Der Bundesgerichtshof (I ZR 30/12) hat sich mit der Frage beschäftigt, welche Schriftgröße auf Schildern im Supermarkt noch „deutlich lesbar“ im Sinne der Preisangabenverordnung (PAngV) ist. Der BGH hat dabei entschieden, dass es nicht auf abstrakte Vorgaben ankommt, wie etwa das Einhalten einer konkreten Mindestschriftgröße. Abzustellen ist vielmehr auf das Gesamtbild und die Frage, ob der Verbraucher es unter normalen Umständen lesen kann:
Eine Preisangabe entspricht dann dem […] aufgestellten Gebot der deutlichen Lesbarkeit, das das Erfordernis der guten Lesbarkeit […] umsetzt, wenn sie von einem Verbraucher mit normaler Sehkraft aus angemessener Entfernung ohne Hilfsmittel und ohne Mühe gelesen werden kann […]. Die Frage, ob eine Angabe diese Voraussetzungen erfüllt, ist unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen, wobei neben der Schriftgröße auch das Druckbild, das heißt unter anderem die Wort und Zahlenanordnung, die Gliederung, das Papier, die Farbe sowie der Hintergrund von Bedeutung sind; außerdem ist der Abstand zu berücksichtigen, aus dem der Verbraucher die Angabe liest […]
Das bedeutet, es gibt keine Vorgaben mit konkreter Formel, die einzuhalten sind – etwa die DIN 1450 („Schriften Leserlichkeit“) findet keine Anwendung – sondern man nimmt eine Gesamtwürdigung aller Umstände vor. Hierbei hat sich im konkreten Fall ergeben, dass eine Schriftgröße von 2mm als ausreichend angesehen wurde, weil das Schild eine besondere Lesbarkeit geboten hat. Hierbei ist davon auszugehen,
[…] dass ein Verbraucher, der beim Einkauf Preise vergleichen will, die beanstandeten Grundpreisangaben der Beklagten aus einer Entfernung von 50 cm ohne weiteres lesen kann. Hierzu trägt der Umstand bei, dass die Grundpreise kontrastreich und in einem umrandeten Kästchen übersichtlich zusammengefasst dargestellt sind. Damit ist insgesamt gewährleistet, dass der Verbraucher, der vor den Regalen steht, die Grundpreise jedenfalls bei Waren ohne Mühe zur Kenntnis nehmen kann, die in den Supermärkten der Beklagten in den mittleren und oberen Fächern der Verkaufsregale angeboten werden.
Das ändert sich mit dem BGH auch nicht dadurch, dass manche Schilder unmittelbar oberhalb des Bodens angebracht sind und der Verbraucher sich bücken muss: Das wird er ohnehin tun, wenn er nach der Ware sieht, die Lesbarkeit wird nicht beeinträchtigt.
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