Sind die sogenannten „MFM-Tabellen“ im Rahmen der Lizenzanalogie grundsätzlich geeignet, um als Schadensersatzberechnung bei urheberrechtlichen Verletzungen, von denen Bilder betroffen sind, zu dienen?
Eine Erklärung der Begrifflichkeiten und rechtlichen Lage rund um die „MFM-Tabellen“. Am Ende des Beitrags findet sich eine aktuelle Darstellung der Kölner Rechtsprechung im Jahr 2024 zum Thema.
Zur unberechtigten Nutzung von Bildern („Fotoklau“) ebenfalls bei uns:
- Fotoklau: Welcher Gegenstandswert ist angemessen bei einer Abmahnung?
- Fotoklau: Zur Berechnung des Schadensersatzes bei Bilderklau
- Fotoklau: Schadensberechnung mit MFM-Tabellen?
- Urheberrechtsverletzung: Was ist die Lizenzanalogie?
- Fotoklau: 100% Aufschlag auf den Schadensersatz bei Nichtnennung des Urhebers (Verletzerzuschlag)
Wie kommen die MfM-Empfehlungen zustande?
Die MfM sagt dazu:
Grundlagen der BILDHONORARE sind die im Vorjahr gewonnenen Erfahrungen über die am Markt geforderten und im Allgemeinen erzielten Honorare, die in den Listen als Durchschnittswerte ausgewiesen werden. Der jeweilige Vorsitzende der MFM koordiniert die Sammlung der Informationen und gibt für die MFM die Marktübersicht BILDHONORARE als Verantwortlicher heraus.
Frage: Sind die MfM-Tabellen anwendbar?
Immer wieder Streitpunkt ist die Frage, ob die MFM-Tabellen im Zuge der Lizenzanalogie überhaupt heranzuziehen sind. Dazu soll ein Überblick gegeben werden.
BGH: Grundsätzliche Anwendbarkeit der MFM-Tabellen
Der Bundesgerichtshof (I ZR 266/02) sagte hierzu schon früh „Jein“. Denn es ist die Aufgabe des jeweiligen Richters, zu beurteilen, ob die Tabellen für den entsprechenden Zeitraum eine angemessene und übliche Lizenzgebühr für den betroffenen Zeitraum ergeben. Der Richter muss dabei den konkreten Fall ebenso im Auge haben, wie den Markt insgesamt. Eine grundsätzliche Geeignetheit hatte der BGH jedenfalls nicht in Abrede gestellt, jedoch war in dieser Sache das Gericht der Vorinstanz einfach davon ausgegangen und ist Gegenbeweisen nicht nachgegangen. Das war in diesem Fall zu wenig. Als Kernaussage konnte man dem BGH (dazu Aktenzeichen I ZR 68/08) durchaus kritisch zu den MFM-Tabellen entnehmen:
Es kann dahinstehen, ob die Empfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM-Empfehlungen), bei denen es sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weniger um eine Übersicht der marktüblichen Vergütungen für Bildnutzungsrechte als vielmehr eher um eine einseitige Festlegung der Anbieterseite handelt, branchenübliche Vergütungssätze enthalten […]
BGH, I ZR 68/08
Später im Jahr 2018 wurde der Bundesgerichtshof dann deutlicher und stellte klar:
Es erscheint bereits fraglich, ob die von der Mittelstandsvereinigung Fotomarketing, einer Interessenvertretung der Anbieterseite, einseitig erstellten MFM-Empfehlungen branchenübliche Vergütungssätze enthalten (…)
BGH, I ZR 187/17
Differenzierung zwischen Berufsfotografen und anderen Fotografen
Damit ergeben sich Einschränkungen bei der Anwendbarkeit, die das OLG Hamm (22 U 98/13) so auf den Punkt bringt:
