Der Bundesgerichtshof (2 StR 5/15) hat in einer von uns geführten Revision eine Entscheidung des Landgerichts Aachen aufgehoben, mit der unser Mandant wegen einer Vergewaltigung verurteilt wurde. Der Bundesgerichtshof hat dazu festgestellt, dass die Feststellungen des Gerichts in einem Urteil nicht zu vage sein dürfen und konkret festhalten müssen, warum von einer Vergewaltigung auszugehen ist. Insbesondere muss das Gericht festhalten, in welcher Form es zur Gewalteinwirkung oder Nötigung kam – die Ankündigung, „man werde schon sehen was man davon habe“ genügt dabei genauso wenig wie der Sexualakt als solcher.
Hinweis: Die Entscheidung fügt sich in die aktuell laufende Debatte zu einer diskutierten Reform des Tatbestandes der Vergewaltigung; insbesondere zeigt sich, dass durchaus beachtliche Anforderungen an die Begründungen der Gerichte gestellt werden.
Aus der Entscheidung des BGH:
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte darüber enttäuscht, dass sich die Zeugin X, mit der er eine sexuelle Beziehung unterhielt, einem anderen Mann zugewandt hatte. Er suchte deren
Freundin Y auf, die ihm gestattete, bei ihr zu übernachten. Der Angeklagte und die Geschädigte lagen im Bett und unterhielten sich, wobei die Geschädigte den Angeklagten zu trösten versuchte. Er begann damit, ihre
Brüste und Oberschenkel zu berühren, was sie mit Hinweis darauf, dass er mit ihrer Freundin „zusammen“ sei, ablehnte.Der Angeklagte erklärte: „Ich hol mir eh das, was ich will. Du wirst schon sehen“. Außerdem erklärte er, die Geschädigte werde schon sehen, was passieren würde, wenn sie jemandem von seiner Annäherung erzählen würde. Dann „drehte sich der Angeklagte – der noch immer neben der Zeugin lag – auf diese und drang von oben mit seinem Glied vaginal in die Geschädigte ein“.
Darin hat das Landgericht ohne nähere Erläuterung eine Vergewaltigung im Sinne von § 177 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB gesehen.
Die Feststellungen genügen nicht, um den Schuldspruch wegen sexueller Nötigung mit Gewalt zu tragen (§ 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB). Sie beschreiben letztlich nur den Sexualakt. Nicht jede sexuelle Handlung kann aber, nur weil sie körperlich wirkt, schon als Gewalt zur Erzwingung ihrer Duldung angesehen werden (Senat, Beschluss vom 4. Juni 2013 – 2 StR 3/13, BGHR StGB § 177 Abs. 1 Gewalt 16).
Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts liegt auch ein Fall der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB) nicht vor. Die Ankündigung, die Geschädigte werde „schon sehen“, was passiert, lässt auch unter Berücksichtigung der Umstände offen, welche Folgen zu erwarten sein sollten . Damit ist keine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben der Geschädigten angedroht worden.
- Justizminister wünschen allgemeine Autoschlüssel-Kopie für Ermittler - 7. Dezember 2024
- KCanG: BGH zur Zusammenrechnung von Freimengen - 5. Dezember 2024
- BVerfG zu Encrochat: Keine generellen Beweisverwertungsverbote - 5. Dezember 2024