Rechtsmissbräuchliche Abmahnung im Wettbewerbsrecht – wann ist eine Abmahnung im Wettbewerbsrecht rechtsmissbräuchlich: Immer wieder wird diskutiert, ob eine Abmahnung rechtsmissbräuchlich ist – gerade Laien fühlen sich schnell ungerecht behandelt und sehen verfrüht eine „klare Rechtsmissbräuchlichkeit“, dabei findet man immer wieder die gleichen Mythen, die fälschlicherweise pauschalisiert verbreitet werden. Abmahnungen sind nicht alleine deswegen Rechtsmissbräuchlich, nur weil diese in extrem hoher Zahl, mit einer gewissen „Systematik“ ausgesprochen werden. Vielmehr wäre es befremdlich, wenn bei einer Vielzahl von Rechtsverstößen nicht zugleich auch eine Vielzahl von Ahndungen möglich wäre.
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Die Konsequenz einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung im Wettbewerbsrecht ist: Eine missbräuchliche Abmahnung ist nicht berechtigt im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG und begründet keinen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass auch Testkäufe zur Vorbereitung rechtsmissbräuchlicher Abmahnungen oder Unterlassungsklagen keiner zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienen. Ein Antrag auf Schadensersatz nach § 9 UWG für solche Testkäufe ist ebenso unbegründet.
Gleichwohl kann sich die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen und damit „unwirksamen“ Abmahnung speziell im Wettbewerbsrecht ergeben, wenn eine gehäufte Anzahl von Abmahnungen vorliegt, besonders wenn keine Relation mehr zum eigentlichen geschäftsmäßigen bzw. wirtschaftlichen Tätigwerden besteht. Ein kleiner Überblick.
Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs
Mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs 2020 wurde der Rechtsmissbrauch bei Aussprache einer Abmahnung im Wettbewerbsrecht erstmals in das Gesetz übernommen. Wie sich die Rechtsprechung des BGH hierauf einstellt (die bisherige Rechtsprechung ist unten dargestellt) wird sich in den nächsten Jahren zeigen.
Rechtsmissbräuchliche Abmahnung
Im neugefassten §8c Abs.2 UWG wird die missbräuchliche Geltendmachung von Ansprüchen im Wettbewerbsrecht normiert. Dabei ist die folgende enumerative Aufzählung als alternative Aufzählung zu verstehen, wie das letzte „oder“ deutlich macht – es müssen also nicht mehrere Kriterien vorliegen sondern es genügt eines. Dabei ist die Klarstellung „im Zweifel“ durchaus so zu verstehen, dass es sich um harte Kriterien handelt und gerade nicht um schlichte Indizien (so der BGH bisher). Eine missbräuchliche Geltendmachung ist dann im Zweifel anzunehmen, wenn
- die Geltendmachung der Ansprüche vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen,
- ein Mitbewerber eine erhebliche Anzahl von Verstößen gegen die gleiche Rechtsvorschrift durch Abmahnungen geltend macht, wenn die Anzahl der geltend gemachten Verstöße außer Verhältnis zum Umfang der eigenen Geschäftstätigkeit steht oder wenn anzunehmen ist, dass der Mitbewerber das wirtschaftliche Risiko seines außergerichtlichen oder gerichtlichen Vorgehens nicht selbst trägt,
- ein Mitbewerber den Gegenstandswert für eine Abmahnung unangemessen hoch ansetzt,
- offensichtlich überhöhte Vertragsstrafen vereinbart oder gefordert werden,
- eine vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung offensichtlich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht,
- mehrere Zuwiderhandlungen, die zusammen hätten abgemahnt werden können, einzeln abgemahnt werden oder
- wegen einer Zuwiderhandlung, für die mehrere Zuwiderhandelnde verantwortlich sind, die Ansprüche gegen die Zuwiderhandelnden ohne sachlichen Grund nicht zusammen geltend gemacht werden.
Wann liegt eine Rechtsmissbräuchliche Abmahnung im Wettbewerbsrecht vor? Abgemahnte neigen dazu, dies viel zu früh anzunehmen – und noch mehr Kosten zu produzieren.
Bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur rechtsmissbräuchlichen Abmahnung im Wettbewerbsrecht
Dass eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung „ganz klar rechtsmissbräuchlich“ ist, hört man immer wieder – gerade von Laien. Tatsächlich aber gibt es keine konkrete Formel, sondern vielmehr entscheidet das Gesamtbild. Hierbei werden Indizien heran gezogen, die sich mal aus der Abmahnung selbst, mal aus den Umständen ergeben können. Dabei können Indizien mal schwer, mal weniger schwer, ins Gewicht fallen.
