Der Große Senat für Strafsachen des BGH hat im Anschluss an die Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der lebenslangen Freiheitsstrafe entschieden, dass bei einer Tötung in heimtückischer Begehungsweise stets ein Schuldspruch wegen Mordes zu erfolgen hat und lediglich beim Vorliegen außergewöhnlicher mildernder Umstände eine Strafrahmenverschiebung in entsprechender Anwendung von § 49 Abs. 1 StGB in Betracht kommt. Dabei führt der BGH (5 StR 219/20) zur Strafzumessung aus:
Die verfassungskonforme Rechtsanwendung gebiete die Ersetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe durch einen für Strafzumessungserwägungen offenen Strafrahmen, wenn die Tatmodalität der heimtückischen Begehungsweise mit Entlastungsmomenten zusammentreffe, die zwar nicht nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung zu einer milderen Strafdrohung führten, auf Grund welcher die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe aber als mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbar erscheine.
Dazu gehörten etwa in großer Verzweiflung begangene oder aus gerechtem Zorn auf Grund einer schweren Provokation verübte Taten, ebenso Taten, die in einem vom Opfer verursachten und ständig neu angefachten, zermürbenden Konflikt oder in schweren Kränkungen des Täters durch das Opfer, die das Gemüt immer wieder heftig bewegen, ihren Grund hätten. Allerdings könne nicht jeder Entlastungsfaktor, der nach § 213 StGB zur Annahme eines minder schweren Falles zu führen vermöge, genügen. Vielmehr könne das Gewicht des Mordmerkmals der Heimtücke nur durch Entlastungsfaktoren, die den Charakter außergewöhnlicher Umstände haben, so verringert werden, dass jener „Grenzfall“ (…) eintrete, in welchem die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe trotz der Schwere des tatbestandsmäßigen Unrechts wegen erheblich geminderter Schuld unverhältnismäßig wäre.
GSSt 1/81 und 5 StR 219/20
Der Bundesgerichtshof hat in der Folge diese Maßstäbe weiter konkretisiert und dabei insbesondere betont, dass auf die vom Großen Senat für Strafsachen im Wege verfassungskonformer Rechtsanwendung eröffnete Möglichkeit, anstatt der an sich verwirkten lebenslangen Freiheitsstrafe eine Strafe aus dem in analoger Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB bestimmten Strafrahmen zuzumessen, nicht voreilig ausgewichen werden dürfe.
Der Beschluss des Großen Senats für Strafsachen hat nichts daran geändert, dass im Regelfall für eine heimtückisch begangene Tötung auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen ist:
Durch die Entscheidung wurde nicht allgemein ein Sonderstrafrahmen für minder schwere Fälle eingeführt. Die in dem Beschluss entwickelten Grundsätze für die Anwendung des gemilderten Strafrahmens betreffen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr nur solche Fälle, in denen das Täterverschulden soviel geringer ist, dass die Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe das verfassungsrechtliche Gebot schuldangemessenen Strafens missachten würde. Es müssen deshalb schuldmindernde Umstände besonderer Art vorliegen, die in ihrer Gewichtung gesetzlichen Milderungsgründen vergleichbar sind (…). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat der Tatrichter aufgrund einer umfassenden Würdigung der Tat sowie der zu ihr hinführenden Umstände zu prüfen (…)
BGH, 5 StR 219/20
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