Auch wenn Zivilrecht, so doch äußerst interessant ist eine Entscheidung des LG München I (42 O 4307/19). Hier ging es um die Sperrung eines Accounts in einem sozialen Netzwerk wegen der – streitigen – Verbreitung von „Child Exploitative Imagery“ (CEI). Insoweit ist daran zu erinnern, dass alle großen Diensteanbieter auch in der EU im Hintergrund alle Dateien nach entsprechenden Inhalten durchsuchen. Dabei kommt regelmässig PhotoDNA zum Einsatz, so auch in diesem Fall beim LG München I.
Streitig war im Rahmen des Zivilstreits, zur Bewertung der Frage, ob die Kündigung rechtmäßig war, ob tatsächlich CEI vorlag. Im Ergebnis ging dann auch die Kammer davon aus, dass die vom Kläger versandten streitgegenständlichen Fotos Inhalte beinhaltet haben, die pornographische und damit ausbeuterische Darstellungen von Minderjährigen enthalten.
Verwiesen wurde auch auf das Bundeskriminalamt, welchem eines der streitgegenständlichen Fotos vorlag, und das auf diesem das Bild einer nackten, weiblichen Person mit gespreizten Beinen erkannte. Nach Aussage des Bundeskriminalamtes war es aufgrund der Perspektive der Aufnahme aber nicht einfach, ein eindeutiges Alter festzulegen. Auf jeden Fall sei die Person mit dem BKA noch sehr jung und dürfte vom Alter her an der Grenze zwischen Jugendlicher und Erwachsener liegen. Es konnte aber nicht zweifelsfrei sagen, ob es sich bei der abgebildeten Person um eine Minderjährige handelt, und stufte daher das Foto als nicht relevant ein.
Hier zeigt sich dann der Unterschied zwischen Strafrecht und Zivilrecht – im Strafrecht kann genau diese Argumentation zu einem Freispruch führen, im Zivilrecht aber nicht, wie das Landgericht ausführt:
Der rechtsstaatliche Fundamentalgrundsatz „in dubio pro reo“ der die Beweiswürdigung im Strafrecht beherrscht (KK-StPO/Ott, 8. Aufl. 2019, StPO § 261 Rn. 63), gilt im Zivilverfahren nicht. Im zivilrechtlichen Verfahren ist gemäß § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO im Rahmen der freien Würdigung vom Gericht zu befinden, ob es von der Wahrheit einer vorgebrachten Behauptung überzeugt ist.
Hierfür bedarf es keiner an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, vielmehr genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit, der verbleibenden Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, 01.10.2019, VI ZR 164/18). In diesem Sinn ist die erkennende Kammer voll davon überzeugt, dass die streitgegenständlichen Fotos CEI-Inhalte enthalten.
Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten sind die streitgegenständlichen Fotos von der von der Beklagten für diese Zwecke eingesetzten Software „FotoDNA“ als Fotos mit CEI-Inhalten erkannt worden. Die Software gleicht die von den Nutzern hochgeladenen Fotos mit bekannten Fotos ab, die nachweislich einen CEI-Inhalt aufweisen. Nach der Beschwerde des Klägers bei der Beklagten über die Deaktivierung seines Kontos hat ein Mitglied des Sicherheitsteams der Beklagten die Fotos gesichtet, und bestätigt, dass sie CEI-Inhalte aufweisen. Es ist nicht erkennbar oder auch nicht vorgebracht worden, dass sich sowohl die Software als auch der konkret eingesetzte Mitarbeiter beim Abgleich der streitgegenständlichen Fotos mit den bekannten CEI-Inhalten geirrt hätten. In seiner Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11.10.2021 trug der Kläger lediglich vor, die streitgegenständlichen Fotos selbst von Freunden erhalten zu haben. Er könne sich nicht vorstellen, dass diese unerlaubtes Material versendeten.
Damit gibt der Kläger glaubwürdig und glaubhaft an, letztendlich selbst nicht zu wissen, ob die Fotos CEI-Inhalte enthalten oder nicht. Nach seinem eigenen Vortrag hat er die Bilder im bloßen Vertrauen darauf, dass es sich um erlaubtes Material handele, weitergesendet. Schriftsätzlich wird von Klägerseite lediglich behauptet, dass es sich bei den abgebildeten Personen um erwachsene Frauen handele. Ein Beweis wird hierzu nicht angeboten, insbesondere legt der Kläger die von ihm versendeten Fotos nicht vor. Damit kann der Vortrag des Klägers die aufgrund der Zuordnung durch die Software und den Mitarbeiter der Beklagten bestehende dringende Annahme, dass die streitgegenständlichen Fotos CEI-Inhalte aufweisen, nicht zur vollen Überzeugung der erkennenden Kammer entkräften.
LG München I, 42 O 4307/19
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