Die MFM-Empfehlungen gehen auf Befragungen von Bildagenturen, Fotografen und Bildjournalisten zurück. Ziel der Erhebung ist es, eine marktgerechte Übersicht der Vergütungsverhältnisse von Bildnutzungsrechten wiederzugeben. Die MFM-Empfehlungen beruhen also auf den Erfahrungswerten professioneller Marktteilnehmer […] Die von einem Berufsfotografen erstellten Lichtbilder sind regelmäßig professionell hergestellt worden und weisen eine hohe Qualität auf. Hinzu kommt, dass die angesetzten Honorare die Einnahmen für die gewerbliche Tätigkeit der Fotografen darstellen; von diesen Zahlungseingängen müssen sie also auch sämtliche ihrer Betriebsausgaben bestreiten. Bei privat erstellten Lichtbildern bestehen dagegen zahlreiche Unterschiede. Zum einen weisen solche Fotos selten die Qualität von Bildern eines professionellen Fotografen auf. Oft fehlen die Erfahrung und auch die technische Ausstattung, um eine vergleichbare Qualität zu erzielen; es liegt auf der Hand, dass die Ergebnisse einer einfachen Kompakt-Digitalkamera, die von einem Amateur bedient wird, zu denen einer von einem erfahrenen Fotografen verwendeten professionellen Kamera, die ein Vielfaches kostet, deutliche Unterschiede aufweisen. Auch der vom Fotografen betriebene Aufwand ist oftmals deutlich geringer
Die Rechtsprechung sieht im Ergebnis damit jedenfalls im professionellen Verkehr grundsätzlich eine Geeignetheit (inzwischen auch durchgängig herrschende Meinung, nennenswerte Ausnahme war mal OLG Hamburg, 5 U 8/08 – wohl aber inzwischen überholt, siehe LG Hamburg, 308 O 23/11). Im Einzelfall können aber eben weiterhin auch Gründe gegen eine Anwendbarkeit sprechen – etwa wenn es um Fotografien geht, die nicht von Berufsfotografen erstellt wurden.
Keine Anwendung der MFM-Tabellen
Mit dem Bundesgerichtshof ist nunmehr klargestellt: Wenn es nicht um den professionellen Verkehr geht, wird die MfM-Tabelle dann nicht zur Anwendung gelangen können, da sie bestimmungsgemäß den betroffenen Markt gar nicht regelt.
Tätigkeit von Hobby-Fotografen
Eine Anwendbarkeit der MFM ist nicht anzunehmen, wenn kein Berufsfotograf sondern ein Hobby-Fotograf als Rechteinhaber betroffen ist (LG Köln, 137 C 53/12; LG Berlin, 16 S 9/08; AG Köln, 125 C 417/09 – andere Auffassung: AG Düsseldorf, 57 C 4889/10). Ebenso soll bei einer rein privaten Verwendung im Rahmen einer Kleinanzeige (hier ebay-Auktion) eine Anwendbarkeit mit dem OLG Braunschweig (2 U 7/11 – ebenso OLG Brandenburg, 6 U 37/08 und AG Köln, 125 C 417/09) ausgeschlossen sein. Insgesamt sollen die MFM-Tabellen bei der Bildernutzung durch Privatpersonen nicht anwendbar sein (LG Düsseldorf, 23 S 386/11).
Diese vorgenannte Rechtsprechung hat der BGH schlussendlich im Jahr 2018 bestätigt:
Jedenfalls ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nichts dafür ersichtlich, dass die MFM-Empfehlungen üblicherweise zur Bestimmung der Vergütung für eine Nutzung von Fotografien im Internet Anwendung finden, die nicht von professionellen Marktteilnehmern erstellt worden sind
BGH, I ZR 187/17
Gleichwohl kommt im Einzelfall eine Anwendung in Betracht.
