Fahrtenbuchauflage für den gesamten Fuhrpark

Ist eine Fahrtenbuchauflage für den gesamten Fuhrpark zulässig? Die Rechtsprechung zeigt, dass dies kritisch gesehen werden kann. Grundsätzlich gilt, dass sich eine Fahrtenbuchauflage durchaus auch auf andere Fahrzeuge eines Fahrzeugsparks einer Firma als das Tatfahrzeug erstrecken kann. Allerdings muss bei der Fahrtenbuchauflage immer das notwendige Ermessen ausgeübt werden.

Und eine ordnungsgemäße Ermessensausübung setzt in einem solchen Fall voraus, dass Art und Umfang des Fahrzeugsparks ermittelt werden, um abschätzen zu können, ob Verkehrsverfehlungen mit anderen Fahrzeugen des Halters auch zu befürchten sind.

Passsend dazu:

Ermessen bei Fahrtenbuchauflage bei Fuhrpark

Das VG Neustadt (3 L 22/15.NW) hat sich zur Fahrtenbuchauflage bei einem Fahrzeugpark geäußert:

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass bei unaufgeklärt gebliebenen Verkehrsverstößen mit verschiedenen auf einen Halter zugelassenen Firmenfahrzeugen die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage bezogen auf den gesamten Fahrzeugpark gerechtfertigt sein kann (…) Ist der Adressat einer Fahrtenbuchauflage gleichzeitig Halter mehrerer Fahrzeuge, so dürfen diese im Rahmen der ordnungsgemäßen Ermessensausübung der Behörde mit in die Fahrtenbuchauflage einbezogen werden, wenn aufgrund der Nutzungsgepflogenheiten des Halters auch mit anderen Fahrzeugen einschlägige Zuwiderhandlungen naheliegend und zu erwarten sind (…) Des Nachweises einer konkreten Gefahr weiterer Verkehrsverstöße bedarf es im Rahmen des § 31a StVZO nicht (…)

Da eine solche Anordnung aber im Verhältnis zur Einzelanordnung für ein jeweiliges Tatfahrzeug eine erhebliche Erweiterung darstellt, bedarf sie einer ihre Auswirkungen auf den betroffenen Halter bzw. Fahrzeugführer berücksichtigenden Verhältnismäßigkeitsprüfung. Voraussetzung für die Entscheidung ist dabei eine hinreichende Sachverhaltsaufklärung durch die anordnende Behörde, die hier vorgenommen wurde.

Die Entscheidung zeigt Verteidigungspotential bei einer Fahrtenbuchauflage für den gesamten Fuhrpark – darf aber nicht pauschal gewertet werden; vielmehr muss in jedem Einzelfall eine Abwägung stattfinden und es muss auch konkret geprüft werden, ob es etwa Fahrzeuge gibt, bei denen eine Wiederholung durch den unbekannten Fahrer ausgeschlossen ist. Hier bietet sich in jedem Einzelfall viel Potential zur Argumentation.

Gerade Fahrtenbuchauflagen können im gewerblichen Umfeld hinterfragt werden, aber eben nicht pauschal. Alleine dass damit Aufwand und Ärger verbunden sind heisst noch nichts. Wenn aber die Gesamtumstände dafür sprechen, dass die Behörde es sich zu leicht macht, sollte man die Sache abklopfen.

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Jens Ferner

Strafverteidiger

Wenige Fahrzeuge in langem Zeitraum betroffen

Auch das VG Mainz (3 L 298/12) hatte sich im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes mit einer Fahrtenbuchauflage für einen gesamten Fuhrpark eines Unternehmens beschäftigt. Hier war mit einem Fahrzeug eine (erhebliche) Geschwindigkeitsübertretung begangen worden, wobei sich der Fahrer nicht mehr ermitteln ließ. Die zuständige Behörde ordnete daraufhin an, dass für den gesamten Fuhrpark für die Dauer von 30 Monaten Fahrtenbücher zu führen sind. Begründung war u.a., dass im Zeitraum von 1998 bis 2011 vier mit Fahrzeugen aus dem Fuhrpark begangene Verkehrsverstöße nicht aufgeklärt werden konnten. Zugleich wurde die sofortige Vollziehung angeordnet, das heisst, unabhängig von einem zu führenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren musste die Auflage sofort umgesetzt werden.

Das Unternehmen wehrte sich, wobei es hier nun erst einmal nur um die Anordnung der sofortigen Vollziehung ging, die gekippt werden sollte. Bei der Frage, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtmäßig war, prüft das Gericht aber auch (summarisch, will heissen oberflächlich), inwiefern die Anordnung insgesamt Bedenken begegnen kann.

Dazu meinte das Verwaltungsgericht, dass jedenfalls alleine die vier Verstöße in der Vergangenheit als Begründung für eine Fahrtenbuchauflage hinsichtlich des gesamten Fuhrparks nicht ausreichen würden – zum einen, weil hier zum Teil schon (einzelne) Auflagen erfolgten, aber eben auch wegen der enormen betroffenen Zeitspanne. Auch musste sich die Behörde an ihrer eigenen Praxis festhalten lassen, Fahrtenbuchauflagen hinsichtlich 30 Monaten erst bei Verstößen ab 5 Punkten anzuordnen, die hier aber nicht zusammen gekommen sind. Gleichwohl muss betont werden, dass die Anordnung hinsichtlich des gesamten Fuhrparks keinen grundsätzlichen Bedenken begegnet, also grundsätzlich möglich ist – es kommt eben auf die Details an.

Rechtsanwalt Dieter Ferner (Fachanwalt für Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Dieter Ferner (Fachanwalt für Strafrecht)

Rechtsanwalt Dieter Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht und Anwalt in der Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf. Spezialgebiete von RA DF: Verkehrsstrafrecht, Kapitalstrafsachen, Drogendelikte, Sexualstrafrecht und Arbeitsstrafrecht.

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