Der Bundesgerichtshof äussert sich regelmässig zur Feststellung des Rechtsmissbrauchs bei wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen.
Wann ist eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung rechtsmissbräuchlich?
Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG ist die Geltendmachung der in § 8 Abs. 1 UWG bezeichneten Ansprüche unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Ein starkes Indiz für eine missbräuchliche Rechtsverfolgung kann sich mit dem BGH dann ergeben, wenn die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden steht!
Der BGH (I ZR 110/15) fasst seine bisherige Rechtsprechung im Jahr 2016 dazu so zusammen:
Nach § 8 Abs. 4 UWG ist die Geltendmachung der in § 8 Abs. 1 UWG bezeichneten Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung wegen einer nach § 3 UWG oder § 7 UWG unzulässigen geschäftlichen Handlung unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Ist eine vorgerichtliche Abmahnung rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG erfolgt, so sind nachfolgende gerichtliche Anträge unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2011 – I ZR 174/10, GRUR 2012, 730 Rn. 47 = WRP 2012, 930 – Bauheizgerät, mwN). Von einem Missbrauch im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG ist auszugehen, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde, für sich genommen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2000 – I ZR 76/98, BGHZ 144, 165, 170 – Missbräuchliche Mehrfachverfolgung). Diese müssen allerdings nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein. Es reicht aus, dass die sachfremden Ziele überwiegen (BGH, Urteil vom 6. April 2000 – I ZR 114/98, WRP 2000, 1266, 1267 – Neu in Bielefeld II; Urteil vom 17. November 2005 – I ZR 300/02, GRUR 2006, 243 Rn. 16 = WRP 2006, 354 – MEGA SALE).
Die Annahme eines derartigen Rechtsmissbrauchs erfordert eine sorgfältige Prüfung und Abwägung der maßgeblichen Einzelumstände (vgl. BGH, GRUR 2012, 730 Rn. 15 – Bauheizgerät). Ein Anhaltspunkt für eine missbräuchliche Rechtsverfolgung kann sich daraus ergeben, dass die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden steht, der Anspruchsberechtigte die Belastung des Gegners mit möglichst hohen Prozesskosten bezweckt oder der Abmahnende systematisch überhöhte Abmahngebühren oder Vertragsstrafen verlangt (vgl. BGHZ 144, 165, 170 – Miss- bräuchliche Mehrfachverfolgung; BGH, Urteil vom 5. Oktober 2000 – I ZR 237/98, GRUR 2001, 260, 261 = WRP 2001, 148 – Vielfachabmahner; Urteil vom 6. Oktober 2011 – I ZR 42/10, GRUR 2012, 286 Rn. 13 = WRP 2012, 464 – Falsche Suchrubrik, jeweils mwN).
Später hat Der Bundesgerichtshof dann ausdrücklich klargestellt, dass wenn jedes wirtschaftlich nennenswerte Interesse an der Rechtsverfolgung fehlt, die Indizwirkung einer im Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit sehr umfangreichen Abmahntätigkeit für einen Rechtsmissbrauch nicht dadurch entfällt, dass der Abmahnende sich zuvor bemüht hat, die Wettbewerbsverstöße ohne ausufernde Abmahntätigkeit einfach und kostengünstig abzustellen. Führen diese Bemühungen aus Sicht des anspruchserhebenden Unternehmers unter solchen Umständen nicht zum Erfolg, so entfällt dadurch nicht die Indizwirkung unverhältnismäßiger Abmahntätigkeit (dazu ausdrücklich BGH, I ZR 248/16).
Indizien für einen Rechtsmissbrauch bei einer Abmahnung
Der Bundesgerichtshof (I ZR 174/10) hat sich nun zu solchen Indizien – nicht abschliessend! – geäußert und stellt fest, das folgende Indizien in einer Gesamtbewertung einen Rechtsmissbrauch bei einer Abmahnung begründen können:
- In der vorformulierten Unterlassungserklärung soll die Vertragsstrafe auch bei nicht-schuldhaften Verstößen fällig werden
- Die versprochene Vertragsstrafe ist unangemessen hoch im vergleich zum vorgeworfenen Rechtsverstoß. Dabei rechtfertigt ein Interesse des Abmahnenden bei einem Streit das Landgericht anrufen zu können nicht, eine Strafe jenseits von 5.000 Euro versprechen zu lassen!
- Die vorformulierte Unterlassungserklärung ist soweit gefasst, dass auch andere Verstöße erfasst sind.
