Beim Oberlandesgericht Düsseldorf (I-20 U 208/13) ging es um einen Klassiker im Werberecht: Die Werbung mit einem „Testergebnis“ im weitesten Sinne, hier die Angabe „TÜV geprüft“. Dabei hatte sich eine Apotheke ihr Qualitätsmanagement nach ISO 9001 „zertifizieren“ lassen um danach umfassend damit zu werben, sie sei „TÜV geprüft“. Eine Angabe dahin gehend, in welche Richtung diese TÜV-Prüfung stattgefunden hat, war nicht gegeben – und eben das war dann im Ergebnis unzulässig.
Hinweis: Beachten Sie dazu unsere umfassende Übersicht zur Werbung mit Testergebnissen!
Werbung mit „TÜV geprüft“ nur bei Informationen zur Zertifizierung
Im Fazit kommt das OLG zu Recht zu dem Ergebnis, dass bei Werbung mit Zertifizierungen klar anzugeben ist, woher diese stammen und worauf sie sich beziehen. Dabei verlangt das OLG am Ende auf Webseite gar, dass sämtliche Zertifizierungsunterlagen verlinkt werden. Insoweit kommt die Rechtsprechung zur Anwendung, mit der bei Testergebnissen immer eine Fundstelle angegeben werden muss, damit der Verbraucher sich selber ein Bild von dem Test und dessen Aussagekraft machen kann. Diesbezüglich beinhaltet die Entscheidung dann auch nichts Neues.
Es bleibt somit dabei: Wer mit Testergebnissen oder eben Zertifikaten wirbt, der muss Details zu den Grundlagen mitliefern, sei es in Angabe einer Fundstelle oder eben Verlinkung sämtlicher Unterlagen die zur Zertifizierung gehören.
Aus der Entscheidung
Gemäß § 5a Abs. 2 UWG handelt unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist. Der Werbende hat die Informationen offenzulegen, die für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers erhebliches Gewicht haben und deren Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann (BGH, GRUR 2012, 1275 Rn. 36 – Zweigstellenbriefbogen). Bei der Beurteilung, ob das Verschweigen einer Tatsache irreführend ist, sind insbesondere deren Bedeutung für die geschäftliche Entscheidung nach der Verkehrsauffassung sowie die Eignung des Verschweigens zur Beeinflussung der Entscheidung zu berücksichtigen, § 5a Abs. 1 UWG. Eine Irreführung durch Verschweigen ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der verschwiegenen Tatsache nach der Auffassung des Verkehrs eine besondere Bedeutung zukommt, so dass das Verschweigen geeignet ist, das Publikum in relevanter Weise irrezuführen, also seine Entschließung zu beeinflussen; die zu § 5 UWG entwickelte Rechtsprechung ist auf den nunmehr geltenden § 5a UWG übertragbar (BGH, GRUR 2011, 846 Rn. 21 – Kein Telekom-Anschluss nötig). Die Feststellung der Verkehrsauffassung obliegt bei einer an die Allgemeinheit gerichteten Werbung dem Tatrichter, er ist hierzu als Teil dieser Allgemeinheit regelmäßig ohne weiteres in der Lage (BGH, GRUR 2002, 550, 552 – Elternbriefe, zu § 5 UWG).
Die Angabe, wie die dem Hinweis „TÜV-geprüft“ zugrunde liegenden Informationen zu erhalten sind, ist für die Entscheidung des Verbrauchers wesentlich. Zertifizierungen neutraler Stellen haben für die Entscheidung des Verbrauchers besondere Bedeutung. Insoweit gilt für einen Hinweis wie „TÜV-geprüft“ nichts anderes, als für die Werbung mit einem Testergebnis. Für die Werbung mit Testergebnissen ist anerkannt, dass die Fundstellenangabe dem Gebot der fachlichen Sorgfalt entspricht, weil ihr Fehlen die Möglichkeit des Verbrauchers, die testbezogene Werbung zu prüfen und insbesondere in den Gesamtzusammenhang des Tests einzuordnen und damit seine Fähigkeit, eine informierte geschäftliche Entscheidung im Sinne des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/ EG zu treffen, spürbar beeinträchtigt (BGH, GRUR 2010, 248 Rn. 32 – Kamerakauf im Internet). Eine derartige Überprüfung der Angabe ist auch bei einer zertifikatbezogenen Werbung veranlasst, weil ihr insbesondere der Aussagegehalt des Prüfzeichens, also was überhaupt geprüft worden ist, nicht zuverlässig entnommen werden kann (vgl. BGH, GRUR 1991, 552, 553 – TÜV-Prüfzeichen). Für eine informationsgeleitete Entscheidung benötigt der Verkehr folglich die dem Zertifikat zugrunde liegenden Unterlagen, denen er den Gegenstand der Prüfung sowie Prüfungsbreite und die Prüfungstiefe entnehmen kann.
Dabei steht der Angabe einer Fundstelle nicht entgegen, dass derartige Zertifizierung nicht in Zeitschriften wie der etwa der Zeitschrift „test“ der Stiftung Warentest veröffentlicht werden. Veröffentlicht ist eine Fundstelle nicht nur dann, wenn sie in einer Zeitschrift abgedruckt ist, veröffentlicht sind auch all die Informationen, die der Unternehmer oder ein Dritter in seinem für die Öffentlichkeit bestimmten Internetauftritt bereithält. So hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass der Gewerbetreibende hinsichtlich der wesentlichen Merkmale seiner Ware im Sinne des Art. 7 Abs. 4 lit. a der Richtlinie 2005/29/EG, dessen Umsetzung § 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG dient, ergänzend auf seine Website verweisen kann (EuGH, GRUR 2011, 930 Rn. 56 – Konsumentombudsmannen/ Ving). Dieser Weg bietet sich auch für die Bereitstellung der Informationen im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG an, deren Aufnahme in die Werbeanzeige selbst diese überfrachten würde.
Es ist der Beklagten auch zuzumuten, die dem Zertifikat zugrunde liegenden Unterlagen auf ihrer eigenen Internetseite einzustellen und auf diese Fundstelle hinzuweisen, was bei einer Internetwerbung durch einen Link geschehen sollte. Wer die Vorteile eines Zertifikats für sich nutzen möchte, wird durch die Verpflichtung zur Bereitstellung derjenigen Informationen, die für dessen sachgerechte Einordnung benötigt werden, nicht unzulässig beschwert. Alternativ kann auch auf den allgemein zugänglichen Auftritt eines Dritten wie die vom TÜV Z. unterhaltene Internetplattform „c.“ verwiesen werden, soweit dort die zur Beurteilung der Prüfung erforderlichen Informationen ohne Weiteres zu erlangen sind.
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