Strafrecht: Zu den Voraussetzungen der Geiselnahme

Es zeigt sich wieder einmal in einer Entscheidung des BGH (BGH, 1 StR 444/14) wie differenziert Sachverhalt aufgearbeitet und subsumiert werden müssen in Strafverfahren. Diesmal an Hand der Geiselnahme:

Eine Geiselnahme begeht, wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um ihn oder einen Dritten durch die Drohung mit dem Tod oder einer schweren (§ 226 StGB) des Opfers oder mit dessen Freiheitsentziehung von über einer Woche Dauer zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu nötigen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen aus- nutzt. (…)

Es ist jedoch nicht festgestellt, dass die Angeklagten den Geschädigten entführt haben, um ihn zu einer Handlung zu nötigen, die er während der Entführung vornehmen sollte. Zwischen der Entführung und der beabsichtigten Nötigung muss aber ein funktionaler und zeitlicher Zusammenhang derart bestehen, dass der Täter das Opfer während der Dauer der Entführung nötigen will und die abgenötigte Handlung während der Dauer der Zwangslage vorgenommen werden soll (BGH, Beschluss vom 22. November 1994 – GSSt 1/94, BGHSt 40, 350, 355; BGH, Urteil vom 20. September 2005 – 1 StR 86/05, NStZ 2006, 36 f.; BGH, Beschluss vom 12. September 2013 – 2 StR 236/13, StV 2014, 218). Hier verfolgten die Angeklagten aber die Absicht, den Geschädigten durch Entführung und qualifizierte Drohung dazu zu bestimmen, erst nach Beendigung der Zwangslage den Angeklagten R. bei der Polizei zu entlasten. Damit ist der Tatbestand nicht erfüllt. (…)

Soweit der Geschädigte noch während der Bemächtigungslage seine Bereitschaft erklärt hat, künftig vor der Polizei wie gewünscht auszusagen, reicht diese Absichtserklärung für den tatbestandsmäßigen Erfolg nicht aus. Allerdings kann auch das Erreichen eines Teilerfolges des Täters, der ein weitergehendes Ziel vorbereitet, eine Nötigung darstellen (BGH, Urteile vom 14. Januar 1997 – 1 StR 507/96, NJW 1997, 1082 f.; und vom 20. September 2005 – 1 StR 86/05, NStZ 2006, 36 f.), wenn die Handlung des Opfers eine nach der Vorstellung des Täters eigenständig bedeutsame Vorstufe des gewoll- ten Enderfolgs ist (BGH, Urteile vom 14. Januar 1997 – 1 StR 507/96, NJW 1997, 1082 f.; und vom 20. September 2005 – 1 StR 86/05, NStZ 2006, 36 f.).

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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