- Es wird der Eindruck erweckt, Unterlassungserklärung und Kostenersatz sind zwingend miteinander verbunden (hier durch Zusammenfassen unter gleicher Ziffer in der Unterlassungserklärung sowie einheitlicher Fristsetzung für Abgabe der Unterlassungserklärung und Zahlung. Bei letzterem ist nicht gemeint, dass die gleiche Frist gesetzt ist, sondern dass einheitlich eine Frist benannt wird, so dass nicht deutlich ist, dass zwei Mal eine Fristsetzung erfolgt)
- Gerichtsstandsvereinbarung, die sich am Sitz des Prozessbevollmächtigten (und nicht am Sitz der Partei) orientiert
- Systematisches Vorgehen, bei dem überhöhte Gebühren oder der Verzicht auf die Einrede des Missbrauchs des Fortsetzungszusammenhangs gefordert wird (so auch schon BGH, I ZR 186/90).
Bestehen bereits ausreichende Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Rechtsverfolgung, so kommt es mit dem BGH nicht mehr darauf an, ob noch weitere Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch vorliegen. Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Fallgruppen missbräuchlicher Rechtsverfolgung stehen zueinander in einem alternativen und nicht in einem kumulativen Verhältnis (hierzu insbesondere BGH, I ZR 248/16).
Rechtsmissbrauch nach §242 BGB
Es kommt neben dem ausdrücklichen wettbewerbsrechtlichen Grundsatz gerade bei persönlichkeitsrechtlichen Abmahnungen auch ein Rechtsmissbrauch nach §242 BGB in Betracht:
Danach ist die Rechtsausübung missbräuchlich, wenn ihr kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt, so etwa bei der Ausübung eines Rechts als Vorwand für die Erreichung unlauterer Zwecke (vgl. Grüneberg in: Palandt, BGB, 76. Aufl., § 242 Rn. 51). Da die im Wettbewerbsrecht zur missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen entwickelten Rechtsgrundsätze gleichfalls auf dem Gedanken unzulässiger Rechtsausübung beruhen, können sie grundsätzlich auch hier fruchtbar gemacht werden (so – für Urheberrecht – BGH GRUR 2013, 176, Rn. 15 – Ferienluxuswohnungen). So kann es im Falle von § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG beispielsweise zur Annahme von Rechtsmissbrauch führen, wenn ein Rechtsanwalt den Auftraggeber ganz oder teilweise vom Kostenrisiko freistellt. Gleiches gilt, wenn im Zusammenwirken von Rechtsanwalt und Prozessfinanzierer dem Mandanten eine kostenfreie Verfolgung von Unterlassungsansprüchen nebst einer Profitmöglichkeit (etwa aus anfallenden Vertragsstrafen) angeboten wird. Bei einem solchen Modell der Rechtsverfolgung steht zu vermuten, dass die Ansprüche weniger aus Gründen des Wettbewerbs geltend gemacht werden als zur Erzielung von Einnahmen des Gläubigers und seines Anwalts (vgl. Senat WRP 2010, 1177, 1178; siehe demgegenüber auch OLG Düsseldorf GRUR-RR 2017, 331, zu einer nicht-rechtsmissbräuchlichen Klage nach § 10 UWG unter Einschaltung eines Prozessfinanzierers [n. rkr.]) – Kammergericht, 5 U 150/16
Prozessuales zum Rechtsmissbrauch im Wettbewerbsrecht
Das Oberlandesgericht Düsseldorf (I-15 U 68/16) führt zum prozessualen aus:
Bei dem Missbrauchseinwand nach § 8 Abs. 4 UWG handelt es sich nach zutreffender herrschender Meinung um eine Prozessvoraussetzung, die von Amts wegen im Wege des Freibeweises zu prüfen ist (BGH GRUR 2002, 715 (716) – Scanner-Werbung; OLG München WRP 1992, 270 (273); OLG Jena GRUR-RR 2011, 327). Ein non-liquet geht zu Lasten des Anspruchsgegners, da grundsätzlich von der Zulässigkeit der Geltendmachung des Anspruchs auszugehen ist (KG WRP 2008, 511; KG GRUR-RR 2010, 22 (23); aA OLG Köln WRP 1999, 357 (361)). Es obliegt dem Anspruchsgegner, Tatsachen für das Vorliegen eines Missbrauchs darzulegen und dafür Beweis anzubieten (OLG Jena GRUR-RR 2011, 327). Ist allerdings durch entsprechenden Tatsachenvortrag die für die Prozessführungsbefugnis (bzw. Anspruchsberechtigung) sprechende Vermutung erschüttert, so muss der Kläger substantiiert die Gründe darlegen, die gegen einen Missbrauch sprechen (BGH GRUR 2001, 178 – Impfstoffversand an Ärzte; BGH GRUR 2006, 243 Rn. 21 – MEGA SALE). Es ist dann Sache des Gläubigers, gewichtige Veränderungen in den maßgeblichen Umständen darzulegen, die die Gewähr für eine redliche Rechtsverfolgung bieten (KG GRUR-RR 2004, 335). Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Schluss der mündlichen Verhandlung (OLG Düsseldorf OLG-Rp 1998, 328).
