Scheitert die Gründung einer GmbH, die im Einverständnis ihrer Gesellschafter schon vor der Eintragung in das Handelsregister die Geschäfte aufgenommen hat, so haften die Gründer für sämtliche Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft, wenn sie die Geschäfte trotz des Scheiterns der Gründung fortführen.
Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Obwohl die beabsichtigte Gründung und Eintragung einer Baugesellschaft im Handelsregister noch nicht erfolgt war, nahmen die Gründungsgesellschafter bereits Aufträge an und ließen sie durch einen Subunternehmer bearbeiten. Die Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister unterblieb, da sich die Gesellschafter über wesentliche Punkte nicht einigen konnten. Sie beschlossen daraufhin, die Vorgründungsgesellschaft zu liquidieren. Gleichwohl ließen sie den Subunternehmer weiter arbeiten. Eine Bezahlung erfolgte mangels finanzieller Mittel jedoch nicht. Der Subunternehmer nahm daraufhin die Gründungsgesellschafter persönlich auf Zahlung des offenen Rechnungsbetrags in Anspruch.
Der Bundesgerichtshof (BGH) sprach den Klageanspruch zu: Der Fall der Gesellschaftsgründer, die vor der Eintragung ihre Geschäfte bereits aufgenommen haben und die Geschäftstätigkeit auch nach aufgegebener Eintragungsabsicht fortsetzen, ähnelt dem Fall, in dem die handelnden Personen von Anfang an nicht die Absicht hatten, die Gesellschaft eintragen zu lassen. Für Letzteren ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt, dass sich die Betroffenen so behandeln lassen müssen, als wären sie in einer Gesellschaft miteinander verbunden. Geben die Gründungsgesellschafter die Eintragungs-Absicht auf, entfällt der einzige Grund dafür, den Gläubigern der Vorgesellschaft die persönliche Inanspruchnahme der Gründer zu versagen. Dieser Grund liegt darin, dass die Gläubiger im Vorstadium der Gesellschaft erwarten dürfen, sich wegen ihrer Ansprüche an die sodann entstehende GmbH mit einem gesetzlich kontrollierten und garantierten Haftungsfonds halten zu können. Entfällt diese Voraussetzung, müssen die Gründer die Geschäftstätigkeit sofort einstellen und die Vorgesellschaft abwickeln. Unterlassen sie dies, können sie nicht nur wegen der neuen, sondern auch wegen der bis dahin begründeten Verbindlichkeiten der Vor-GmbH persönlich und gesamtschuldnerisch von den Gläubigern in Anspruch genommen werden (BGH, II ZR 204/00).
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