Vorwurf von Untreue nach Gebrauch der Vorsorgevollmacht: Es ist leider ein Standard-Szenario, dass Menschen im Zusammenhang mit Vorsorgevollmachten plötzlich eine Untreue vorgeworfen wird. Während in den Medien oft im Fokus steht, dass jemand vorsätzlich alte Menschen getäuscht hat, sind die Fälle bei uns ganz anders gelagert.
Fürsorge führt zum Strafverfahren
Es sind meistens eigene Verwandte, etwa Kinder, die ich um betagte Angehörige kümmern. Da dies innerfamiliär und auf Vertrauensbasis abläuft, denkt quasi nie jemand daran, wie eine saubere Dokumentation aussieht. Und das betagte Familienmitglied zeigt sich meistens großzügig, wenn etwa vom Einkaufen etwas übrig bleibt und man dies „zum Tanken“ verwenden soll.
Das Blatt wendet sich meist später, wenn schon Jahre vergangen sind – etwa wenn ein gerichtlicher Betreuer bestellt wird; oder der bisher nie existierende weitere Angehörige sich plötzlich „kümmert“ und erst mal voller Argwohn nachsieht, wo sein potenzielles Erbe geblieben ist. In Kombination mit einer bisher unerkannten Demenz, die nach hiesiger Erfahrung zügig fortschreitet, ist dies eine toxische Mischung.
Untreue nach Vorsorgevollmacht trifft viele Betroffene bis ins Mark, da es nicht nur um den strafrechtlichen Vorwurf, sondern um das bitter enttäuschte Vertrauen innerhalb der Familienbande geht.
Horrende Dokumentationspflichten
Das Problem, wenn man das alles wirklich Ernst nimmt, ist: Wer Gelder im Rahmen von erteilten Vollmachten bewegt hat erhebliche Dokumentationspflichten. „Eigentlich“ muss jede Geldbewegung auf den Cent genau mit Zeitstempel, Verwendungszweck und Belegen dokumentiert sein. Auf Jahre.
Wenn dann in einer fortschreitenden Demenz der bisher versorgte Angehörige meint, sich fest zu erinnern, dass „da doch X tausend Euro waren, die sind jetzt weg“, dann brennt es. Regelmäßig waren diese Beträge, an die man sich erinnert, auch tatsächlich vorhanden – irgendwann früher. Doch bei dem treu sorgenden potenziellen Erben, der jetzt mal alles genau prüft oder dem Berufsbetreuer springen nun die Lampen an. Das Ermittlungsverfahren beginnt zu laufen.
Harte Ermittlungen
Die Fälle bei uns spielen in gut situierten Umgebunden, die allermeisten Betroffenen haben keine Erfahrung mit der Polizei und versuchen recht naiv, zur Vernehmung zu gehen und die Vorwürfe auszuräumen. Mit dem Ergebnis, dass man Geldbewegungen einräumt, aber mangels Dokumentation nichts in der Hand hat. Wenn man dann noch lebensunerfahrene Ermittler hat, die in Eindrucksvermerken etwas davon schreiben, dass der Angehörige „rüstig und verständig“ ist, dabei übersehen, dass gerade bei beginnender Demenz lichte Momente häufig sind, rennt man vor Wände.
Am besten Vorsorgen
Der strafrechtliche Rat ist einfach, auch wenn er in funktionierenden Familien schwer umzusetzen fällt: Lassen Sie die Finger von der Vorsorge. Und wenn Sie es doch tun, dokumentieren Sie in einem Haushaltsbuch jede einzelne Geldbewegung, gleich wie klein sie scheint.
Wenn die Polizei einmal vor der Türe steht – und es gibt tatsächlich Hausdurchsuchungen deswegen – sollte man sich nicht auf das Minenfeld polizeilicher Befragungen einlassen. Der Missbrauch einer Vorsorgevollmacht kann eine Untreue sein und Ermittler sind skeptisch, ein einfaches „ich bin unschuldig“ bringt da wenig. Und wenn man vorgeworfen bekommt, über Jahre regelmäßig Geld abgezweigt zu haben, ist man sogar in der Gewerbsmäßigkeit, mit 6 Monaten Mindestfreiheitsstrafe. Grund genug, nicht selber herumzustümpern.
Denn auch wenn all das für einen geübten Strafverteidiger ein Standard-Szenario ist: Für Sie ist es das nicht. Unterschätzen Sie nicht die Gefahr!
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