Rechtsmissbrauch bei einer Abmahnung: Es kommt auf das Gesamtbild an
Wie gesagt: Es kommt am Ende darauf an, nämlich auf die Bewertung des Gesamterscheinungsbildes. Auf keinen Fall ist ein einzelnes Indiz für sich Grund genug einen Rechtsmissbrauch zu erkennen. Und auf keinen Fall können Laien diese Frage abschliessend beurteilen.
Wie das OLG Köln klargestellt hat (dazu unten), begründet auch alleine das systematische Suchen nach Rechtsverstößen auch keinen Missbrauchs-Einwand. Ebenso alleine das Massenhafte Versenden von Abmahnungen, da hier der Grundsatz gilt, dass auf viele Rechtsverstöße eben auch mit vielen Abmahnungen zu reagieren ist. Gleichwohl ist es immer ein starkes Indiz, wenn sich die zu erwartenden „Einnahmen“ aus Abmahnungen in einem klaren Missverhältnis zur wirtschaftlichen Tätigkeit des Abmahnenden bewegen.
Beim OLG Düsseldorf (20 U 10/16) habe ich einige Zeilen zur rechtsmissbräuchlichen Abmahnung im Wettbewerbsrecht gefunden, die zwar nicht neu sind, aber nochmal den aktuellen Stand zur Annahme eines Rechtsmissbrauchs zusammenfassen:
Die Klage ist (…) nicht missbräuchlich, § 8 Abs. 4 UWG. Ein Missbrauch liegt vor, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (BGH GRUR 2000, 1089, 1090 – Missbräuchliche Mehrfachverfolgungen; BGH GRUR 2012, 286 Rn. 13 – Falsche Suchrubrik). Ein Fehlen oder vollständiges Zurücktreten legitimer wettbewerbsrechtlicher Ziele ist indessen nicht erforderlich (BGH GRUR 2001, 82 – Neu in Bielefeld I). Ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele überwiegen (BGH GRUR 2012, 286 Rn. 13 – Falsche Suchrubrik). Ein Indiz für einen Missbrauch ist es, wenn dem Anspruchsberechtigten schonendere Möglichkeiten der Anspruchsdurchsetzung zu Gebote stehen, er sie aber nicht nutzt (Köhler/Feddersen, in Köhler/Bornkamm, UWG, 35 Aufl., § 8 Rn. 4.10).
Um einen Rechtsmissbrauch bei einer Abmahnung zu erkennen kommt es also nicht auf eine vorschnelle Betrachtung an, sondern auf eine Gesamtbetrachtung in deren Ergebnis feststeht, dass andere Interessen als die der Erhaltung des Wettbewerbs im Vordergrund stehen. Wie das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (3 U 56/15) treffend formuliert:
Eine Vielzahl von Abmahnungen gegenüber Wettbewerbern und die gerichtliche Verfolgung solcher Ansprüche kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn den Abmahnungen einfach gelagerte und im Internet leicht zu ermittelnde Wettbewerbsverstöße, etwa Verstöße gegen die PreisAngV, zugrunde liegen, ein nachvollziehbares eigenes wirtschaftliches Interesse an dieser umfangreichen Abmahntätigkeit und Rechtsverfolgung aber unter Berücksichtigung der finanziellen Situation des Anspruchstellers und eines für diesen bestehenden hohen Kostenrisikos nicht erkennbar ist.
Rechtsmissbräuchliche Abmahnung – nicht alleine wegen hoher Anzahl von Abmahnungen
Dass es verfehlt ist, bei der Frage nach einem vermeintlichen Rechtsmissbrauch allein auf die Zahl der Abmahnungen abzustellen, stellt auch das Oberlandesgericht Düsseldorf (I-20 U 58/12) klar:
Schädlich ist erst das Verfolgen eines sich im finanziellen Anreiz erschöpfenden Eigeninteresses. Auch bei einer Vielzahl von Abmahnungen ist ein Missbrauchsvorwurf nicht veranlasst, wenn der Kläger dabei ein erhebliches Prozesskostenrisiko eingegangen ist (BGH, MMR 2005, 376, 377- Telekanzlei). Wer – wie vorliegend der Antragsteller – neue rechtliche Fragestellungen klären lässt, geht immer ein erhebliches Prozessrisiko ein.