Keine Anwendbarkeit bei Branchenunüblichkeit
Selbiges gilt, wenn eine Vergütung überhaupt vollkommen branchenunüblich ist (LG Bielefeld, 20 S 49/05). Das Landgericht Düsseldorf (23 S 66/12) dazu ausführlich:
Die MfM-Empfehlungen beruhen also auf den Erfahrungswerten professioneller Marktteilnehmer. Die im Verhältnis zwischen Privatleuten üblichen Vergütungen geben sie nicht wieder. Mithin können sie auch nicht als repräsentative Grundlage für eine einmalige Fotonutzung im Rahmen einer privaten Internetversteigerung dienen (vgl. Urteil der Kammer vom 30.05.2012, Az. 23 S 254/11; OLG Brandenburg, Urteil vom 03.02.2009, Az. 6 U 58/08, Rn. 36 zitiert nach juris; OLG Braunschweig, Urteil vom 08.02.2012, Az. 2 U 7/11, Rdn. 45 ff. zitiert nach juris). Hieran gemessen scheidet ein Rückgriff auf die MfM-Empfehlungen aus. Zwar hat der Kläger vorgebracht, dass er Berufsfotograf sei und in der Vergangenheit bereits mehrfach Lichtbilder, Designs sowie Logos für verschiedene Unternehmen angefertigt habe. Er hat jedoch auch vorgetragen, die streitgegenständlichen 14 Lichtbilder für eine private Versteigerung verwendet zu haben (vgl. Schriftsatz vom 08.07.2011, Bl. 175 d. A.). Zudem ist nicht erkennbar, dass er die für diese Privatversteigerung verwendeten Fotos ursprünglich für eine berufliche Verwendung erstellt hatte. Im Gegenteil: Die minderwertige Qualität der Lichtbilder, welche – wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat – aus mehreren Gründen nicht an professionelle Produktfotos heranreichen, spricht gegen eine beruflich bedingte Anfertigung. Mithin fehlt es an dem erforderlichen Zusammenhang zwischen der vermeintlichen Tätigkeit des Klägers als Berufsfotograf und der Erstellung der streitgegenständlichen Lichtbilder. Denn rein zu privaten Zwecken erstellte Fotos, die – wie hier – qualitativ nicht mit professionell angefertigten Lichtbildern vergleichbar sind, unterfallen auch dann nicht dem Anwendungsbereich der MfM-Empfehlungen, wenn es sich bei dem Lichtbildner (zufällig) um einen Berufungsfotografen handelt.
Und dann nochmals kurz und wohl passend zur übrigen Rechtsprechung:
Die MFM-Empfehlungen können lediglich im Verhältnis professioneller Marktteilnehmer herangezogen werden, d. h., wenn auf beiden Seiten Personen stehen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit gehandelt haben.
Wohl aber finden die MfM-Tabellen Anwendung bei gewerblichem Einsatz in einem Online-Shop (AG Köln, 125 C 28/10), in gewerblicher eBay-Auktion (LG Düsseldorf, 12 O 277/08) oder in einer Werbeanzeige (AG Düsseldorf, 57 C 8526/08).
Kostenlose Nutzungsmöglichkeit indiziert mangelnde Anwendbarkeit
Weiterhin führte das Landgericht Bochum (9 S 17/16) nachvollziehbar aus, dass das kostenlose Angebot der Nutzung eines Bildes ein Indiz dafür sein kann, dass man sonst auch nicht nach den MFM-Tabellen vergütet:
Der im Wege der Lizenzanalogie aufgemachte Schadensersatzanspruch (§ 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG n.F.) wegen unterlassener Urheberbenennung (§ 13 UrhG) ist hier nicht an den MFM-Sätzen zu orientieren, da vorliegend zu berücksichtigen ist, dass die unentgeltliche Lizensierung des betroffenen Fotos über # unter bloßer Urheberbenennungspflicht stark darauf hinweist, dass der Urheber im Verletzungszeitraum unter anderem dieses Foto nicht – schon gar nicht in nennenswertem Umfang – zu den MFM-Sätzen tatsächlich lizensieren konnte und lizensiert hat, sondern auf das dortige Geschäftsmodell mit unentgeltlicher Lizensierung unter Urheberbenennung ausweichen musste, z. B. um sich zunächst einen gewissen Ruf zu erwerben. Das führt bei Schadensschätzung nach § 287 ZPO nicht zur völligen Versagung eines Lizenzschadens wegen der unterlassenen Urheberbenennung, wohl aber zur Begrenzung auf den bei richterlicher Schadensschätzung angemessen erscheinenden Betrag von 100,00 EUR wegen unterlassener Urheberbenennung (vgl. AG Charlottenburg, Beschluss vom 26.01.2016 i. V. m. KG Berlin, Beschluss vom 07.12.2015, 24 U 111/15).
