Inzwischen hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass es sich bei einem Verzicht im Sinne einer „außergerichtlichen Einziehung“ um eine rechtsgeschäftliche, an den Justizfiskus gerichtete Willenserklärung, handelt, die auf Übertragung des Eigentums an einem sichergestellten Gegenstand gerichtet ist:
Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Übereignung nach § 929 Satz 2 BGB, bei der bestimmte Gegenstände des Betroffenen zum Zwecke der späteren Vermögensabschöpfung bereits sichergestellt wurden, sind bei der außergerichtlichen Einziehung grundsätzlich erfüllt.
(1) Die Erklärung des Angeklagten in der Hauptverhandlung, auf die Herausgabe solcher sichergestellten Gegenstände zu verzichten, ist als Angebot auf Übertragung des Eigentums auszulegen. Dieses Angebot wird vom Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft in der Regel auch dann angenommen, wenn er – wie in der Praxis häufig – keine dahingehende ausdrückliche Erklärung abgibt.
In Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft selbst den Verzicht des Angeklagten angeregt hat, ist von einer stillschweigend erklärten Annahme des Angebots auszugehen (…). Eine solche ist aber selbst dann anzunehmen, wenn kein Vorgespräch stattgefunden hat. Entsprechend der Regelung des § 516 Abs. 2 BGB lässt sich auf den Annahmewillen nämlich schließen, wenn das Angebot für den Angebotsempfänger lediglich vorteilhaft ist und er es nicht durch eine nach außen erkennbare Willensäußerung ablehnt (…). Hierbei verzichtet der Antragende regelmäßig auf den Zugang der Annahme (…). Da der Rechtsübergang auf den Staat für diesen unentgeltlich erfolgt, ist das Angebot jedenfalls dann lediglich vorteilhaft, wenn die spätere Einziehungsentscheidung durch die Übereignung entfällt, er aber gleichwohl Eigentum erwirbt, das nicht stärker als bei einer gerichtlichen Einziehungsentscheidung „belastet“ ist.
BGH, 5 StR 198/18
Das bedeutet: Mit der Annahme des Angebots durch den Staat geht
das Eigentum auf diesen über (§ 929 Satz 2 BGB). Bei einer Forderung stellt der „Verzicht“ bei verständiger Würdigung (§§ 133, 157 BGB) eine auf Abschluss eines Abtretungsvertrags im Sinne von § 398 BGB gerichtete Willenserklärung (§ 145 BGB) dar, die nach Maßgabe von § 147 Abs. 1 Satz 1 BGB der Annahme durch den Vertreter der Staatsanwaltschaft bedarf. Es ist mit dem BGH aber allerdings auch denkbar, dass der Verzichtserklärung der Angeklagten kein rechtsgeschäftlicher Wert zukommt und es sich um eine reine prozessuale Erklärung handelt – etwa wenn der Angeklagte unwiderruflich auf die Erhebung von Rechtsmitteln oder auf
Einwendungen gegen eine etwaige Sicherstellungsmaßnahme verzichtet (so BGH, 6 StR 48/21).
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