Kein Rechtsmissbrauch wegen vorformulierter Abmahnschreiben und systematischem Vorgehen
Das OLG Köln (6 U 127/09) hat insoweit dann weiter klar gestellt: So einfach ist es nicht mit dem Rechtsmissbrauch. Und stellt für die wettbewerbsrechtliche Abmahnung insbesondere fest:
- Die Verwendung von Textbausteinen kann den Missbrauchsvorwurf nicht rechtfertigen: Ist die Beklagte aus den dargelegten Gründen berechtigt, auch in großer Zahl gegen Wettbewerbsverstöße vorzugehen, so kann die Verwendung moderner EDV-Unterstützung und insbesondere von Textbausteinen den Missbrauchsvorwurf nicht rechtfertigen.
- Dasselbe gilt für den Vorwurf, die Beklagte gelange an die Kenntnis von den abzumahnenden Verstößen durch ein „systematisches Durchkämmen von Anzeigen bzw. Internetauftritten“. Auch wenn sich die Beklagte diese elektronische Hilfe zu Nutze macht, ist das berechtigte Abmahnen von so entdeckten Verletzungshandlungen nicht missbräuchlich.
- Es rechtfertigt auch den Missbrauchsvorwurf nicht, dass die Beklagte im Zusammenhang mit Abmahnungen die Freistellung von Anwaltskosten verlangt hat. Im Rahmen der berechtigten Abmahnung schuldet der Abgemahnte gem. § 12 Abs. 1 UWG auch die Erstattung der Kosten.
Übrigens wurde auch hier versucht, den Einwand zu erheben, dass gar keine Anwaltsgebühren fliessen. Wieder einmal zeigt sich, dass auch dies pauschal nicht gehalten werden kann:
Der Senat hat nicht zu prüfen, ob von einem missbräuchlichen Vorgehen auszugehen sein könnte, wenn die Beklagte entsprechend der Behauptung des Klägers mit ihren Anwälten einen Gebührenverzicht vereinbart hätte. Denn von einem derartigen Gebührenverzicht kann nicht ausgegangen werden. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten behaupten, ihre – gesetzlichen – Gebühren zu erhalten und der Kläger selbst legt im Einzelnen detailliert Belege vor, wonach die Anwälte der Beklagten tatsächlich Gebühren in Rechnung gestellt und diese sie auch gezahlt hat. Damit steht seine Behauptung im Widerspruch, es sei ein Gebührenverzicht vereinbart worden. Der Umstand, dass die Fakturierung für ganze Gebührenzeiträume erfolgt ist und die Rechnungen nicht zeitnah gezahlt worden sind, können nicht als „Verschleierung der Nichtvergütung“ interpretiert werden.
Rechtsmissbrauch durch verselbständigte Abmahntätigkeit
Es ist aber dann eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruches zu erkennen, wenn ein nicht mehr vorhandenes vernünftiges Verhältnis zwischen der Abmahntätigkeit und der eigentlichen gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden zu erkennen ist – so das OLG Hamm (4 U 105/15), stellvertretend für die weiteren OLG zur Thematik:
Als typischen Beispielsfall für Rechtsmissbrauch benennt § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG die Geltendmachung eines Anspruchs, die vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen, wobei dies in gleicher Weise für das Interesse, Ansprüche auf Zahlung von Vertragsstrafen entstehen zu lassen, gilt (Köhler/Bornkamm/Köhler, a.a.O., Rdnr. 4.12). Hiervon ist auszugehen, wenn die äußeren Umstände in ihrer Gesamtheit aus Sicht eines wirtschaftlich denkenden Unternehmers deutlich machen, dass der Anspruchsberechtigte kein nennenswertes wirtschaftliches oder wettbewerbspolitisches Interesse an den Rechtsverfolgung haben kann und deshalb allein oder ganz überwiegend nur ein Gebühreninteresse verfolgen kann, wobei es sich dabei auch um das Interesse der von ihm beauftragten Rechtsanwälte handeln kann (Senat, Urteil vom 02.03.2010 – 4 U 217/09 – <juris>) (…)
Als Vergleichsgröße zu dem mit der Abmahntätigkeit eingegangenen Kostenrisiko ist der – in dem konkret in Rede stehenden Marktsegment – erzielte Umsatz grundsätzlich nicht geeignet. Der Umsatz sagt allenfalls mittelbar etwas über die Fähigkeit eines Unternehmens aus, das mit einer umfangreichen Abmahntätigkeit verbundene Kostenrisiko finanziell tragen zu können. Denn aus dem Umsatz muss zuvörderst der mit der (eigentlichen) wirtschaftlichen Betätigung in Verbindung stehende Betriebsaufwand finanziert werden (…) Als Vergleichsgrößen sind vielmehr Kennzahlen aus dem Bereich des Betriebsvermögens (Eigenkapitals) heranzuziehen, und zwar in erster Linie der Gewinn (soweit er in dem entsprechenden Marktsegment erzielt wird) und hilfsweise – bei einer Betrachtung zu Gunsten des Abmahnenden – das Eigenkapital (soweit es mit der Geschäftstätigkeit in dem in Rede stehenden Marktsegment erwirtschaftet wurde).