Eigene Lizenzsätze durch den Urheber in anderen Fällen berechnet
Ein weiteres Einfallstor für eine andere Berechnung ist es zudem, wenn der Rechteinhaber nachweislich andere Lizenzkosten in vergleichbaren Fällen verlangt. Dann sind eher seine üblichen Lizenzverträge heran zu ziehen (so etwa LG Kassel, 1 O 772/10; LG München, 21 T 21546/09). Das Landgericht Köln (14 O 88/14) führte dazu im Jahr 2016 aus:
Zwar kommt grundsätzlich auch dann, wenn der Verletzte eine Abrechnungspraxis nach den Honorarrichtlinien der Mittelstandsgemeinschaft-Foto-Marketing nicht nachweisen kann, die Bemessung des Schadensersatzanspruchs in Anlehnung an die Richtlinien der MFM in Betracht, sofern, wie vorliegend auch, von einem Berufsfotografen professionell erstellte Lichtbilder rechtswidrig genutzt wurden. Denn die Bildhonorar-Tabellen der Mittelstandsgemeinschaft Foto Marketing werden regelmäßig als in der Branche der Bildagenturen und freien Berufsfotografen übliche Regelung der Lizenzsätze für die gewerbliche Nutzung von Lichtbildern und deshalb als Ansatzpunkt für die richterliche Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO angesehen (vgl. BGH, GRUR 2006, 136 – Pressefotos; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2006, 393 – Informationsbroschüre; OLG Brandenburg, GRUR 2009, 413 – MFM – Bildhonorartabellen; OLG Braunschweig, GRUR-RR 2012, 920, 922).
Der Rückgriff auf solche Vergütungsrichtlinien verbietet sich jedoch dort, wo nachweislich die Schadensersatz begehrende Partei nach einem von ihr angebotenen Vergütungsmodell Lizenzverträge im fraglichen Zeitraum tatsächlich abgeschlossen hat. In einem solchen Fall ist dieses das Vergütungsmodell für die Bemessung des Lizenzschadenersatzes maßgeblich (vgl. BGH GRUR 1987, 36 (37) – Liedtextwiedergabe II; BGH GRUR 2009, 660 (663) Rn. 32 – Reseller-Vertrag; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2014, 55 – Schadensberechnung, zitiert nach juris Rn. 63). Dies gilt auch dann, wenn die Schadensersatz begehrende Partei nachträglich nicht mehr an den damals erzielten Lizenzgebühren festhalten will, weil sie ihr rückblickend zu niedrig erscheinen.
Abgrenzung MFM-Tabellen zu VG Bild & Kunst: Wann kommen die MfM-Tabellen, wann die Honorarempfehlung der VG Bild und Kunst in Frage?
Dazu das AG Düsseldorf (57 C 4889/10): Wenn „es sich bei dem Foto um ein Lichtbild im Sinne von § 72 UrhG und nicht um ein Lichtbildwerk gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG handelt, können bei der Bemessung des Schadens nicht die Honorarempfehlung der VG Bild und Kunst herangezogen werden.“ Beim AG Düsseldorf (57 C 4889/10) liest sich hierzu weiter:
Da es sich bei dem Foto um ein Lichtbild im Sinne von § 72 UrhG und nicht um ein Lichtbildwerk gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG handelt, können bei der Bemessung des Schadens nicht die Honorarempfehlung der VG Bild und Kunst herangezogen werden. Im Rahmen der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO ist allerdings die Preisliste der MFM eine geeignete Grundlage (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2006, 393). Diese Honorartabellen spiegeln dasjenige wieder, was die Verkehrssitte zwischen Bildagentur und freien Fotografen auf der einen Seite und Nutzern auf der anderen Seite entspricht. Soweit im Vorbringen der Beklagten die Auffassung anklingt, dass die Bildhonorare nicht einschlägig sein sollen, weil der Kläger Hobbyfotograf sei, trifft dies nicht zu. Maßgeblich ist nicht die berufliche Qualifikation als Fotograf, sondern die Qualität des Fotos. Dass das klägerische Foto von guter Qualität war, ergibt sich daraus, dass der Pressesprecher F der Beklagten zu 2) es aus einer Vielzahl von Fotos, die er nach eigenem Bekunden auf seinem Rechner gespeichert hat, ausgewählt hat, und die Beklagte zu 1) es für die Gestaltung ihrer Printanzeige als geeignet angesehen hat.
