Das jede einzelne fehlerhafte Handlung gegenüber einem Kunden zu einer ABmahnung führen kann hatte ich bereits dargestellt – nun konnte das OLG München (29 U 3285/16) klarstellen, dass die Nennung eines zu hohen Rechnungsbetrages nicht nur eine geschäftliche Handlung im Sinne des UWG darstellt, sondern dies – wenn ein vereinbarter Rabatt nicht berücksichtigt wurde – auch noch geeignet ist, den Rechnungsempfänger über den Preis zu täuschen, so dass ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch besteht:
Die Ausweisung des zu hohen Rechnungsbetrags stellt eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG bedeutet „geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Bei der Ausweisung des zu hohen Rechnungsbetrags handelt es sich um ein Verhalten der Beklagten zugunsten ihres eigenen Unternehmens nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Durchführung eines Vertrags über Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Die Geltendmachung von Erfüllungsansprüchen gegen den Vertragspartner, insbesondere von Zahlungsansprüchen, durch den Unternehmer steht stets in einem objektiven Zusammenhang mit der Vertragsdurchführung (…) Die Nichtberücksichtigung des vereinbarten Rabattes in der Rechnung ist geeignet, den Rechnungsempfänger und damit den Verbraucher über den Preis der Telekommunikationsleistungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG zu täuschen. Sie ist auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung, nämlich der Zahlung des überhöhten Rechnungsbetrages, zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Die Entscheidung verdeutlicht sehr nachdrücklich das inzwischen bestehende wettbewerbliche Risiko bei fehlerhaftem Handeln: Was bis vor einiger Zeit vielleicht noch als schlichtes Versehen durchgegangen wäre ist heute ein ernstzunehmender Wettbewerbsverstoss. Damit steht nicht nur im Fall einer fehlerhaften Rechnung bei Nichtberücksichtigung eingeräumter Rabatte eine Abmahnung im Raum, die ja bereits Kosten auslöst: Vielmehr muss gesehen werden, dass es hier um einen Vorgang geht, der im Zuge von Massengeschäften durchaus hin und wieder aufkommen kann. Wer dann vorschnell eine Unterlassungserklärung samt Vertragsstrafe abgibt, sieht sich einem fortwährenden kostenträchtigen Risiko in seinem Betrieb ausgesetzt. Wobei noch verschärfend hinzukommt, dass nicht nur individuell ausgehandelte Rabatte eine Rolle spielen dürften, sondern auch allgemein werblich versprochene Rabatte, die im Einzelfall tatsächlich versehentlich untergingen.
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