Urheberrecht von Ghostwriter-Werken

Das Landgericht Köln hat in einem richtungsweisenden Urteil (Az. 14 O 237/22 vom 13. Juli 2023) zur urheberrechtlichen Schutzfähigkeit von Ghostwriter-Leistungen entschieden. Im Fokus stand dabei die Miturheberschaft einer Ghostwriterin an einem autobiographischen Sachbuch und die daraus resultierenden Schadensersatzforderungen bei unterlassener Urheberbenennung.

1. Miturheberschaft einer Ghostwriterin

Das Gericht erkannte die professionelle Ghostwriterin als Miturheberin des Buches an, welches auf den Erzählungen des beklagten Psychotherapeuten basiert. Trotz des Einflusses des Beklagten auf den Inhalt wurde festgestellt, dass die Ghostwriterin durch die Erstellung des Konzepts und die redaktionelle Arbeit maßgeblich zur Gestaltung des Buches beigetragen hat. Die Entscheidung unterstreicht, dass die kreative Leistung der Ghostwriterin eine eigene Urheberschaft begründet, auch wenn das Buch unter dem Namen des Auftraggebers veröffentlicht wird.

2. Schadensersatz bei fehlender Urheberbenennung

Das LG Köln setzte einen Schadensersatz wegen Nichtnennung der Urheberin in Höhe von 100% des bereits gezahlten Honorars fest. Dieser Betrag wurde als angemessene Lizenzgebühr für die Nutzung des urheberrechtlich geschützten Werkes ohne Nennung der Urheberin angesehen. Die Entscheidung zeigt, dass die Nichtanerkennung der Miturheberschaft in einem Urheberrechtsverstoß resultiert, der für den Urheber erhebliche finanzielle Konsequenzen haben kann.

3. Lizenzgebühr und Werklohn bei Auftragsarbeiten

Das Gericht stellte klar, dass bei Auftragsarbeiten nicht zwischen Lizenzkosten und Werklohn unterschieden werden muss. Das gesamte Honorar ist als Lizenzgebühr für die urheberrechtliche Nutzung des Werks anzusehen. Diese Feststellung ist von großer Bedeutung für das Verständnis der rechtlichen Beziehung zwischen Auftraggebern und kreativen Dienstleistern wie Ghostwritern:

An dieser Stelle bestehen gegen den vollen Ansatz des bereits gezahlten klägerischen Honorars keine Bedenken. Bei Auftragsarbeiten ist nicht zwischen Lizenzkosten und Werklohn zu unterscheiden ist, sondern es kommt das gesamte Honorar als Lizenzgebühr in Betracht (vgl. auch BGH GRUR 2012, 496, 503 – Das Boot zu § 32a UrhG). Dies ist bei Auftragsarbeiten wie dem hiesigen Buch umso naheliegender, weil das Werk neben dem Beklagten als Auftraggeber keinen anderen potentiellen Abnehmer hat. Der Lizenzwert des Schriftwerks bemisst sich aber zugleich an dem Wert der Werkleistung, weil es gerade dieser Werkleistung bedurft hat, um das konkret lizensierte Werk zu erschaffen. Dass der Beklagte als Werkbesteller mit diesem Werk zum Abschluss der Arbeiten zufrieden war, zeigt im Übrigen, dass er das Werk abgenommen und sodann den Druck in Auftrag gegeben hat.

Folglich ist Ausgangspunkt der des lizenzanalogen Schadensersatzes einer Verletzung der Rechte aus § 13 UrhG der Betrag der Honorarzahlung des Beklagten an die Klägerin in Höhe von 11.984,00 €.

Die Höhe der fiktiven Lizenzgebühr, die zum Ausgleich eines für die fehlende Urhebernennung verursachten Vermögensschadens geschuldet ist, kann in Form eines Zuschlags auf die (fiktive) Lizenzgebühr bemessen werden, die für die jeweilige Nutzung zu zahlen ist (vgl. BGH, GRUR 2015, 780 Rn. 36–40 – Motorradteile; GRUR 2019, 292, Rn. 28 – eines Sportwagens). Wegen der fehlenden Urheberbenennung ist regelmäßig ein Zuschlag von 100% auf die Lizenzgebühr anzusetzen. Es ist jedenfalls ständige Rechtsprechung der hiesigen Kammer in Urheberrechtsstreitsachen beim bloßen Weglassen der Urheberbenennung schon regelmäßig einen Zuschlag von 100% anzunehmen. Dies gilt auch für den Fall, dass die Lizenzgebühr bereits bezahlt ist und die Rechtsverletzung sich in der fehlenden oder falschen Urheberbenennung erschöpft. In solchen Fällen kommt eine Berechnungsmethode nach dem Motto „2 x 0 ist immer 0!“ nicht in Betracht (so auch zutreffend LG Hamburg, Urteil vom 17.06.2022 – 310 O 174/21, GRUR-RS 2022, 32939, Rn. 52; anders bei kostenfreien Lizenzen, wenn man rechnen müsse „0 x 0 ist 0“, vgl. OLG Köln, GRUR 2015, 167, ähnlich auch im Bereich des Markenrechts BGH GRUR 2022, 229, Rn. 85 – Ökotest III).

Es besteht auch kein Grund, von der grundsätzlichen Rechtsprechung eines 100%igen Zuschlags auf die Lizenzgebühr bei fehlender Urheberbenennung abzuweichen. Insoweit ist zunächst der Verweis des Beklagten auf das Urteil des OLG Hamburg vom 04.03.2021 – 5 U 81/15 nicht überzeugend. Zunächst stellt die dortige Entscheidung ersichtlich eine vereinzelt gebliebene Sonderentscheidung im Bereich der Höhe des Zuschlags für unterbliebene Urheberbenennungen dar, die keine Entsprechung der Rechtsprechung der hiesigen Kammer oder des zuständigen Berufungssenats hat. Hinzu kommt, dass dort ein auch der hiesigen Kammer aus eigenen Verfahren bekannter „Spezialfall“ betreffend Kartenausschnitten vorlag, der insoweit Besonderheiten aufweist, die das dortige Gericht für bedeutsam erachtete. Die hiesige Kammer hat allenfalls einmal einen 50%igen Zuschlag für ausreichend gehalten, wenn bei einer Fotonutzung bei Facebook der Name des Fotografen nur an einem Posting mit mehreren Fotos und nicht an jeder Fotodatei selbst erfolgt ist (vgl. Urteil der Kammer vom 31.03.2023, Az. 14 O 27/22 – unveröffentlicht). Die Kammer hat hingegen bei einer Angabe eines falschen Urhebers an universitären Unterrichtsmaterialien auch bereits einen höheren Zuschlag als 100% und zwar 120% für angemessen erachtet (vgl. Urteil der Kammer vom 17.11.2022, Az. 14 O 402/21 – unveröffentlicht). In Anbetracht dieser Extremfälle erscheint die hiesige unterbliebene Namensnennung der Klägerin im üblichen Rahmen, sodass weder Ausschläge nach oben, noch nach unten gerechtfertigt sind.


Fazit

Das Urteil des Landgerichts Köln ist ein wichtiger Beitrag zum Schutz der Urheberrechte von Ghostwritern und hebt die Bedeutung der Anerkennung ihrer kreativen Leistungen hervor. Es zeigt, dass die urheberrechtlichen Ansprüche auch bei Auftragsarbeiten gewahrt bleiben müssen, und setzt damit einen Präzedenzfall für ähnliche Fälle in der Zukunft.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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