Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf (VII-Verg 37/07 – Oer-Erkenschwick) hat im Anschluss an seine Entscheidungen vom 13. Juni 2007 (VII-Verg 2/07 – Ahlhorn – vgl. Pressemitteilung vom gleichen Tag) und vom 12. Dezember 2007 (VII-Verg 30/07 – Wuppertal – vgl. Pressemitteilung vom gleichen Tag) erneut auf die Investorenauswahl einer Kommune für anwendbar erklärt.
Die betroffene Stadt hatte mit einem Investor einen notariellen Kaufvertrag über ein größeres Areal im nicht beplanten Innenstadtbereich abgeschlossen. Darauf sollte nach Abriss vorhandener Gebäude zur Stärkung der Attraktivität der Innenstadt mit einem Investitionsvolumen von mehr als 20 Mio. Euro ein Einzelhandels- und Dienstleistungszentrum entstehen. Später brachte die Antragstellerin, die sich gewerblich mit Projektentwicklungen befasst, einen Nachprüfungsantrag vor der zuständigen Vergabekammer an. Während des Nachprüfungsverfahrens schloss die Kommune mit dem Investor einen notariellen Änderungsvertrag, um Ansatzpunkte für eine mögliche rechtliche Beanstandung des Kaufvertrags im Nachprüfungsverfahren auszuräumen. Die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster hat den Vertrag wegen Sittenwidrigkeit für nichtig gehalten und hat die Stadt verpflichtet, den Vertrag auszuschreiben, wenn an dem Vorhaben festgehalten werden soll.
Auf die Beschwerden der Stadt und des Investors hat der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf die Entscheidung der Vergabekammer in der Sache bestätigt, wenn auch mit teilweise anderer Begründung. Hauptstreitpunkte im Beschwerdeverfahren waren die Fragen, ob der Investor gegenüber der Stadt eine rechtliche Verpflichtung eingegangen war, das Einzelhandels- und Dienstleistungszentrum zu errichten, und ob für die Annahme eines öffentlichen Bauauftrags die Deckung eines eigenen Beschaffungsbedarfs des öffentlichen Auftraggebers, hier der Stadt, vorauszusetzen ist. Eine Bauverpflichtung hat der Senat wegen der Bedeutung des Vorhabens sowie aufgrund bestimmter Anhaltspunkte im Kaufvertrag angenommen, zugleich aber darauf hingewiesen, dass es bei der gebotenen europarechtlichen Auslegung des deutschen Vergaberechts einer Bau- oder Realisierungsverpflichtung des Auftragnehmers zur Bejahung eines öffentlichen Bauauftrags möglicherweise nicht bedarf, dies aber letztlich offengelassen.
Auch in diesem Verfahren hat der Senat abermals entschieden, dass die Annahme eines öffentlichen Auftrags, insbesondere eines öffentlichen Bauauftrags, nicht davon abhängig zu machen ist, dass der öffentliche Auftraggeber durch den Auftrag einen eigenen Beschaffungsbedarf decken will. Der Senat hat sich ausführlich damit auseinandergesetzt, ob die Sache wegen dieser im Inland sehr umstrittenen Frage nach § 124 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen dem Bundesgerichtshof oder in der Form eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 234 des EG-Vertrages dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vorzulegen ist. Der Senat hat dies aber verneint, da der Gerichtshof die Streitfrage in mehreren Urteilen bereits eindeutig, und zwar im Sinne der Auffassung des Senats, entschieden hat. Der Senat ist damit der Linie des EuGH weiterhin gefolgt. Er hat den Vertragsschluss ebenso wie die Vergabekammer für rechtsunwirksam gehalten, dies jedoch aus vergaberechtlichen Gründen. Die Stadt hatte die Antragstellerin des Nachprüfungsverfahrens nämlich nicht über das Vorhaben, mit dem Investor den vom Senat für maßgebend erachteten Änderungsvertrag abzuschließen, vorab informiert. Dazu war sie nach § 13 Vergabeverordnung verpflichtet. Die Nichtbeachtung führt zur Nichtigkeit des Vertrages.
Da der Beschluss des Vergabesenats nicht mit Rechtsmitteln angefochten werden kann, ist die Entscheidung rechtskräftig.
(Vergabesenat, Beschluss vom 06. Februar 2008, VII – Verg 37/07)
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