Kollusives Zusammenwirken mit dem eigenen Rechtsanwalt
Das OLG Frankfurt (6 U 218/14) hält seine Rechtsprechung zum Rechtsmissbrauch bei Abmahnungen dahin gehend aufrecht, dass grundsätzlich nur bei kollusivem Zusammenwirken mit dem eigenen Rechtsanwalt ein Rechtsmissbrauch anzunehmen sein soll:
Der Einwand, der Umfang der gerichtlichen Verfolgung von Wettbewerbsverstößen durch ein Unternehmen stehe außer Verhältnis zum Umfang der Geschäftstätigkeit dieses Unternehmens, begründet den Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens grundsätzlich nur dann, wenn das Unternehmen mit seinem Rechtsanwalt in der Weise kollusiv zusammenwirkt, dass der Rechtsanwalt seinen Mandanten von den mit der Führung dieser Prozesse verbundenen Kostenrisiken freistellt. Als Indiz für eine solche Freistellung kann es angesehen werden, wenn zwischen diesen Kostenrisiken einerseits und den Umsätzen und Gewinnen des Unternehmens ein besonders krasses Missverhältnis besteht und das Unternehmen auch nicht nachvollziehbar erläutern kann, warum es diese Risiken gleichwohl eingeht
Eigene Auffassung
Diese Auffassung sehe ich kritisch und sie wird an anderen OLG auch mitunter anders gesehen. Zwar sieht das OLG „durch die Hintertüre“ die Möglichkeit, dass eben ein Indiz für eine kollusive Absprache zwischen Rechtsanwalt und Kläger spricht, wenn in besonders krassem Ausmaß Abmahntätigkeit und wirtschaftliche Tätigkeit auseinanderklaffen; dies verkennt aber die Wirklichkeit.
Die vom OLG Frankfurt vertretene Auffassung ist – was ein häufiger Fehler bei Landgerichten ist – zu stark eingeengt. Eine Abmahnung ist dann rechtsmissbräuchlich, wenn Sie nicht vor dem Hintergrund des Erhalts des Wettbewerbs, sondern vorwiegend aus sachfremden Gründen ausgesprochen wurde. Wenn ein Rechtsanwalt verspricht, dass er keine Kosten geltend macht, ist dies einer unter einer Vielzahl von Gründen, die als Indiz für eine Sachfremdheit sprechen können. Im Fokus der Argumentation des OLG steht dabei aus meiner Sicht das Bild des „gierigen bösen Anwalts“, der am Wettbewerbsprozess – anders als sein Mandant – selber Geld verdient.
Das OLG verkennt aber zwei harte Fakten: Zum einen haben rechtsmissbräuchliche Abmahnungen nicht selten den einfachen Hintergrund, den Mitbewerber behindern zu wollen, ihm „Ärger zu machen“. Zum anderen werden immer häufiger eigene Abmahnungen ausgesprochen in der Hoffnung, dass Gegner Unterlassungserklärungen abgeben, um hier an späteren Vertragsstrafen zu verdienen. Damit soll häufig eine eigene Kriegskasse gefüllt werden, falls man selber einmal Vertragsstrafen zahlen muss. Dies ist m.E. auch der Hauptgrund, warum immer häufiger belanglose Verstöße abgemahnt werden, die Verbraucher zwar nicht interessieren, die aber auf Grund Ihrer Alltäglichkeit mit einem besonders hohen Vertragsstrafenrisiko einher gehen. Dass dann hin und wieder Gerichte angerufen werden, ist dem Umstand geduldet, dass eine erfolgreiche einstweilige Verfügung sich bei weiteren Abmahnungen immer gut macht.
Das klingt alles nicht nett und an dieser Stelle wird ausdrücklich nicht jedem Abmahner eine solche Motivation unterstellt – aber hier blauäugig diese Entwicklung nicht erkennen zu wollen wäre lebensfremd.
