Darlegungs- und Beweislast für die Autorisierung eines Zahlungsvorgangs

Die Darlegungs- und für die Autorisierung eines Zahlungsvorgangs außerhalb des Anwendungsbereichs des § 675w BGB trägt der Zahlungsdienstleister; dies gilt unabhängig davon, ob der Zahlungsdienstleister einen Aufwendungsersatzanspruch (§ 675u Satz 1 BGB) oder der Zahler einen Erstattungsanspruch (§ 675u Satz 2 BGB) geltend macht. Das OLG Karlsruhe (17 U 823/20) hat entschieden, dass § 675v Abs. 2 BGB in der bis zum 12. Januar 2018 geltenden Fassung vom 29. Juli 2009 auch eine Autorisierung per E-Mail erfasst und die Haftung des Zahlers insoweit abschließend regelt.

Bank trägt Beweislast für Autorisierung von Überweisungen durch Kunden

Gemäß § 675c Abs. 1 BGB aF gelten für einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der die Erbringung von Zahlungsdiensten zum Gegenstand hat, die §§ 663, 665 bis 670 und 672 bis 674 BGB entsprechend, soweit in den §§ 675c ff. BGB aF nichts anderes bestimmt ist. Nach dem Wortlaut des § 675c Abs. 1 BGB aF, der gesetzessystematischen Stellung des Untertitels über Zahlungsdienste und dem hergebrachten Rechtsverständnis handelt es sich bei der Erbringung von Zahlungsdiensten um Geschäftsbesorgungsverträge. Soweit das Ergebnis nicht im Widerspruch zur Zahlungsdiensterichtlinie steht, gilt gemäß § 675c Abs. 1 BGB aF subsidiär nicht nur das kodifizierte Auftragsrecht, sondern – weiterhin – auch die hierzu ergangene Rechtsprechung.

Nach den vor Inkrafttreten des Zahlungsverkehrsrechts im Überweisungsverkehr geltenden Grundsätzen trug bei einem Geschäftsbesorgungsvertrag der Beauftragte die Beweislast für die ordnungsgemäße Ausführung des Auftrags nicht nur dann, wenn er Aufwendungsersatzansprüche nach §§ 675, 670 BGB geltend machte, sondern auch dann, wenn er Erstattungsansprüche des Auftraggebers nach §§ 675, 667 BGB bestritt. Da nur die Ausführung autorisierter Aufträge des Auftraggebers einen Aufwendungsersatzanspruch auslöste und das Fälschungsrisiko beim Kreditinstitut lag, musste der Zahlungsdienstleister die Echtheit des Zahlungsauftrages nachweisen.

Diese Beweislastverteilung gilt nach Auffassung des OLG auch im Anwendungsbereich des Zahlungsdiensterechts fort. Sie entspricht den §§ 675c ff. BGB aF und insbesondere dem Rechtsgedanken des § 675w Satz 1 BGB aF sowie den Vorgaben der Zahlungsdiensterichtlinie. Die Regelung des § 675w Satz 1 BGB aF bringt den allgemeinen Grundsatz zum Ausdruck, dass der Zahlungsdienstleister die Beweislast für die Autorisierung trägt. Es ist kein Grund ersichtlich, Zahlungsvorgänge, die nicht mit einem Zahlungsauthentifizierungsinstrument getätigt wurden, anders zu behandeln. Gerade in den Fällen, in denen Zahlungen nicht mit einem vergleichsweise sicheren Zahlungsauthentifizierungsinstrument autorisiert wurden, besteht ein erhebliches Fälschungsrisiko, da die Authentifizierung ihre Schutzfunktion nicht entfalten kann. Der Zweck des § 675w BGB aF, den Zahler vor Verlusten durch nicht autorisierte Zahlungsvorgänge zu schützen, würde verfehlt, wenn ihm bei Autorisierungen ohne jegliche Sicherheitsprüfung die Beweislast für das Nichtvorliegen einer Autorisierung auferlegt würde und die Beweisschwierigkeiten bei der Verwendung unsicherer Autorisierungsverfahren zu seinen Lasten gingen.

