Die Berichterstattung über eine nicht öffentlich gemachte Liebesbeziehung und deren Ende gehört zur Privatsphäre beider beteiligter Partner.
Sie berührt daher die Privatsphäre beider Partner, soweit diese für potenzielle Leser identifizierbar sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob alle oder ein erheblicher Teil der Adressaten der Berichterstattung oder gar der „Durchschnittsleser“ die betroffene Person identifizieren können. Ausreichend ist vielmehr, dass durch die Berichterstattung Informationen über den Betroffenen an Personen gelangen, die aufgrund ihrer sonstigen Kenntnisse in der Lage sind, den Betroffenen zu identifizieren.
Das für die Zulässigkeit einer in die Privatsphäre einer Person eingreifenden Berichterstattung grundsätzlich erforderliche berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit kann sich in Bezug auf eine von der Berichterstattung mitbetroffene Person auch daraus ergeben, dass ein solches Interesse an der Berichterstattung allein in Bezug auf eine andere Person besteht:
Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss grundsätzlich erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen
Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind.Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (…)
Im Streitfall sind deshalb das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seines Persönlichkeitsrechts mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungsfreiheit abzuwägen. Betrifft die Berichterstattung – wie hier – die Privatsphäre, ist bei dieser Abwägung von entscheidender Bedeutung, ob sie sich durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lässt (…)
Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert, damit der Informationsanspruch des Publikums erfüllt und so zur Bildung einer öffentlichen Meinung beigetragen wird oder ob lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt wird. Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen umso schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist. Bei der Prüfung der Frage, ob und in welchem Ausmaß die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leistet und welcher Informationswert ihr damit beizumessen ist, ist wiederum von erheblicher Bedeutung, welche Rolle dem Betroffenen in der Öffentlichkeit zukommt. Eine in der Öffentlichkeit unbekannte Privatperson kann einen besonderen Schutz ihres Prvatlebens beanspruchen, nicht aber eine Person des öffentlichen Lebens.
Außerdem muss grundsätzlich unterschieden werden zwischen der Berichterstattung über Tatsachen, die einen Beitrag zu einer Diskussion in einer demokratischen Gesellschaft leisten kann, die zum Beispiel Politiker bei Wahrnehmung ihrer Amtsgeschäfte betrifft, und der Berichterstattung über Einzelheiten des Privatlebens einer Person, die keine solchen Aufgaben hat (…)
BGH, VI ZR 1214/20
Voraussetzung für das Vorliegen eines solchen in Bezug auf eine andere Person bestehenden, d.h. in Bezug auf den Mitbetroffenen „abgeleiteten“ Informationsinteresses der Öffentlichkeit, so der BGH (VI ZR 1214/20).
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