Beim Amtsgericht Hamburg (18b C 500/19) ging es um die Wirksamkeit einer Abmahnung bei unzutreffender Information des Abgemahnten über beanstandete Rechtsverletzung, wobei das Gericht hervorgehoben hat, dass das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken die an Abmahnungen zu stellenden formalen Anforderungen erhöht und dies auch sprachlich dadurch zum Ausdruck gebracht hat, dass im Einleitungssatz des § 97a Abs. 2 UrhG betont wird, dass die Abmahnung „in klarer und verständlicher Weise“ zu erfolgen hat, und zusätzlich gem. § 97a Abs. 2 Nr. 2 UrhG „die Rechtsverletzung genau (zu) bezeichnen“ ist. Eine Abmahnung die dem nicht genügt, ist kritisch zu sehen.
Hier ging es um eine Computergrafik, die Gegenstand der Abmahnung war:
Fotos (im herkömmlichen Sinne) genießen praktisch ausnahmslos urheberechtlichen Schutz gem. § 72 UrhG, wenn nur ein Minimum eigener Leistung gegeben ist. Insoweit bedarf es also nicht einer bestimmten Gestaltungshöhe o.ä.. Demgegenüber genießen Computergrafiken nur dann einen vergleichbaren Schutz, wenn es sich um Werke der bildenden Künste (einschließlich solche der angewandten Kunst) handelt. Dabei ist für ein Werk der bildenden Kunst eine persönliche geistige Schöpfung gem. § 2 Abs. 2 UrhG erforderlich.
Eine persönliche geistige Schöpfung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Schöpfung individueller Prägung, deren ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht hat, dass nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauung einigermaßen vertrauten Kreise von einer „künstlerischen“ Leistung gesprochen werden kann (BGH vom 13.11.2013, Az: I ZR 143/12 (Geburtstagszug), zitiert nach juris; BGH vom 1.06.2011, I ZR 140/09 (Lernspiele), zitiert nach juris; BGH vom 12.05.2011 – I ZR 53/10 (Seilzirkus), zitiert nach juris). Bei einer Computergrafik ist die Schutzfähigkeit des Werkes also das Ergebnis einer – zuweilen schwierigen – Prüfung, während die Schutzfähigkeit eines Fotos – abgesehen von außergewöhnlichen Konstellationen – nur die Urheberschaft voraussetzt.
Der Abmahner aber sprach ständig von einem „Foto„, was das Gericht als nicht ausreichend empfunden hat:
Der Empfänger der streitgegenständlichen Abmahnung wird somit durch die dort wiederholt ausdrücklich aufgestellte, unzutreffende (tatsächliche) Behauptung, dass es sich um ein Foto handelt, unrichtig über das geschützte Rechtsgut und damit den Schutzumfang informiert, zugleich wird die Anforderung einer genauen Bezeichnung der Urheberrechtsverletzung (§ 97a Abs. 2 Nr. 2 UrhG) missachtet.
Eine Recherche des Verletzers, die heute regelmäßig zunächst über Internet-Suchmaschinen erfolgt, würde aus diesem Grunde regelmäßig zu unrichtigen Ergebnissen kommen und deshalb ggf. auch zu einer voreiligen und damit „falschen“ Reaktion des Abgemahnten führen. Bei Fotos, wo Bestand und Umfang des urheberrechtlichen Schutzes – praktisch ausnahmslos – eindeutig sind, macht die kostenträchtige Einschaltung eines Rechtsanwalts zur Prüfung des Vorliegens einer Urheberrechtsverletzung wenig Sinn, während die Rechtslage bei Computerbildern verlässlich nur unter Hinzuziehung eines – ggf. spezialisierten – Rechtsanwalts beurteilt werden kann.Randnummer37
Für das Amtsgericht wurde damit im Ergebnis die von § 97a Abs. 2 UrhG bezweckte und durch das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken verstärkte Warn- und Informationsfunktion nicht, jedenfalls nicht im gesetzlich geforderten Umfang, erfüllt.
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