Entscheidung des BGH zur D&O-Versicherung im Fall der Untreue

Der (BGH) hat am 12. März 2024 im Beschluss 4 StR 173/23 ein Urteil des Landgerichts Münster aufgehoben, das sich mit der eines ehemaligen Vorstandsvorsitzenden und den damit verbundenen Fragen zur beschäftigte. Diese Entscheidung bietet tiefgehende Einblicke in die rechtlichen Folgewirkungen des Einstands der D&O Versicherung – hier speziell bei der und beleuchtet die Komplexität solcher Versicherungsverträge.

Sachverhalt

Der Angeklagte war von 1997 bis 2015 Vorstandsvorsitzender der Sparda-Bank. Zwischen 2011 und seinem Ausscheiden aus dem Vorstand beglich er privat veranlasste Rechnungen aus dem Vermögen der Bank und ließ sich Kosten für private Aufwendungen erstatten. Dies führte zu einem Vermögensschaden bei der Bank.

Im Jahr 2018 schloss die geschädigte Bank Vergleichsvereinbarungen mit ihren D&O Versicherern sowie dem Vertrauensschadenversicherer, die zur Zahlung von insgesamt ca. 1,8 Millionen Euro führten. Es war dann im Streit, ob durch diesen Vergleich sämtliche Forderungen erloschen sind – so dass eine Einziehung des erlangten Betrages bei dem Angeklagten nicht mehr möglich wäre. Die erste Instanz hatte das noch verneint.

Rechtliche Analyse

Die Entscheidung des BGH wirft mehrere zentrale rechtliche Fragen auf, die für die Praxis der D&O Versicherung von großer Bedeutung sind.

  1. Deckungsumfang und Haftungsausschlüsse:
    Die D&O Versicherung dient dem Schutz von Vorständen und Aufsichtsräten gegen Haftungsansprüche, die aus ihrer beruflichen Tätigkeit resultieren. In der besprochenen Entscheidung war strittig, ob die Versicherung auch für vorsätzliche Pflichtverletzungen des Angeklagten einstandspflichtig war.
    Die Versicherungsbedingungen („HPDO 2016“) schlossen Ansprüche, die auf vorsätzlicher Organpflichtverletzung und/oder vorsätzlicher unerlaubter Handlung beruhen, aus. Der BGH kritisierte jedoch, dass das Landgericht Münster diese Ausschlüsse nicht hinreichend untersucht und begründet hatte, ob der Ausschluss der Versicherung für den konkreten Fall tatsächlich zutraf.
  2. Regressverzicht und Tilgung:
    Die Frage, ob die Zahlungen der D&O Versicherer die Schadensersatzansprüche der Bank gegen den Angeklagten tilgten, stand im Mittelpunkt der Entscheidung. Die Vergleichsvereinbarungen enthielten Abgeltungs- und Erledigungsklauseln sowie Regressverzichte.
    Das Landgericht ging davon aus, dass die Ansprüche gegen den Angeklagten nicht getilgt seien, da die Zahlungen der Versicherer diese nicht abdeckten. Der BGH bemängelte jedoch, dass das Landgericht nicht ausreichend geprüft hatte, ob die Versicherer tatsächlich einen Fremdtilgungswillen hatten und ob die Vergleichszahlungen zur Tilgung der Haftpflichtschuld des Angeklagten geführt hätten.
  3. Gesamtschuld und Erfüllungswirkung:
    Der BGH betonte die Möglichkeit einer Gesamtschuldnerschaft zwischen dem Angeklagten und anderen Organmitgliedern. Die Zahlungen der Versicherer könnten auch Ansprüche gegen den Angeklagten berührt haben, insbesondere wenn die Aufsichtsratsmitglieder wegen unzureichender Überwachung des Angeklagten haftbar gemacht wurden. Das Landgericht hatte versäumt zu prüfen, ob die Versicherungszahlungen zur Freistellung der Aufsichtsratsmitglieder auch die Ansprüche gegen den Angeklagten erloschen lassen könnten.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung des BGH verdeutlicht mehrere wichtige Punkte für die Praxis der D&O Versicherung:

  • Klarheit der Versicherungsbedingungen: Unternehmen sollten sicherstellen, dass die Bedingungen ihrer D&O Versicherungsverträge klar und eindeutig formuliert sind, insbesondere in Bezug auf Haftungsausschlüsse bei vorsätzlichen Pflichtverletzungen.
  • Sorgfältige Prüfung von Vergleichsvereinbarungen: Bei der Ausarbeitung von Vergleichsvereinbarungen ist eine sorgfältige rechtliche Prüfung erforderlich, um sicherzustellen, dass alle potenziellen Ansprüche und Tilgungswirkungen umfassend berücksichtigt werden.
  • Bedeutung der Gesamtschuldnerschaft: Die Möglichkeit einer Gesamtschuldnerschaft zwischen verschiedenen Organmitgliedern muss in Betracht gezogen werden, um sicherzustellen, dass Versicherungszahlungen alle relevanten Haftungsansprüche abdecken.

Fazit

Die Entscheidung des BGH im Fall 4 StR 173/23 hebt die Komplexität und die rechtlichen Herausforderungen hervor, die bei Vergleichsvereinbarungen nach Untreue mit D&O Versicherungen zu erwarten sind. Für Unternehmen und ihre Führungskräfte ist es essenziell, die genauen Bedingungen ihrer Versicherungsverträge zu kennen und sicherzustellen, dass diese im Einklang mit den rechtlichen Anforderungen stehen. Diese Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen rechtlichen Prüfung und klaren vertraglichen Regelungen, um die Risiken und Haftungsfragen effektiv zu managen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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