Dem steht nach Auffassung des OLG nicht entgegen, dass der Zahler mit der Autorisierung ohne Zahlungsauthentifizierungsinstrument bewusst ein Risiko eingeht. Denn der Zahlungsdienstleister entscheidet im Rahmen der unbeschränkt möglichen Vereinbarung (§ 675j Abs. 1 Satz 3 BGB aF) grundsätzlich selbst, welche Autorisierungsverfahren er akzeptiert und dominiert insoweit das Vertragsverhältnis. Zudem kann er die verschiedenen technischen Möglichkeiten der Autorisierung, insbesondere im Bereich der elektronischen Kommunikation, und die damit verbundenen Risiken wesentlich besser einschätzen und abwägen als der Kunde.

Eine Differenzierung der Beweislast zwischen dem Aufwendungsersatzanspruch des Zahlungsdienstleisters (§ 675u Satz 1 BGB aF) und dem Erstattungsanspruch des Zahlers (§ 675u Satz 2 BGB aF), die letztlich von der Zufallsfrage der Kontobelastung abhängt, wäre mit dem OLG nicht sachgerecht.

Beweislast hinsichtlich §675v BGB aF

Die Beweislast für Ansprüche aus § 675v BGB aF trägt der Zahlungsdienstleister. Weder ein betrügerisches Verhalten der Klägerin noch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung einer Pflicht aus § 675l BGB aF oder einer Bedingung für die Ausgabe und Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments ist vorgetragen und bewiesen. Selbst wenn man vorliegend die Auftragserteilung per E-Mail als Zahlungsauthentifizierungsinstrument behandelt sind Bedingungen der Beklagten für diese Art der Kommunikation und deren Verletzung durch die Klägerin weder vorgetragen noch ersichtlich.

Insbesondere stellt die in § 11 Abs. 4 der AGB vereinbarte Pflicht zur Prüfung der Kontoauszüge keine Obliegenheit im Sinne des § 675v Abs. 2 Nr. 1 BGB aF gemäß § 675l BGB aF dar. Die in § 675l BGB aF geregelten Pflichten beziehen sich auf den Umgang des Nutzers mit dem Zahlungsauthentifizierungsinstrument und regeln damit zusammenhängende Sorgfalts- und Anzeigepflichten. Darüber hinaus enthält § 675l Satz 2 BGB aF lediglich die Pflicht, eine missbräuchliche Verwendung oder eine sonstige nicht autorisierte Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments unverzüglich anzuzeigen, nachdem der Zahler hiervon positive Kenntnis erlangt hat. Eine darüber hinausgehende Anzeigepflicht ergibt sich aus § 675l BGB aF nicht. Die in § 11 Abs. 4 der AGB geregelte allgemeine Anzeigepflicht für Mitteilungen der Bank fällt daher nicht in den Pflichtenkreis des § 675l BGB aF, für dessen Verletzung § 675v Abs. 2 Nr. 1 BGB aF eine Haftung des Zahlers vorsieht.

11 Abs. 4 der AGB stellt auch keine Bedingung für die Ausgabe und Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments im Sinne des § 675 Abs. 2 Nr. 2 BGB aF dar, weil die Regelung weder auf ein bestimmtes Zahlungsauthentifizierungsinstrument Bezug nimmt noch konkrete Anforderungen an die Sorgfalt des Zahlers bei der Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments stellt.

Hinweis: § 675v Abs. 1 Satz 1 BGB aF, der auf den Besitz eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments abstellt, kann sich denklogisch nur auf verkörperte Zahlungsauthentifizierungsinstrumente beziehen, so dass die Vorschrift auf das Online-Banking mit dem OLG keine Anwendung findet. Nichts anderes gilt für die Durchführung von Überweisungen per E-Mail wie hier. Die Voraussetzungen des Satzes 2 sind unabhängig von seinem Anwendungsbereich nicht dargetan.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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