Sonderfragen zur Anwendung der MFM-Tabellen
Hinsichtlich der anzusetzenden zeitlichen Berechnungsgrundlage bei eBay-Auktionen kann man übrigens fragen, was gilt: Die Laufzeit der Auktion (meistens 3-10 Tage) oder die Sichtbarkeit der Auktion (eBay-Auktionen bleiben für 3 Monate zu sehen). Das Amtsgericht Köln (137 C 691/10, unter Verweis auf OLG Köln, 6 U 50/07) sagt, es kommt nur auf die Aktivzeit der Auktion an, also die Zeit, in der man mitbieten kann.
Mit dem Landgericht Köln (28 O 876/08) finden die MfM-Tabellen übrigens auch auf Flash-Präsentationen Anwendung:
Die Kammer zieht daher die MFM als Anhaltspunkt heran, auch wenn es vorliegend nicht um die unberechtigte Verwendung von Lichtbildern geht. Denn der Kläger kreierte mit seinen Flashs etwas Ähnliches wie ein Lichtbild, nämlich eine Momentaufnahme, die sodann zu einer Präsentation durch ihre Programmierung anwächst. Nach den MFM sind für die Nutzung eines Lichtbildes für ein Jahr im Rahmen eines Onlinedienstes für PR und Werbung 260,00 € zu veranschlagen. Da außer der Momentaufnahme des Flashs eine umfängliche Programmierung zu erfolgen hat, ist dieser Betrag nach der Auffassung der Kammer fast zu verdoppeln und es sind insgesamt 500,00 € als angemessene Lizenz pro Flash-Präsentation anzusetzen. Nur so wird man dem Fakt gerecht, dass es sich um ein offenbar aufwendiges Programm handelt. Es mussten Videos, Off-Text und aktive Inhalte durch den Kläger eingebunden werden. Durch die Kombination von Animation und Programmierung und die Einbindung von Sound- und Videodateien waren die Flash-Präsentationen besonders geeignet, komplexe Zusammenhänge interaktiv für die potentiellen Kunden des Vertriebs „begreifbar“ zu machen.
Bei einer Mehrfachverwendung ist an einen 50%igen Aufschlag zu denken (LG Düsseldorf, 12 O 416/06).
Fazit zur Anwendbarkeit der MFM-Tabellen bei Urheberrechtsverletzungen
Sehr gut zusammengefasst wird die Frage vom OLG Hamm, das sich so zur Anwendbarkeit geäußert hat:
Hieraus folgt, dass die jeweilige Honorarempfehlung der MFM im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO zwar als Ausgangspunkt verwendet werden kann. In einem zweiten Schritt ist jedoch eine Prüfung dahingehend vorzunehmen, ob das konkrete Lichtbild insgesamt als professionelles Werk anzusehen ist und tatsächlich am Markt entsprechende Preise erzielen könnte, oder ob bei einfacheren Bildern ein prozentualer Abschlag vorzunehmen ist. Eine schematische Übernahme der MFM-Empfehlungen scheidet im Streitfall vor diesem Hintergrund schon deshalb aus, weil sich die streitgegenständlichen Lichtbilder – bei denen es sich um äußerst simple Produktfotografien ohne jedwede Schaffenshöhe handelt – nach den Feststellungen des Sachverständigen X lediglich als semi-professionelle Arbeiten mit erheblichen Qualitätsmankos darstellen.
Zur unberechtigten Nutzung von Bildern („Fotoklau“) ebenfalls von mir:
- Fotoklau – Was ist zu tun?
- Fotoklau: Welcher Gegenstandswert ist angemessen bei einer Abmahnung?
- Fotoklau: Zur Berechnung des Schadensersatzes bei Bilderklau
- Fotoklau: Schadensberechnung mit MFM-Tabellen?
- Urheberrechtsverletzung: Was ist die Lizenzanalogie?
- Fotoklau: 100% Aufschlag auf den Schadensersatz bei Nichtnennung des Urhebers (Verletzerzuschlag)
Aktuelle Rechtsprechung des Landgerichts Köln zur Anwendbarkeit von MFM-Tabellen bei Lizenzschadensersatz
Anwendbarkeit der MFM-Tabellen bei der Berechnung des Lizenzschadensersatzes
Drei Urteile des Landgerichts Köln (14 O 60/23, 14 O 70/23 und 14 O 75/23) im Jahr 2024 behandeln die Frage der Anwendbarkeit der MFM-Tabellen (Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing) zur Berechnung des Lizenzschadensersatzes im Kontext von Urheberrechtsverletzungen durch die Zweitverwertung von Fotografien. Hierbei wurde in allen drei Entscheidungen klargestellt, dass die MFM-Tabellen in den vorliegenden Konstellationen nicht anwendbar sind.
