Es gibt wieder einmal einige interessante Urteile rund um das Fahrverbot und den Entzug der Fahrerlaubnis, auf die ich hier kurz aufmerksam machen möchte.
Das OLG Hamm (III-2 RBs 35/10) stellt wieder einmal klar, dass ein Urteil mit Verhängung eines Fahrverbots keinen Bestand hat, wenn das Urteil keine Feststellungen zu den persönlichen, insbesondere den beruflichen Verhältnissen des Betroffenen enthält. Hintergrund: Die Bewertung der Verhältnismäßigkeit ist nur mit diesen Faktoren möglich.
Interessant ist die Sache beim OLG Frankfurt a.M. (2 Ss-OWi 166/10), hier ging es um das fahrlässige Führen eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung berauschender Mittel – ja, sowas gibt es wirklich. Typischer Fall ist, dass der Betroffene die „Langzeitwirkung“ des berauschenden Mittels unterschätzt. Allerdings sind bestimmte Anforderungen an die Bejahung der Fahrlässigkeit zu stellen, keinesfalls darf aus einfachen Umständen (etwa der Tatsache, dass überhaupt etwas konsumiert wurde) eine Fahrlässigkeit konstruiert werden. Speziell wenn der zeitliche Abstand zwischen Konsum und Fahrt immer grösser wird, werden die Anforderungen an die Umstände immer höher, das OLG führt dazu aus:
An der Erkennbarkeit der fortwährenden Wirkung des Rauschgiftes kann es aber fehlen, wenn zwischen Drogenkonsum und Fahrt eine größere Zeitspanne liegt. Das ist in der Rechsprechung bei mehreren Tagen, aber auch schon bei einem Zeitraum von mehr als 28 Stunden oder 23 Stunden angenommen worden. In solchen Fällen muss der Tatrichter nähere Ausführungen dazu machen, aufgrund welcher Umstände der Betroffene hätte erkennen können, dass der Rauschmittelkonsum noch Auswirkungen haben konnte
Das ganze Thema ist übrigens nicht nur für den bewusst trinkenden und seinen Restalkohol von Interesse: Jeder der sich schon mal ein alkoholfreies Bier bestellt hat, ist sich hoffentlich im Klaren, dass man der Bedienung hier sprichwörtlich ausgeliefert ist. Aus eben dem Grund gibt es in guten Gaststätten beim alkoholfreien Bier auch die Flasche zum Getränk dazu.
Beim VG Mainz (3 L 655/10) ging es um den Entzug der Fahrerlaubnis bei einem Konsumenten, der nicht zwischen Fahren und Konsumieren trennen konnte:
Der Antragsteller konsumiert zumindest gelegentlich Cannabis. Gelegentlicher Konsum liegt vor, wenn er über den lediglich einmaligen, experimentellen Gebrauch hinaus geht und noch nicht das Stadium des regelmäßigen Konsums erreicht hat […] Der Antragsteller kann nicht zwischen dem Cannabiskonsum und dem Fahren trennen. An dem – für eine fortbestehende Fahrerlaubniseignung erforderlichen -Trennungsvermögen fehlt es, wenn der Betroffene unter verkehrsrechtlich relevantem Drogeneinfluss ein Fahrzeug führt, das heißt, wenn sein Blut entweder eine THC-Konzentration von über 2,0 ng/ml aufweist […] der wenn sein Blut über eine solche Konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml verfügt, sofern der Fahrer zusätzliche Auffälligkeiten zeigt, die im Allgemeinen Auswirkungen auf die Sicherheit des Straßenverkehrs haben können […]
Und zu guter Letzt der Hinweis auf das VG Bremen (5 V 458/10) das kurz und knapp feststellt:
Bei Alkoholabhängigkeit ist die Kraftfahreignung nach Nr. 8.4 der Anlage 4 zur FeV zu verneinen.
Sprich: Wer Alkoholabhängig ist, dem ist (zwingend!) die Fahrerlaubnis zu entziehen.
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