In einem aktuellen Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 16. Mai 2024 (2 StR 528/23) wurde ein Urteil des Landgerichts Hanau wegen eines fehlenden wirksamen Eröffnungsbeschlusses aufgehoben. Dieser Fall wirft wichtige Fragen zur rechtlichen Bedeutung des Eröffnungsbeschlusses und den Anforderungen an dessen Wirksamkeit auf.
Sachverhalt
Der Angeklagte I. war vom Landgericht Hanau wegen mehrfacher besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Der Mitangeklagte S. wurde ebenfalls wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Gegen beide Angeklagte wurde zudem die Einziehung von Wertersatz angeordnet. Die Revision des Angeklagten I. führte zur Aufhebung des Urteils und zur Einstellung des Verfahrens aufgrund eines fehlenden wirksamen Eröffnungsbeschlusses .
Rechtliche Analyse
Der Eröffnungsbeschluss vom 10. Mai 2023 war lediglich von zwei anstelle der erforderlichen drei Berufsrichter unterschrieben worden. Nach § 199 Abs. 1 StPO, § 76 Abs. 1 Satz 2 GVG, § 33b Abs. 1 und 7, § 33a Abs. 2, § 107 JGG müssen drei zur Mitwirkung berufene Berufsrichter den Eröffnungsbeschluss unterzeichnen. In diesem Fall war eine der zugewiesenen Richterinnen nicht an der Beschlussfassung beteiligt und hatte den Eröffnungsbeschluss weder vorbereitet noch gesehen.
Die Unterschrift der erlassenden Richter ist zwar keine Wirksamkeitsvoraussetzung, jedoch muss nachgewiesen werden, dass der Beschluss tatsächlich von allen hierzu berufenen Richtern gefasst wurde. Dies setzt eine mündliche Beschlussfassung oder eine gemeinsame Besprechung voraus, was hier nicht feststellbar war.
Das Fehlen eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses stellt ein Verfahrenshindernis dar, das in der Revisionsinstanz nicht mehr behoben werden kann. Dies führt zur Einstellung des gerichtlichen Verfahrens gemäß § 206a Abs. 1 StPO.
Fazit
Die Entscheidung des BGH betont die Wichtigkeit der formalen Anforderungen an Eröffnungsbeschlüsse in Strafverfahren. Ein formell fehlerhafter Eröffnungsbeschluss kann erhebliche Auswirkungen auf den gesamten Verfahrensverlauf haben, einschließlich der Einstellung des Verfahrens in der Revisionsinstanz.
Für die Praxis bedeutet dies, dass Gerichte strikt auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften achten müssen, um solche Verfahrenshindernisse zu vermeiden. Diese Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung der rechtsstaatlichen Prinzipien und der Gewährleistung eines fairen Verfahrens für die Angeklagten.
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