Im „Piraten-Radio“ gab es eine Diskussionsrunde (hier als mp3) zum Thema „Abmahnung der Piratenpartei“ (ich hatte hier über die Abmahnung berichtet) und – mit Verlaub – mir sträuben sich die Nackenhaare.
Ich denke, ich muss meine ursprüngliche Berichterstattung korrigieren: Nach dem Anhören der Diskussionsrunde glaube ich nicht, dass die Piratenpartei überhaupt abgemahnt wurde. Die Abmahnung war laut Mitteilung dort gerichtet an
Frau
Nicole Hornung,
Piratenpartei
In der Diskussionsrunde meine ich es so wahrgenommen zu haben, dass man sich nun darüber echauffierte, wie die „Abmahner“ überhaupt an diese falsche Ansprache gekommen sind. Erschreckend dabei für mich, dass die Piratenpartei (bzw. der Bundesvorstand) nicht als erstes einmal geprüft hat, auf wen genau der Anschluss des Büros „eingetragen“ ist, wer also der Vertragspartner der Telekom ist. Da der abmahnende Rechtsanwalt schlicht die Anschrift des Anschlussinhabers ermittelt, dessen IP erfasst wurde, ist erst einmal davon auszugehen, dass auf genau diese Nennung auch der Anschluss eingetragen wurde. Abgemahnt wurde insofern Nicole Hornung, die ihrerseits als Vertragspartner das „Piratenpartei“ zugefügt hat. Das kann man (böswillig, als worst case Szenario!) durchaus so lesen, dass alleine Fr. Hornung Vertragspartner (somit Anschlussinhaber) ist, und alles andere nur deklaratorische Angaben sind, damit die Rechnung sie auch wirklich erreicht.
Übrigens: Gerade von kleinen (nicht eingetragenen) „Vereinen“, die nicht einmal ein Konto haben, ist mir die Praxis, dass jemand als Privatperson als Vertragspartner für „seinen Verein“ Verträge abschließt, auch durchaus geläufig und nichts abwegiges. Die Tatsache, dass letztlich der Vertragspartner im so genannten Innenverhältnis ggfs. Ansprüche auf Freistellung gegenüber dem „Verein“ hat, hat damit nichts mit dem Außenverhältnis zu tun.
Wer das so sehen möchte, der wird als Abmahner mit der „netten Antwort“ mit Hinweis auf diese Probleme (die man laut Runde schon verschickt haben möchte) der Piratenpartei nun etwas bekommen: Nämlich neben Fr. Hornung als vorhandenem (und bereits abgemahnten) Zustandsstörer noch einen potentiellen weiteren Störer, der sich bereitwillig gemeldet hat. Ich wäre keinesfalls überrascht, wenn nach der „netten Antwort“ der Piratenpartei die Kanzlei der Gegenseite als nächstes eine einstweilige Verfügung gegen Fr. Hornung erwirkt und eine weitere Abmahnung, diesmal an die Piratenpartei, verschickt.
Auf die weiteren „Argumente“ in der Runde (sinngemäß): „IP-Adresse kann doch falsch erfasst sein“, „Aber Vollmacht war ja dabei“ – gehe ich nicht ein. Zum wiederholten Male verweise ich stattdessen auf unsere Webseite rund um „Filesharing-Abmahnungs-Mythen„. Auch höre ich bei den Vertretern des Bundesvorstands eine gewisse „Anspruchshaltung“ heraus, ein „die sollen erst mal erklären wo die die Adresse her haben“. Das ist eine Einstellung, die in der Situation als potentieller und abgemahnter Rechtsverletzer nicht angemessen ist: Die Piratenpartei (bzw. der Bundesvorstand) ist nun in der Bringschuld.
Nachdem angeblich das Schreiben an die Gegenseite schon raus ist, bleibt letztlich nun nur noch abwarten. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass es auch für die Gegenseite um ein gewisses Prestige geht. Und da die Anwälte von Rechteinhabern (zu Recht übrigens) auf den generalpräventiven Aspekt von Abmahnungen verweisen, ist die Möglichkeit, dass man hier mit Kanonen auf Spatzen schießt und mein obiges Worst-Case-Szenario avisiert, so unwahrscheinlich nicht. Zumal zu bedenken ist, dass die Briefe wahrscheinlich vollautomatisch abgearbeitet werden, der Rechtsvertreter des Rechteinhabers also noch gar keine Kenntnis hatte, wen er da abgemahnt hat. Dank dem Schreiben der Piratenpartei dürfte sich auch das nun geändert haben. Wo das Interesse des Rechteinhabers liegen soll, ausgerechnet die Piratenpartei „schnell und günstig“ aus der Sache raus kommen zu lassen, ist mir dabei ein Rätsel.
Am Rande der Hinweis, dass das wahrscheinlich nur der Startschuss war: Das hier betroffene Lied („Alles wird gut“) wird im Regelfall im Rahmen zweier Sampler abgemahnt (Bravo Hits 68 und German Top 100 Single Charts). Bisher wurde sich ja lustig gemacht, dass man auch noch ein Lied von „Bushido“ kopiert hätte. Ich gehe davon aus, dass man nicht gezielt dieses eine Lied gezogen hat, sondern den ganzen Sampler. Insofern sollte man sich vorsichtshalber auf weitere Abmahnungen einstellen und eine generelle Linie planen, gerade die Bravo Hits sind bei mehreren Vertretern von Rechteinhabern „hoch im Kurs“.
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