Abmahnung durch Interessenverband bzw. Wettbewerbsverband im Wettbewerbsrecht

Wettbewerbsrechtliche durch Wettbewerbsverband: Bei einer Abmahnung im Wettbewerbsrecht durch einen Interessenverband bzw. Wettbewerbsverband höre ich von Mandanten als erstes mit hoher Sicherheit eines: „Diese Abzocker!“. Doch genau darum geht es eben nicht, der Gesetzgeber hat sich vielmehr gerade bewusst dafür entschieden, diese Praxis zur Sicherung des Wettbewerbs einzurichten.

Im Folgenden ein kurzer Überblick zur Abmahnung durch einen Wettbewerbsverband.

Die Idee des Schutzes des Wettbewerbs durch Verbände

In Deutschland soll sich der Markt selber überwachen und regulieren – keine Behörde. Aus dem Grund gibt es Abmahnungen, einmal von unmittelbaren Konkurrenten aber eben auch von Interessenverbänden. Der Gesetzgeber geht hier in seiner Idealvorstellung davon aus, dass ein Verband der Interessen bündelt, besonders sinnvoll die allgemeinen Ideen des Schutzes eines freien und fairen Wettbewerbs vertreten kann.

Welche Wettbewerbsverbände sind vom Gesetzgeber anerkannt?

Im §8 Abs.3 UWG findet sich, wer zu Abmahnungen berechtigt ist. Hier finden sich zwei Vorgaben:

  • Verbände denen „eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben“ und die sich der Förderung beruflicher Interessen verschrieben haben (§8 Abs.3 Nr.2 UWG);
  • Verbände die auf der Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind (§8 Abs.3 Nr.3 UWG);

Dies in Kombination mit weiteren Vorgaben, die insbesondere bei §8 Abs.3 Nr.2 UWG durchaus Anlass zur Rückfrage geben können, etwa wenn es darum geht, dass ausreichend sachliche und finanzielle Mittel zur Wahrung der angestrebten Interessen vorhanden sind. Dabei genießen gerade die Verbraucherzentralen eine Sonderstellung als mit öffentlichen Geldern geförderter Interessenverband: Bei diesen wird eine Berechtigung unwiderleglich vermutet (§4 Abs.2 UKlagG).

Aktivlegitimation: Wichtige Faktoren bei der Klagebefugnis des Wettbewerbsverbands

Die subjektive Wahrnehmung des Betroffenen ist belanglos – Gerichte prüfen auf Wunsch sehr konkret, ob eine Aktivlegitimation vorliegt, bieten hier den Verbänden aber auch einen gewissen Spielraum. Bei den nicht eingetragenen Interessenverbänden nach §8 Abs.3 Nr.2 UWG gibt es dabei vor allem zwei Streitpunkte

  • Ist überhaupt eine erhebliche Anzahl von Unternehmern Mitglied, und
  • werden durch diese gleichartige Waren auf dem gleichen Markt vertrieben

Dabei gibt es keine „Formel“ oder „Grenzwerte“, vielmehr kommt es auf den Einzelfall an. Bereits 2 Mitglieder können genügen, wenn es um einen Markt geht, der ohnehin nur wenige unmittelbare Wettbewerber kennt wenn diese 2 Mitglieder dann auch noch einen erheblichen Marktanteil inne haben. Auch die Gleichartigkeit der Waren kann erhebliche Probleme bereiten.

Beispiel: So war ich für einen bundesweiten Hersteller von Fertighäusern im Zuge einer wettbewerbsrechtlichen tätig. Hier führte der Verband auf der Gegenseite als Mitglied unter anderem einen bekannten Kaffeeverkäufer an, der über eine Kooperation auch Fertighäuser angeboten hat; ebenso wurden Bausparkassen angeführt. Das Gericht folgte meiner Argumentation, dass diese nicht zu berücksichtigen seien.

Hinweis: Beachten Sie die BGH-Rechtsprechung zur Klagebefugnis

Wettbewerbsverband: Örtliche Zuständigkeit

Wenn Verbände das Gericht anrufen, gibt es – neben dem reduzierten Streitwert – einen Vorteil gegenüber Abmahnungen von Mitbewerbern: Die Klage ist beim Gericht des Sitzes des Abgemahnten einzureichen (dazu $14 UWG), während Mitbewerber sich am Ort der Verletzungshandlung orientieren können, im Internet also bundesweit Klagen können.

Bekannte Wettbewerbsverbände und Interessenverbände

Es gibt einige Verbände, die im Bereich des Wettbewerbsrechts immer wieder eine Rolle spielen, so insbesondere die Wettbewerbszentrale.

Besonderheit: Verstoß gegen Handwerksordnung

Ein Sonderfall ist es, wenn ein Verstoß gegen die Handwerksordnung abgemahnt wird. Hier ist man häufig mit einer Handwerkskammer oder auch einem „von“ einer Handwerkskammer gegründeten Wettbewerbsverein konfrontiert. Lokal in Aachen kann etwa der „Wettbewerbsverein des Aachener Handwerks e.V.“ auftreten.

In diesem Bereich gilt höchste Vorsicht, speziell wenn es um ein vermeintliches Handwerk geht das in der Handwerksrolle einzutragen ist: Hier droht schnell die Gefährdung der bisherigen Existenz, wenn etwa die bisherige Tätigkeit untersagt werden soll. Wobei mitunter auch eine Umstellung der Werbung und des bisherigen Auftretens ausreicht, da nicht die Tätigkeit sondern nur ihre bisherige Außenwirkung das Problem ist.

Abmahnung und hohe Abmahntätigkeit eines Wettbewerbsverbands

Wenn ein Wettbewerbsverband ernsthaft Interessen vertritt, ist es geradezu zwingend, dass er regelmäßig zahlreiche Abmahnungen ausspricht. Es kann also bei Verbänden auf Grund einer Vielzahl von Abmahnungen gerade nicht auf einen Rechtsmissbrauch geschlossen werden, sondern dies ist vielmehr Ausdruck der Tatsache, dass der Verband (a) ernsthaft Interessen vertritt und (b) über die ausreichende sachliche Ausstattung verfügt.

Während bei einem unmittelbaren Konkurrenten massenhafte Abmahnungen durchaus ein erstes kleines Indiz für einen Rechtsmissbrauch sein können, dürfte es bei einem Interessenverband genau anders herum sein.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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