sein Grundstück bzw. die öffentlichen Zugangs- und Durchgangswege mit den Kameras gefilmt hat. Zum anderen resultiert er daraus, dass die Kameras unstreitig dergestalt ausgestattet sind, dass ihre Einstellung (und damit der von einer Aufnahme erfasste Bereich) verändert werden kann, ohne dass dies in Art und Umfang von einem außenstehenden Beobachter verlässlich wahrgenommen werden könnte. Selbst wenn also ein Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis käme, dass die Kameras in einer bestimmten Position weder das Grundstück des Klägers noch öffentliche Wege filmen können, wäre der Kläger weiterhin der Ungewissheit ausgesetzt, ob die Beklagte die entsprechende Position der Kameras oder aber technische Vorrichtungen zur Begrenzung des Aufnahmewinkels „unmerklich“ wieder verändert hätte, so dass letztlich auch der Überwachungsdruck permanent bestehen bleibt. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte nicht nur eingeräumt hat, dass die Kameras – jedenfalls zu einem früheren Zeitpunkt – das Grundstück des Klägers bzw. die öffentlichen Zugangs- und Durchgangswege erfasst haben, sondern dass darüber hinaus das Verhältnis zwischen den Parteien durch nachbarschaftliche Auseinandersetzungen geprägt ist. Auch insofern ist es aus Sicht des Klägers nicht ganz fernliegend, dass die Beklagte die der Kameraanlage immanenten Möglichkeiten nutzen könnte, um ihn erneut zu überwachen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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