Man darf zu schnell fahren, wenn ein Notfall vorliegt – der Notfall darf aber weder konstruiert sein noch darf er als Ausrede dienen. Die Verletzung von Verkehrsvorschriften, speziell durch Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit, kann zwar grundsätzlich durch Notstand gerechtfertigt sein, wenn nur so die erforderliche schnelle Hilfe für eine schwer erkrankte oder verletzte Person geleistet werden kann.
Aber: Eine Rechtfertigung durch Notstand setzt voraus, dass die Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit überhaupt ein geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr ist, wie nun auch das Oberlandesgericht Düsseldorf, 2 RBs 13/21, nochmals betont hat.
So führt das OLG aus:
Die Rechtfertigung einer Geschwindigkeitsüberschreitung durch Notstand kommt insbesondere dann nicht in Betracht, wenn der Betroffene nicht zuvor vergeblich einen anderen Ausweg aus der Notsituation, etwa die Anforderung von Notarzt und Rettungswagen, gesucht hat (… KG, Beschluss vom 2. April 1997, 2 Ss 78/97 – 3 Ws (B) 169/97; OLG Frankfurt, Beschluss vom 14. März 2001, 2 Ws (B) 94/01 OWiG …). Erst wenn besondere Umstände vorliegen, beispielsweise weil eine solche Rettung – etwa in besonders abgelegenen Gegenden – nicht zeitnah möglich ist, und die Geschwindigkeitsüberschreitung einen wesentlichen Vorteil im Interesse des Patienten bringt, der nicht außer Verhältnis zu der Gefährdung anderer Straßenverkehrsteilnehmer steht, kann eine solche durch Notstand gerechtfertigt sein
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