Werbung mit Garantien (2023)

Werbung mit Garantien ist heikel – Die OLG-Rechtsprechung hatte früher noch die Auffassung vertreten, dass ein wegen der Werbung mit Garantien geltend gemachter seine Grundlage jedenfalls in §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1, 3a UWG i.V.m. der als Marktverhaltensregelung anzusehenden Vorschrift des § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB finde. Eine besondere werbliche Hervorhebung der Garantie war danach weder nach dem Wortlaut der Regelung noch nach ihrem Sinn und Zweck, den Verbraucher möglichst umfassend über das Für und Wider eines Vertragsschlusses zu informieren, erforderlich, um den Anwendungsbereich der genannten Regelung zu eröffnen.

Es könne daher dahinstehen, ob § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB den Verkäufer einer Ware jedenfalls dazu verpflichte, sich aktiv nach dem Bestehen von (Hersteller-)Garantien für die angebotene Ware zu erkundigen, um seine Kunden sodann über diese Garantien näher informieren zu können. Die Informationspflicht des Verkäufers greife nach ihrem Sinn und Zweck jedenfalls dann ein, wenn das Warenangebot einen – wie auch immer gearteten – Hinweis auf das Bestehen einer Garantie enthalte.

Dies ist jedoch durch die Rechtsprechung des EuGH und des BGH überholt: Danach kommt ein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 3 Abs. 1, § 3a UWG i.V.m. § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB a. F. (seit 28.05.2022 Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 EGBGB n. F.) bzw. nunmehr (BGH, I ZR 143/19) § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 1 UWG i. V. m. § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB a. F. (seit dem 28.05.2022 Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 EGBGB n. F.) wegen Verletzung einer vorvertraglichen Informationspflicht über die vom Hersteller angebotene Herstellergarantie nur unter bestimmten Voraussetzungen in Betracht.

Denn eine solche Informationspflicht wird nicht schon durch das bloße Bestehen einer solchen Garantie ausgelöst, sondern nur dann, wenn der Verbraucher ein berechtigtes Interesse daran hat, Informationen über die Garantie zu erhalten, um entscheiden zu können, ob er sich vertraglich an den Unternehmer binden will.

Ein solches berechtigtes Interesse liegt insbesondere dann vor, wenn der Unternehmer die Herstellergarantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht. In einem solchen Fall weist der Gewerbetreibende den Verbraucher ausdrücklich auf das Bestehen einer gewerblichen Garantie des Herstellers hin, um daraus ein Verkaufs- oder Werbeargument abzuleiten und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit oder Attraktivität seines Angebots gegenüber den Angeboten seiner Mitbewerber zu verbessern, und es ist zum Schutz des Verbrauchers zu vermeiden, dass dieser durch unklare, missverständliche oder unvollständige Informationen über die verschiedenen bestehenden Garantien und ihr Zusammenwirken irregeführt wird, und sicherzustellen, dass der Verbraucher erkennt, dass die Garantie vom Hersteller und nicht vom Gewerbetreibenden stammt.

Wird dagegen in dem Angebot des Gewerbetreibenden auf die gewerbliche Garantie des Herstellers nur beiläufig oder in einer unbedeutenden oder zu vernachlässigenden Weise Bezug genommen, so dass diese Bezugnahme in Anbetracht des Inhalts und der Aufmachung des Angebots objektiv weder als Verkaufsargument betrachtet werden noch beim Verbraucher einen hervorrufen kann, so kann der Gewerbetreibende allein aufgrund dieser Bezugnahme nicht verpflichtet sein, dem Verbraucher vorvertragliche Informationen über die Garantie zu erteilen.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die gewerbliche Garantie des Herstellers ein zentrales oder entscheidendes Merkmal des Angebots des Gewerbetreibenden ist, sind der Inhalt und die allgemeine Präsentation des Angebots in Bezug auf die betreffende Ware, die Bedeutung der Erwähnung der gewerblichen Garantie des Herstellers als Verkaufs- oder Werbeargument, die Platzierung der Erwähnung der Garantie im Angebot und die Gefahr von Irrtümern oder Verwechslungen zu berücksichtigen, die Irreführung oder Verwirrung, die ein solcher Hinweis bei einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher hinsichtlich der verschiedenen Gewährleistungsrechte, die er in Anspruch nehmen kann, oder hinsichtlich der wahren Identität des Garantiegebers hervorrufen kann, das Vorhandensein von Erläuterungen zu anderen mit der Ware verbundenen Garantien im Angebot und jeder andere Gesichtspunkt, der ein objektives Schutzbedürfnis des Verbrauchers begründen kann (EuGH, C-179/21 und BGH, I ZR 241/19).

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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