Wettbewerbsrecht: Abgrenzung von Schneeballsystem zu zulässigem Strukturvertrieb

Ich habe beim OLG Frankfurt (6 W 7/16) nochmal einige Zeilen zur Abgrenzung eines Schneeballsystems zum zulässigem Strukturvertrieb gefunden. Dabei kommt das OLG zu der inzwischen etablierten Abgrenzungsformel, dass sich die Frage eines Schneeballsystems danach richtet, „ob das Vertriebssystem bei einer Gesamtbetrachtung in erster Linie dem Warenabsatz dient oder ob es durch das Versprechen besonderer Vorteile typischerweise darauf zielt, neue Teilnehmer in die Absatzstruktur einzubinden“.

Ausgangspunkt ist der Anhang (zu § 3 Absatz 3) im UWG, auch „Schwarze Liste“ unerlaubter Handlungen genannt, wo man zur Nr.14 liest:

Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Absatz 3 sind (…) die Einführung, der Betrieb oder die Förderung eines Systems zur Verkaufsförderung, bei dem vom Verbraucher ein finanzieller Beitrag für die Möglichkeit verlangt wird, allein oder hauptsächlich durch die Einführung weiterer Teilnehmer in das System eine Vergütung zu erlangen (Schneeball- oder Pyramidensystem);

Hierzu führt das OLG aus:

Nach Ziff. Ziffer 14 der „Black List“ ist der Betrieb eines Systems zur Verkaufsförderung, bei dem vom Verbraucher ein finanzieller Beitrag für die Möglichkeit verlangt wird, allein oder hauptsächlich durch die Einführung weiterer Teilnehmer in das System eine Vergütung zu erlangen (Schneeball- oder Pyramidensystem) unzulässig. Der Anwendungsbereiche der Bestimmung deckt sich mit der Strafvorschrift des § 16 Abs. 2 UWG (Senat, GRUR-RR 2012, 77 m.w.N.). Danach ist eine Abgrenzung zwischen zulässigen Strukturvertrieben und unzulässiger progressiver Kundenwerbung notwendig. Dies ist nur durch eine Gesamtbetrachtung des Vergütungssystems möglich. Es kommt darauf an, ob dessen Ausgestaltung in erster Linie dem Waren(ab)verkauf dient oder ob es typischerweise („nach Art dieser Werbung“) darauf zielt, neue Teilnehmer in die Absatzstruktur einzubinden. Letzteres ist dann der Fall, wenn dem Teilnehmer durch das Vergütungssystem besondere Vorteile versprochen werden, die nach ihrer Beeinflussungswirkung geeignet sind, die typische Dynamik eines Systems der sog. progressiven Kundenwerbung in Gang zu setzen (Senat, a.a.O.).

Die Sache selber scheiterte, denn es muss die Gegenseite das Vorhandensein eines solchen Schneeballsystems vortragen und beweisen. Dazu stützt man sich üblicherweise auf Werbeaussagen, was eben schon zwingend bedingt relativ lückenhaft und mit Rückschlüssen abläuft. Im vorliegenden Fall genügten die Ausführungen dem Gericht jedenfalls nicht. Wichtig ist, dass bestimmte Kernkriterien nachgewiesen werden können, allem voran ein eigener Einkauf in das System der dann durch das Anwerben neuer Mitglieder re-finanziert werden soll.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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