Schwerer Raub: Waffe als Drohmittel

Verwenden einer oder eines gefährlichen Werkzeugs als Drohmittel (reines beisichführen genügt nicht)
BGH, Beschluss vom 01.09.2004, 2 StR 313/04Die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht, sondern nur den des § 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts kamen die Angeklagten überein, eine Grillstube zu überfallen, wobei die Bedienung aufgrund die Wegnahme von Geld dulden sollte. Die Bedrohung sollte durch einen ca. 28 cm langen, spitz zulaufenden Schraubenzieher erfolgen. Während der Mitangeklagte D. G. im Fluchtfahrzeug wartete, gingen der Angeklagte und sein mitangeklagter Bruder leicht vermummt in die Grillstube. Der Bruder des Angeklagten ergriff die Bedienung und hielt „den mitgeführten Schraubenzieher, zum Teil mit seiner Jacke verdeckt, gegen die rechte Hüfte der Zeugin, um den Eindruck zu erwecken, er habe eine Pistole. Die Angeklagten gaben der Zeugin durch Rufen des Wortes “Geld“ zu verstehen, daß sie ihnen die Einnahmen herauszugeben habe. Die Zeugin, die zwar den Druck mit dem Schraubenzieher nicht bemerkt hatte, jedoch unter dem Eindruck des bedrohlichen Auftretens der Angeklagten stand, öffnete die Kassenlade, aus der die Angeklagten 315 € entnahmen“ (UA S. 14). Die Angeklagten entfernten sich zunächst zu Fuß, um dann plangemäß von dem Mitangeklagten D. G. im Auto aufgenommen zu werden.

2. Die fehlerfrei getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht den Schuldspruch wegen schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. In den Fällen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB muß der Täter oder ein anderer Beteiligter das gefährliche Tatmittel zur Verwirklichung der raubspezifischen verwenden, also zur Gewaltanwendung oder zur Drohung mit Gewalt gebrauchen (vgl. Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 250 Rdn. 7). Die Angeklagten haben den Schraubenzieher bei der Tat () aber weder zur Gewaltausübung noch zur Drohung verwendet. Mit dem Schraubenzieher wurde keine Gewalt angewandt, da mit diesem keine körperliche Zwangseinwirkung entfaltet wurde. Entgegen der Auffassung des Landgerichts wurde der Schraubenzieher aber auch nicht als Drohmittel verwendet. Denn eine Verwendung als Drohmittel setzt voraus, daß die Drohung das Opfer erreicht. Drohung ist das ausdrückliche oder schlüssige In-Aussicht-Stellen eines Übels, dessen Eintritt davon abhängen soll, daß der Bedrohte sich nicht dem Willen des Drohenden beugt. Drohung erfordert daher, daß der Bedrohte in diese Zwangslage versetzt wird, mithin Kenntnis von der Drohung erlangt. Da das Opfer im vorliegenden Fall den Schraubenzieher überhaupt nicht bemerkt hat und deshalb eine entsprechende qualifizierte Einwirkung auf den Willen der Zeugin gar nicht eingetreten ist, wurde der Schraubenzieher bei der Tat nicht als Mittel zur Drohung verwendet. Insofern liegt lediglich ein Versuch der Verwendung als Drohmittel vor, der jedenfalls hinter der Tatbestandsvollendung nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB zurücktritt.

3. Die Feststellungen ergeben eine Strafbarkeit gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB, weil die Täter mit dem hier näher beschriebenen Schraubenzieher ein bei sich führten. Das Beisichführen einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeuges setzt keine Kenntnis des Opfers hiervon voraus.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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