Bußgeld im Sozialrecht: Voraussetzung einer Ordnungswidrigkeit nach § 63 Abs. 1 Nr. 4 SGB II ist, dass der Betroffene – sie es vorsätzlich oder fahrlässig – entgegen § 60 Abs. 2 S. 1 SGB II eine vorzunehmende Auskunft nicht erteilt. Das bedeutet nicht, dass die Verhängung eines Bußgelds jeweils voraussetzt, dass die materiellen Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs vom Amtsgericht im Einzelnen geprüft werden müssen. Vielmehr reicht es, festzustellen, dass der Verwaltungsakt, mit dem das Auskunftsbegehren geltend gemacht wird, bestandskräftig ist oder Rechtsbehelfe gegen ihn keine aufschiebende Wirkung haben:
Voraussetzung der Ordnungswidrigkeit ist, dass der Betroffene (vorsätzlich oder fahrlässig) entgegen § 60 Abs. 2 S. 1 SGB II eine Auskunft nicht erteilt. § 60 Abs. 2 S. 1 SGB II bestimmt, dass auf Verlangen der Agentur für Arbeit (bzw. des Jobcenters, vgl. §§ 44b Abs. 1 S. 2 und 3; 6 SGB II; OLG Hamm, Beschl. v. 12.04.2012 – III – 3 RBs 426/11 – juris) unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen Auskunft zu erteilen ist. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Verhängung eines Bußgelds nach § 63 Abs. 1 Nr. 4 SGB II jeweils voraussetzt, dass die materiellen Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs vom Amtsgericht im Einzelnen geprüft werden müssen. Vielmehr reicht (dies ist allerdings auch erforderlich), dass der Verwaltungsakt, mit dem das Auskunftsbegehren geltend gemacht wird, bestandskräftig ist oder Rechtsbehelfe gegen ihn keine aufschiebende Wirkung haben (OLG Hamm, Beschl. v. 12.04.2012 – III – 3 RBs 426/11 – juris; Wieser in: Adolph, SGB II, Stand: November 2019, § 63 Rdn. 12 – zitiert nach juris). Das ergibt sich aus der Verwaltungsakzessorietät der Bußgeldvorschrift, wonach sich die Zuwiderhandlung gegen die Auskunftspflicht als Ungehorsam gegen eine vollziehbare Verwaltungsentscheidung darstellen muss (OLG Hamm a.a.O.; Wieser a.a.O.; vgl. auch BGHSt 23, 86 ff.; OLG Hamm, Beschl. v. 13.12.2016 – 3 RVs 90/16 – juris). Die Verwaltungsakzessorietät der Bußgeldentscheidung zeigt sich im vorliegenden Fall an der Formulierung des § 60 Abs. 2 S. 1 SGB, wonach es eines Auskunftsersuchens der Bundesagentur für Arbeit bedarf. Die Auskunftspflicht entsteht nicht kraft Gesetzes, sondern nur auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers (Stachnow-Meyerhoff/G. Becker in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl., § 60 (Stand: 26.06.2017), § 60 Rdn. 31). Dementsprechend bedarf es in solchen Fällen für die Feststellung der Tatbestandsmäßigkeit der Ordnungswidrigkeit nach § 63 Abs. 1 Nr. 4 SGB II regelmäßig lediglich der Feststellung, dass ein nicht mehr anfechtbarer (oder vorläufig vollziehbarer) Verwaltungsakt auf Auskunft erlassen worden ist, der nicht nichtig (vgl. § 44 VwVfG) ist (OLG Hamm a.a.O.; Wieser a.a.O.).
Weiter bedarf es der Feststellung, dass der oder die Betroffene einer solchen Auskunftsanordnung vorsätzlich oder fahrlässig keine Folge geleistet hat. Der Rechtsschutz des bzw. der Betroffenen wird hierdurch nicht beschnitten. Gegen den Auskunftsverwaltungsakt kann er sich mit den verwaltungsrechtlichen Rechtsbehelfen und ggf. durch eine Anfechtungsklage zur Wehr setzen und – im Falle des Erfolges – so auch die ordnungswidrigkeitenrechtliche Ahndung verhindern. Wollte man eine jeweils vollständige, voneinander unabhängige Rechtmäßigkeitsprüfung zulassen, so bestünde letztlich auch die Gefahr, dass das sachfernere Gericht der Bußgeldsache, zu einer gegenüber dem sachnäheren Sozialgericht abweichenden Entscheidung käme.
Oberlandesgericht Hamm, 4 RBs 47/20
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