In Deutschland gilt, dass wer unschuldig mit Maßnahmen der Ermittlungsbehörden konfrontiert ist, hinterher zu entschädigen ist – mit Ausnahmen. Eine der wirklich fiesesten Ausnahmen ist, dass man nichts bekommt, wenn man irgendwie selber schuld ist:
Die Entschädigung ist auch ausgeschlossen, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat.
§5 Abs.2 StrEG
Das bringt die Problematik im deutschen Strafrecht ganz gut auf den Punkt: Der Staat macht es immer so, wie er es braucht. Wenn Sie einen Anwalt haben möchten, bekommen Sie nur einen, wenn es besonders schlimm für Sie werden könnte – mit dem Argument dass Gerichte und Behörden ja von Amts wegen alles richtig machen. Wenn man aber doch was falsch macht, wird gesucht, ob Sie das nicht selber schuld sind. Ein bisschen wie im Strafprozess: Wenn die Behörden bei Ermittlungen falsch agieren, interessiert es erstmal nicht – wenn Sie oder Ihr Verteidiger aber nicht rechtzeitig Widerspruch erheben, ist das Ihr Problem.
Jedenfalls sollten Sie, wenn Ihnen eine Entschädigung nach StrEG zusteht, genau aufpassen: Die Entschädigung ist nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 1 StrEG ausgeschlossen, wenn der Angeklagte die Maßnahmen eben nicht grob fahrlässig verursacht hat, und das ist strenger zu prüfen als manche Staatsanwaltschaft das gerne hätte. Denn bei § 5 Abs. 2 Satz 1 StrEG handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschuldigte Anlass zu der Strafverfolgungsmaßnahme gegeben hat, ist deshalb mit dem Bundesgerichtshof ein strenger Maßstab anzulegen:
Der Entschädigungsanspruch entfällt, wenn der Beschuldigte sie durch die Tat oder durch sein Prozessverhalten herausgefordert hat; er muss in ungewöhnlichem Maße die Sorgfalt außer Acht gelassen haben, die ein verständiger Mensch in gleicher Lage anwenden würde, um sich vor Schaden durch die Strafverfolgungsmaßnahme zu schützen (…). Zum Ausschluss der Entschädigung für eine freiheitsentziehende Maßnahme genügt es nicht, dass der Beschuldigte sich irgendwie verdächtig gemacht hat, vielmehr muss er durch eigenes Verhalten einen wesentlichen Ursachenbeitrag zur Begründung des – nach §§ 112 Abs. 1, 127 Abs. 2 StPO erforderlichen – dringenden Tatverdachts geleistet haben (BVerfG NJW 1996, 1049, 1050).
BGH, 3 StR 350/09
- Kein Verzicht im Rahmen von Verständigungen - 13. Februar 2025
- LG Lübeck zur Datenerhebung durch die Meta Business Tools - 13. Februar 2025
- OLG Schleswig zur Vertragslaufzeit und Vorleistungspflicht bei Radiowerbung - 12. Februar 2025