Diese Entscheidungen des Landgerichts Köln zur Nichtanwendung der MFM-Tabellen bei einer Zweitverwertung von Fotografien sind in ihrer Einheitlichkeit recht bemerkenswert – werfen jedoch erhebliche Fragen zur Praktikabilität und Einheitlichkeit der Schadensbemessung auf. Während die Gerichte eine detaillierte Begründung für ihre Haltung liefern, bleibt offen, wie sich diese Rechtsprechung langfristig auf die Praxis und die Rechtssicherheit in der Fotobranche auswirken wird.
Urteil 14 O 60/23
In diesem Fall betonte das Gericht, dass die MFM-Tabellen nicht auf Zweitverwertungsfälle von Fotografen anwendbar sind. Diese Tabellen beziehen sich hauptsächlich auf die Erstverwertung von Fotografien. Das Gericht führte aus, dass keine eigene vorrangige Lizenzierungspraxis der Klägerin vorgetragen wurde, und daher die MFM-Tabellen keine geeignete Grundlage für die Schadensbemessung bieten. Stattdessen wurde ein Schadensersatzbetrag nach § 287 ZPO geschätzt, wobei ein Betrag von 100 Euro pro Bild, aufgrund fehlender Urheberbenennung verdoppelt auf 200 Euro, als angemessen betrachtet wurde
Urteil 14 O 75/23
Auch in diesem Verfahren wies das Gericht die Anwendung der MFM-Tabellen zurück. Es stellte klar, dass diese Tabellen nicht schematisch als branchenüblicher Vergütungssatz angewendet werden können, insbesondere nicht bei der Zweitverwertung. Die Entscheidung verwies auf eine frühere Entscheidung (14 O 15/20) und betonte weitere grundsätzliche Bedenken gegen die MFM-Tabellen. Wie im Fall 14 O 60/23 wurde der Schadensersatzbetrag analog zur „Foto eines Sportwagens“-Entscheidung des BGH auf 100 Euro geschätzt und wegen fehlender Urheberbenennung auf 200 Euro verdoppelt
Urteil 14 O 70/23
Dieses Urteil bestätigte die Linie der beiden anderen Entscheidungen. Auch hier wurden die MFM-Tabellen als nicht anwendbar erklärt, da sie lediglich für die Erstverwertung vorgesehen sind. Das Gericht wiederholte seine Kritik an der schematischen Anwendung der MFM-Tabellen und schätzte den Schadensersatz ebenfalls auf 100 Euro pro Bild, verdoppelt auf 200 Euro aufgrund fehlender Urheberbenennung
Kritische Analyse und praktische Implikationen
Die Entscheidungen des Landgerichts Köln zeigen eine einheitliche Linie bezüglich der Nichtanwendbarkeit der MFM-Tabellen auf Zweitverwertungsfälle. Diese Urteile werfen jedoch einige kritische Fragen auf:
- Praktikabilität und Transparenz: Die Ablehnung der MFM-Tabellen zugunsten einer Schätzung nach § 287 ZPO könnte zu weniger Transparenz und Vorhersehbarkeit in der Schadensbemessung führen. Unternehmen und Fotografen haben weniger Klarheit darüber, welche Summen im Falle einer Urheberrechtsverletzung erwartet werden können.
- Einheitliche Branchenstandards: Die MFM-Tabellen sind ein etablierter Branchenstandard. Ihre Nichtanwendung könnte zu einer Fragmentierung der Bewertungsmaßstäbe führen, was insbesondere für kleinere Unternehmen und Einzelunternehmer problematisch ist, die auf klare Richtlinien angewiesen sind.
- Praktische Auswirkungen auf die Werbung: Diese Entscheidungen könnten dazu führen, dass Unternehmen, wie Hotels, vorsichtiger bei der Nutzung von Fotografien mit urheberrechtlich geschützten Hintergründen (z.B. Fototapeten) werden. Dies könnte die Werbemöglichkeiten einschränken und zusätzliche Kosten für die Einholung von Lizenzen verursachen.
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