Betriebsprüfung: Wie viele Anschlussprüfungen sind bei Freiberufler zulässig?

Eine dritte Anschlussprüfung ist bei einem Freiberufler zulässig, falls keine Ermessensfehler bei der Anordnung vorliegen und insbesondere nicht gegen das Willkürverbot oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen wird. Das hat der Bundesfinanzhof (VIII B 130/20) klargestellt.

Weder der (AO) noch der Betriebsprüfungsordnung (BpO 2000) – so der BFH – kann entnommen werden, dass Außenprüfungen nur in einem bestimmten Turnus oder mit zeitlichen Abständen zulässig sind. Bei der Anordnung einer dritten Anschlussprüfung ist darauf abzustellen, ob die Finanzbehörde ihr Ermessen angesichts der Umstände im Einzelfall fehlerhaft ausgeübt hat:

Ob und in welchem Umfang bei einem Steuerpflichtigen nach § 193 AO eine angeordnet wird, ist eine Ermessensentscheidung, die vom Gericht nach § 102 FGO nur darauf zu überprüfen ist, ob die gesetzlichen Grenzen der Ermessensvorschrift eingehalten wurden und ob die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen unter Beachtung des Gesetzeszweckes (§ 5 AO) fehlerfrei ausgeübt hat (z.B. BFH-Urteil in BFHE 254, 203, BStBl II 2017, 25, m.w.N.).

Die Frage, ob die Finanzbehörde bei Anordnung einer zweiten oder auch dritten Anschlussprüfung ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, ist anhand aller Umstände des Einzelfalls zu überprüfen und deshalb nicht im Allgemeininteresse klärungsfähig (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 297, zur zweiten Anschlussprüfung). Daher lassen sich für den Erlass einer Prüfungsanordnung auch keine konkreten und allgemeingültigen Maßstäbe zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit und Beachtung des Willkür- und Schikaneverbots entwickeln (BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 748). Gleiches gilt für die Frage, ob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt –FA–) die Ausübung des Auswahlermessens im Streitfall konkreter hätte begründen müssen bzw. ob aufgrund der lückenlosen Anordnung von Anschlussprüfungen nach den Umständen des Streitfalls eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung i.S. des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes vorliegt (vgl. BFH-Beschluss vom 13.12.2018 – VIII B 114/18, BFH/NV 2019, 385).

Der Beschluss des BFH fasst die Grundsätze hinsichtlich der Anordnung von Anschlussprüfungen – insbesondere im Zusammenhang mit dem Willkür- und Schikaneverbot – zusammen:

 Die Frage, ob die Finanzbehörde bei der Anordnung einer dritten Anschlussprüfung ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, ist jeweils nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls zu beantworten. Dabei kann zwar auch der Größenklasse des geprüften Betriebes Bedeutung zukommen (vgl. BFH-Beschluss vom 22.12.2011 – VIII B 251/09, BFH/NV 2012, 443). Allerdings ist auch eine aus Sicht des Finanzamts bestehende Prüfungsbedürftigkeit des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. Diese war –wie sich insbesondere aus den Darlegungen auf S. 16 bis 18 des Urteils ergibt– auch nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) gegeben.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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