Vor dem Hintergrund ist die Rechtsprechung des OLG wenig bis gar nicht nachvollziehbar. Das kollusive Zusammenwirken mit dem Rechtsanwalt ist ein Grund, von einem rechtsmissbrauch auszugehen. Wenn aber jemand Abmahnungen mit einem Prozesskostenrisiko in einem vielfachen Verhältnis zu seiner gesamten geschäftlichen Tätigkeit ausspricht, wird dies mit gutem Grund von anderen OLG alleine für sich als Indiz für einen Rechtsmissbrauch angenommen. Insoweit sollten „Abmahner“ auch im Hinblick auf das OLG Frankfurt eher vorsichtig sein.
Aus der Entscheidung des OLG Frankfurt
Der von der Antragsgegnerin der Sache nach erhobene Einwand, der Umfang der bisherigen gerichtlichen Verfolgung von Wettbewerbsverstößen durch den Antragsteller stehe in einem Missverhältnis zum Umfang seiner Geschäftstätigkeit, vermag nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. GRUR-RR 2007, 56) den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs nach § 8 IV UWG grundsätzlich nur dann zu rechtfertigen, wenn der Antragsteller mit seinem Prozessbevollmächtigten in der Weise kollusiv zusammenwirkt, dass der Antragstellervertreter den Antragsteller vollständig oder zum größten Teil von den mit der Führung dieser Verfahren verbundenen Kostenrisiken freistellt; in diesem Fall würden die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche nur oder vorwiegend im Gebührenerzielungsinteresse des Antragstellervertreters verfolgt. Fehlt es dagegen an einer solchen Freistellung von Kostenrisiken durch den Anwalt, ist jedenfalls nicht ohne weiteres ersichtlich, welche vom Gesetzgeber missbilligten Zwecke der Antragsteller mit der Führung solcher Prozesse verfolgen sollte. Wenn sich ein Unternehmen entscheidet, unter Ausnutzung der sich aus § 8 III Nr. 1 UWG ergebenden Befugnis Wettbewerbsverstöße in seinem Bereich systematisch und in großem Umfang zu unterbinden, entspricht dies jedenfalls grundsätzlich dem vom Gesetzgeber mit der Verleihung dieser Befugnis verbundenen Anliegen.
Im vorliegenden Fall hat der Antragstellervertreter anwaltlich versichert, den Antragsteller in keiner Weise von Kostenrisiken freigestellt zu haben. Die Antragsgegnerin ist dem nicht hinreichend substantiiert entgegengetreten. Durchgreifende Zweifel an einer solchen Darstellung können sich zwar ergeben, wenn zwischen den mit der Verfolgung der wettbewerbsrechtlichen Ansprüche verbundenen Kostenrisiken einerseits und den Umsätzen und Gewinnen des abmahnenden Unternehmens andererseits ein besonders krasses Missverhältnis besteht und das Unternehmen auch nicht nachvollziehbar erläutern kann, warum es diese Risiken gleichwohl eingeht (vgl. auch hierzu Senat a.a.O.). Ein solcher Fall ist hier jedoch schon deshalb nicht gegeben, weil die Antragsgegnerin bisher keine genügenden Anhaltspunkte dafür liefern konnte, dass ein besonders krasses Missverhältnis im genannten Sinn vorliegt. Die Vorlage einzelner jüngerer Entscheidungen, in denen Landgerichte einen Rechtsmissbrauch des Antragstellers bejaht haben (Urteile des Landgerichts München I vom 22.12.2014 – 4 HKO 8107/14 – und des Landgerichts Dresden vom 5.2.2015 – 44 HKO 1/15), vermag diese Darlegung nicht zu ersetzen.
Empfehlungen für ein Prüfen vermeintlich zweifelhafter Abmahnungen im Wettbewerbsrecht
Weiterhin sehr aktiv werden (vermeintliche) wettbewerbsrechtliche Verstöße im Internet, speziell in Shops und bei eBay, abgemahnt.
Zum einen wird man als erstes prüfen müssen, in welchem Umfang der Auftraggeber des „Abmahners“ sein Geschäft betreibt. Dies vor dem Hintergrund, dass bei einer Abmahntätigkeit, die erheblich außer Verhältnis zum sonstigen Geschäftsbetrieb steht, von einer rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung von Wettbewerbsverstößen ausgegangen werden darf (so u.a. LG Verden, 4 O 479/10; OLG Thüringen, 2 U 386/10; OLG Hamm, 4 U 17/09; LG Hamburg, 327 O 13/09; LG Bückeburg, 2 O 62/08; KG Berlin, 5 U 285/03 – vorsichtiger im Jahr 2000 noch der BGH, I ZR 237/ 98, der ein „starkes Indiz“ darin gesehen hat).
