Das OLG Hamm (4 U 145/11) hat sich mit der Widerrufsbelehrung bei eBay auseinandergesetzt und in der Kürze festgestellt, dass eine unmittelbar nach Auktionsende versendete Widerrufsbelehrung ausreicht, um die 14-tägige Widerrufsfrist in Gang zu setzen und die 1-Monatige Frist zu vermeiden.
Wer mag, kann nun aufhören zu lesen. Im Detail aber ergeben sich beim OLG Hamm weitere Fragen.
Bisher steht nur die Pressemitteilung zur Verfügung, es bleibt abzuwarten, was in den Urteilsgründen zu lesen ist. Vorspiel für die Entscheidung des OLG Hamm war die Entscheidung des LG Dortmund (20 O 19/11, hier ausführlich besprochen), in der wohl festgestellt wurde, dass ein Vertrag bei eBay bereits bei Abgabe des höchsten Gebotes, nicht erst bei Auktionsende zu Stande kommt. Ich habe bereits ausführlich dargestellt, warum diese Ansicht falsch ist.
Das Problem beim OLG Hamm ist in der Pressemitteilung nun folgender Satz:
Die unmittelbar im Anschluss an das Auktionsende übermittelte Widerrufsbelehrung sei in diesem Sinne „unverzüglich nach Vertragsschluss“ erfolgt, auch wenn der Vertrag bereits mehr als 49 h zuvor mit Abgabe des Höchstgebots zustande gekommen […] sei.
Der Verfasser der Pressemitteilung ist Richter – dazu muss man wissen, das Richter nicht zufällig den Konjunktiv (hier: „sei“, nicht „ist“ am Ende) nutzen, sondern immer dann, wenn Sie eine Auffassung wiedergeben, sich dieser aber eben nicht ausdrücklich anschließen. Das mag hier Zufall sein, ich glaube daran aber nicht. Insofern ist es auch kritisch zu sehen, dass juristische Nachrichtendienste bereits den Fehler begehen, hier einfach „sei“ durch „ist“ zu ersetzen. Ich denke vielmehr, dass das OLG Hamm letztlich gar nicht entschieden hat, wann der Vertragsschluss genau zu Stande gekommen ist. Das ist eine recht beliebte Arbeitsweise bei Juristen: Wenn zwei Annahmen zum gleichen Ergebnis führen, muss man sich nicht für eine Annahme entscheiden – und so könnte es auch hier sein.
Ich rechne derzeit damit, dass das OLG Hamm zum Ende der eBay-Auktion gerade nichts gesagt hat. Vielmehr stellte man fest, dass bei Vertragsschluss bei Auktionsende ohnehin kein Problem bestünde. Bei Vertragsschluss vor Auktionsende dagegen wäre die Erfüllung der Pflicht zur Widerrufsbelehrung dagegen unmöglich, da der Vertragspartner ja noch gar nicht bekannt sei. Letztlich läuft es also daher immer darauf hinaus: Beginn der Pflicht zur Widerrufsbelehrung erst mit Auktionsende, gleich ob dort auch der endgültige Vertragsschluss liegt.
Letztlich bleibt abzuwarten, wie die Entscheidungsgründe ausfallen. Wäre hier die Chance vertan worden, obergerichtlich die Frage des Zeitpunkts des Vertragsschlusses zu klären, wäre dies sicherlich schade – aktuell aber die bessere Alternative als das Ergebnis, schon bei Gebotsabgabe einen Vertragsschluss zu sehen.
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