In einer interessant zu lesenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20. März 2024, Aktenzeichen 6 StR 572/23, wurde ein Urteil des Landgerichts Hildesheim aufgehoben, das einen Angeklagten unter anderem wegen Raubes verurteilte.
Der BGH setzte sich dabei intensiv mit der Anforderung einer „finalen Verknüpfung“ zwischen Nötigungsmittel und Wegnahme beim Raub auseinander.
Sachverhalt
Der Angeklagte hatte einen anderen Mann körperlich angegriffen, indem er ihn schlug und ihm eine Kopfnuss gab, nachdem er ihn zuvor gefragt hatte, ob er Geld bei sich führe. Nachdem der Geschädigte seine Geldbörse hervorholte, entnahm der Angeklagte 20 Euro. Der Geschädigte war zu diesem Zeitpunkt verängstigt durch den vorangegangenen Angriff.
Rechtliche Würdigung
Das Landgericht Hildesheim verurteilte den Angeklagten wegen Raubes. Der BGH hob jedoch diese Entscheidung auf, da die erforderliche finale Verknüpfung zwischen dem Einsatz des Nötigungsmittels (Gewalt) und der Wegnahme des Geldes nicht hinreichend nachgewiesen wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH muss die Gewalt oder Drohung gezielt eingesetzt werden, um die Wegnahme zu ermöglichen. Der BGH stellte fest, dass es ebenso möglich sei, dass der Angeklagte zunächst nicht die Absicht hatte, das Geld zu nehmen, sondern es lediglich eine nachträgliche Entscheidung war. Die fortwährende Verängstigung des Opfers allein genüge nicht, um den Tatbestand des Raubes zu erfüllen, ohne dass eine aktualisierte Drohung der Gewaltanwendung vorliegt.
Bedeutung der Entscheidung
Diese Entscheidung verdeutlicht die strengen Anforderungen, die an den Nachweis eines Raubes gestellt werden. Insbesondere betont der BGH, dass das bloße Ausnutzen der durch frühere Gewaltanwendung entstandenen Verängstigung des Opfers ohne eine erneute, auf die Wegnahme bezogene Nötigungshandlung nicht ausreicht, um einen Raub anzunehmen. Die finale Verknüpfung erfordert eine explizite oder implizite Drohung mit weiterer Gewalt, die unmittelbar der Ermöglichung der Wegnahme dient.
Fazit
Der Beschluss des BGH stärkt die Rechtspositionen von Angeklagten, indem er klare Grenzen dafür setzt, wann eine Handlung als Raub zu qualifizieren ist. Dies schützt Bürger davor, für Raubdelikte verurteilt zu werden, wenn die elementare Verbindung zwischen Gewaltanwendung und Wegnahme nicht eindeutig nachweisbar ist.
Der Fall wird nun zur Neuverhandlung an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen, die die bisherigen Feststellungen und rechtlichen Beurteilungen überprüfen wird.
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