Je nachdem wie schlecht die Webseite des Auftraggebers gestaltet ist, kann das sogar ordentlich nach hinten losgehen. Eine Entscheidung des AG Charlottenburg (238 C 171/09) aus dem Jahr 2009 verdeutlicht das, dort ist zum Shop zu lesen:
Die von ihr eingerichtete Internetseite wies diverse fehlerhafte Artikelbezeichnungen und darüber hinaus etliche deutlich über dem Marktpreis liegende Preise aus. Schließlich wird auf der Internetseite ausdrücklich angegeben, dass die auf der Seite angegebenen Preise nur zur Veranschaulichung der Funktion des ePages Shopsystems dienen. Aus diesen ganzen Umständen ist festzustellen, dass tatsächlich eine Markteilnahme der Limited nicht erfolgt ist und auch nicht beabsichtigt war.
Das Ergebnis dieses extremen Falls war im Ergebnis, dass der abmahnende Rechtsanwalt sämtliche Kosten der Gegenwehr zu tragen hatte. Allerdings wird man einen schlecht geführten Shop wiederum als starkes Indiz heranziehen können, ebenso mit dem KG Berlin:
Der geringe, außer Verhältnis zu seiner Abmahntätigkeit und Rechtsverfolgung stehende Umfang einer eigenen gewerblichen Tätigkeit wird auch daran deutlich, dass der Antragsteller sich nicht mit eigenen Werbeanzeigen und Prospekten um Käufer bemüht.
Darüber hinaus ist festzustellen, dass der Streitwert genau ins Auge gefasst werden muss – in vergleichbaren Fällen wurde dieser in der Vergangenheit bereits mehrmals drastisch reduziert (dazu nur OLG Düsseldorf, I 20 W 15/07; OLG Karlsruhe, 4 W 19/10; KG Berlin, 5 U 285/03 – zur Bemessung auch OLG Hamm, 4 U 43/09, beachten).
Was heißt das im Fazit? Auf gar keinen Fall sind wettbewerbsrechtliche Abmahnungen im Zusammenhang mit eBay als „klar rechtsmissbräuchlich“ einzustufen. Und auch wenn das hier so schön einfach klingt: Es hilft nichts an der Prüfung im Einzelfall durch einen erfahrenen Juristen vorbei. Gerade kleinere Verkäufer stöhnen dabei natürlich auf, weil das ja Geld kostet. Aber: Das ist leider der Preis, den man zahlt, wenn man sich am geschäftlichen Rechtsverkehr beteiligt und vorher die juristische Beratung „spart“. Auf jeden Fall muss an dieser Stelle auf Grund vorliegender Erfahrungen mit Betroffenen eindringlich davor gewarnt werden, „irgendwas selber“ zu machen.
Kein Rechtsmissbrauch bei Filesharing-Abmahnung
Auch im Urheberrecht kann sich aus einem Verstoss gegen Treu und Glauben eine rechtsmissbräuchlichkeit ergeben. Dies ist aber eher selten anzunehmen und insbesondere bei Filesharing-Abmahnungen kein ernsthafter Diskussionspunkt. So hat es sich schon früh ergeben, dass sich das Landgericht Köln (28 O 770/10) mit sehr deutlichen Worten ebenfalls dieser Thematik gewidmet hat, das wenig überraschend genauso sieht und verkünden lässt:
Die Rechtsverfolgung durch die Klägerin ist auch nicht gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich. Die illegale öffentliche Zugänglichmachung urheberrechtlich geschützter Werke hat in den letzten Jahren ein enormes Ausmaß angenommen. Das Unrechtsbewusstsein der Mehrzahl der Rechtsverletzer ist dabei erschreckend wenig ausgebildet. Durch das öffentliche Zugänglichmachen von Musiktiteln und/oder Filmen im Internet über Filesharing-Systeme werden die betroffenen Industriezweige jedes Jahr in einem ganz erheblichen Umfang geschädigt, was durch verstärkte Berichterstattung in den Medien auch seit einigen Jahren eindringlich in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht wird. Vor diesem Hintergrund sind die verstärkten Bemühungen der jeweils betroffenen Unternehmen, gegen Urheberrechtsverletzungen vorzugehen und diese zu unterbinden, zu sehen, die sich in der erhöhten Anzahl an Abmahnungen niederschlägt. Ein Rechtsmissbrauch kann darin nicht erblickt werden. Eine Abmahnung der Rechtsverletzer und deren Inanspruchnahme auf Unterlassung stellen sich vielmehr als legitime Wahrnehmung von berechtigten Rechten und Ansprüchen von Unternehmen wie des Klägerin dar und darüber hinaus als einziges Mittel, um den Rechtsverletzungen wirksam und effektiv entgegen zu wirken (vgl. OLG Köln GRUR-RR 2010, 173, 175).
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